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Avatar von Aletheius la Dyaus Pitar
  • Aletheius la Dyaus Pitar

mehr als 1000 Beiträge seit 28.10.2011

Das wäre doch mal eine indirekte Beweisführung.

Prendi schrieb am 24.04.2016 00:44:

Wenn ich bisher ein kapitalintensives Unternehmen gründen will, kann ich mit meiner Idee zu Investoren gehen. Die sind motiviert, mir Geld zu geben, wenn sie dadurch Anteile an der (zu gründenden) Firma erwerben, durch die sie ihr Geld potentiell vermehren können. Gleichzeitig tragen sie auch das Risiko, beim Scheitern der Unternehmens Teile oder auch ihren gesamten Einsatz zu verlieren.

Durch diesen Mechanismus kann heute potentiell jeder mit einer guten Geschäftsidee ein großes Unternehmen gründen, ohne dazu selber vermögend sein zu müssen.

Aber wie soll das ganze Funktionieren, wenn es keine Anlagegewinne mehr geben soll? Wer hätte dann noch die finanziellen Möglichkeiten, neue größere Unternehmen zu gründen?

Ist das nicht ein indirekter Nachweis für den blinden Fleck bei der Geldwährung und dem daraus resultierenden Systemlogiken, wie von Karl Homann im Post vor [1] beschrieben?

Abbreviatus hat auf diesen Text von Karl Homann hin die Frage aufgeworfen: " Wer würde denn freiwillig, wenn er gar nicht müsste, sich einem derart brutalen Wettbewerb stellen, wie er im Kapitalismus herrscht?"

Und da schauen wir doch mal auf die gegenwärtig erfolgte Entwicklung. Es heißt im Magazin "Wirtschaft und Statistik" wortwörtlich

Private Haushalte wendeten im Jahr 2013 für die unbezahlte Arbeit 35% mehr an Zeit auf als für die bezahlte Erwerbsarbeit. Anfang der 1990er-Jahre waren es sogar fast 50 % mehr.

In der regelmäßigen Wirtschaftsberichterstattung ist die unbezahlte Arbeit jedoch nicht enthalten. Um die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen umfassend abzubilden, darf die unbezahlte Arbeit aber nicht ausgeblendet werden.

Selbst bei einer vergleichsweise vorsichtigen Bewertung beträgt der Wert der unbezahlten Arbeit etwa ein Drittel der im Bruttoinlandsprodukt ausgewiesenen Bruttowertschöpfung.

Norbert Schwarz und Florian Schwahn: Entwicklung der unbezahlten Arbeit privater Haushalte. In: Wirtschaft und Statistik, Heft 2/2016
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/2016/02/UnbezahlteArbeit_022016.pdf?__blob=publicationFile

Diese Entwicklung weist die Veränderung zu Lasten einer Gruppierung nach und die Folgen der inzwischen stattfindenden Veränderungen auf sozialer Ebene belegen die Wichtigkeit der bisherigen unbezahlten Tätigkeiten.

Statt weiter Systemkritik betreiben zu wollen, geht es nun darum, den Spin zu finden, der die Krisen auf persönlicher Ebene und auf internationaler Ebene beilegt.

Natürlich sollten - wie bei dem Klimawandel - auch die direkten Kausalketten nachgewiesen werden. Doch hierzu bräuchte man alle wahren, also nicht geschönten Zahlen wie Krankheitsstand - sowohl durchschnittlich als auch die Bandbreite - usw. und gute Sozial- und Politikwissenschaftler, die die Zusammenhänge zwischen den Zahlen herstellen. Die unterschiedliche Datenqualität wird jedoch den Arbeitsaufwand extrem erhöhen und mit viel Pech sind am Ende doch keine eindeutigen Schlüsse möglich.

Das ist der Grund nach vorne zu schauen und ein bisschen mit den Gedanken zu spielen. Das taten auch andere ... [i]wie zum Beispiel die Gruppe, die den Automrüstvertrag mit Russland 2002 einseitig aufkündigte, in der Hoffnung, über die eigenen besseren Fähigkeiten im Wettbewerb die Situation zu den eigenen Gunsten zu verschieben.(Ende von [2])[/i]

Und um zu verstehen, mit was man es zu tun hat, sollte man sich mit den so leichthin verwendeten Worten eingehender beschäftigen. Hier ein Auszug aus einem recht interessanten Thread hier auf TP.

> "Kapital" als Sache aufgefaßt ist bereits Kategorienfehler,
> Kapital ist der Prozeß Geld -> mehr Geld.

Ich fasse das etwas umgangssprachlicher (gemäß "das ist mein
Kapital") auf, mehr als ein Potential zum Gelderhalt. So kann sich
etwas Nutzloses in Kapital verwandeln, wenn jemand auftaucht, der es
benötigt, dem man aber die Nutzung der Sache vorenthalten kann.
Dann wäre Kapital schlicht die Möglichkeit, jemanden von etwas
auszuschließen, dass dieser nicht substituieren kann. Damit kann man
ihm für das Nicht.Ausnutzen der Möglichkeit einen Obolus abpressen,
der eben, je nachdem, Zins, Mehrwert oder Miete heißt.

> Der Zins erscheint als irrationalste Form, weil die komplette
> Vermittlungsgeschichte nicht mehr erscheint und der Zins das
> Verhältnis von Geld zu sich selbst annimmt.

Wenn man Geld als Produktionsmittel auffasst ist er nichts Anderes
als das Schutzgeld dafür, das PM nicht wieder entzogen zu bekommen,
also das Äquivalent zum Profit des Fabrikbesitzers, der seine Firma
im Rahmen eines Arbeitsplatzes verleiht.

http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Der-Kapitalismus-auf-dem-Rueckzug/Re-Zinsforderungsbloedsinn/posting-24967897/show/
Eine andere zeitgleich erschienene Meditation hat inhaltlich den gleichen Bezug:

> Es wurden "innovative Finanzprodukte" erfunden,
> gesetzlich installiert und durch die Systemmedien gepriesen, die
> durch ein zum Scheitern verurteiltes Casinospiel mit Jetons
> systemische Banken und ganze Staaten in den Ruin und Zusammenbruch
> führen *sollen*, so dass die scheiternden Banken und Staaten durch
> das noch im System verbliebene "echte" Geld aller Bürger "gerettet
> werden müssen".

Ich würde das ergänzen bzw weiterführen wollen, indem ich sage, dass
es letztendlich nicht um Geld selbst geht, bzw nicht einfach nur um
Geld. Denn wäre dem so, könnte man den Reichen einfach jedes Jahr 5%
des Guthabens aufs Konto buchen, die Zentralbank zB, ist doch eh
alles nur Spielgeld.
Das geht klar nicht, weil dann der letzte Rest "Wert" futsch wäre,
was mich zu der Ansicht bringt: Es geht nicht nur um Geld, sondern
dass das Geld, was sich da sammelt, auf einem ganz bestimmten WEG
dorthin kommt
, nämlich als Zinszahlungen, Profit etc, also etwas, für
das jemand erst ARBEITEN musste.

Damit steckt in dem Zustand "Geld auf dem Haufen" schon eine
Arbeitsleistung, denn nur mit dieser bewegt sich das Geld. Daher
funktioniert das auch nur mit gesetzlichen Zahlungsmitteln, sonst
könnten die Bürger sagen "Deine Forderungen erkenne ich nicht an",
doch bei der Staatsgewalt bleibt ihnen nichts übrig.

Das gesetzliche Zahlungsmittel ist also nur ein Maß dafür, wieviele
Arbeitsstunden der Staat noch vom jeweiligen Menschen an den
Kapitalbesitzer zu "überweisen" hat. Vom Geld hat der ja auch nicht
viel, wohl aber von dem staatlichen Versprechen, das ganze Spielgeld
ganz bestimmt noch in zu leistende Arbeit, also in ein Quantum
Arbeitskraft, umzusetzen.

Ich würde also sagen, dass die Zinsforderungen nicht auf Geld,
sondern auf garantierte, zu erbringende Arbeitsleistung lauten.

http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Der-Kapitalismus-auf-dem-Rueckzug/Re-Der-Kapitalismus-ist/posting-24967904/show/

Viele Beispiele können als Indizien zur Bestätigung dieser Behauptung gewertet werden.

Die Frage lautet nun: Woher kommt das?

Ist das ein aus eigener Weltanschauung entstandene Faschismus, also eine Art Ergebnis aus

demon driver schrieb am 21. Oktober 2014 13:48

> (Deswegen kann es auch keine "Marktwirtschaft ohne Kapitalismus" geben.
> Solange das Produktionsprinzip das eines warenproduzierenden
> Systems ist, solange existieren die entscheidenden Mängel und Zwänge
> und Nöte und Verteilungsprobleme des Kapitalismus wie-wir-ihn-kennen
> weiter.)

Selbstverständlich kanns das geben.
Wenn alle Leute¹ eigene Produktionsmittel haben kommts zu einer
Produzentenmarktwirtschaft.
Die spezifische Kapitaleigenschaft, Geld -> mehr Geld kann sich nicht
direkt in der Zirkulation ergeben.² Der Profit ergibt sich nicht aus
einem "Produktionsprinzip" (wo die Begriffe fehlen stellt sich ein
Wort ein) oder aus einem bloßem Wollen von Profit.
Es braucht vielmehr eine Ware, die selbst Mehrwert produziert, die
Arbeitskraft; die wird erst dann käuflich, wenn sie keine eigenen
Produktionsmittel hat.

Das Spezifikum von Kapitalismus ist nicht Warenproduktion, sondern die Existenz eines Proletariats.
Der Kapitalismus ist auch kein "Verteilungsproblem" das durch einen
"gerechten Lohn" lösbar wäre sondern von vorne herein
Gewaltherrschaft, allem Demokratiegefasel des Bürgertums zum Trotz.

¹ genauer: Haushalte. Getauscht wird nur mit Fremden. In einer Gemeinschaft wird verteilt, aber nicht getauscht.
² Den Profit aus Bescheißerei zu erklären ist bürgerliche Ideologie, die sich anders nicht zu helfen weiß.

Zufällig liefert 'Systemverwalter' zeitnah eine Beispiel aus der Praxis als Beleg. [3]
Sogar jemand wie Precht sah sich vor dem Nichts.

Abbreviatus hat dies erklärt und stellt und mit seinem letzten Absatz auch den Bezug zu Deinem letzten Absatz

Aber wie soll das ganze Funktionieren, wenn es keine Anlagegewinne mehr geben soll? Wer hätte dann noch die finanziellen Möglichkeiten, neue größere Unternehmen zu gründen?

oben her.

Zinsen sind eine Motivation für Kapitalbesitzer, das Risiko einzugehen ihr Kapital der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.

Ja das ist das schöne Märchen, das gerne erzählt wird, als Rechtfertigung, dass das mit den Zinsforderungen schon alles irgendwie richtig oder angemessen wäre.
Zunächst:
Wirtschaft ist ein Nullsummenspiel, die Welt wirft alle Einsätze in den Topf (Firmen, Kapital, Rohstoffe, Arbeitskraft, jeder was er hat). Wenn da einer Gewinn machen will (also mehr rausholen als er reingetan hat) ist sofort klar, dass ein Anderer Verlust machen muss (entweder an Geld oder er bekommt zB die geleistete Arbeit gar nicht voll zurück). Ab dem Punkt, wo also "Profit" sein soll, ist die Frage gar nicht mehr, OB jemand Verlust macht, sondern nur noch WER, ähnlich beim Abstieg aus der Bundesliga.
Und gerade genau an dem Punkt entsteht(!) erst das Risiko, das da eingegangen werden soll, die Profitforderungen selbst bedingen ihr eigenes Risiko, nicht Wirklichkeit zu werden, das Risiko ist keineswegs einfach da.

Weiterhin:
Die Zinsen sind auch keineswegs eine "Motivation", in der Art eines freiwilligen Angebotes, sondern FORDERUNG des Besitzers, Motivation wäre passiv, die findet man vor, Forderungen sind aktiv. Warum tut der Kapitalbesitzer das? Aus genau einem einzigen Grund: Weil er es kann. Das Wirtschaftssystem "Kapitalismus" ermöglicht es ihm, qua staatlich gesichertem Eigentum, einen Zins (oder Profit) allein durch das Verleihen von Produktionsmitteln (Geld ist auch eins) zu verlangen, es ist eine Erpressung: Mehre meinen Wohlstand, sonst schließe ich dich von deiner Lebenserhaltung aus.
DASS so vieles heute in Privatbesitz ist und Menschen davon (eben per staatlicher Gewalt) ferngehalten werden können, von Ackerland, Wasser, Rohstoffen etc ist ja keineswegs natürlich oder selbstverständlich, sondern eben durch staatliche Gewalt (deswegen will der Staat auch das Gewaltmonopol) erst möglich.

Wenn die Wirtschaft in Höhe der Zinsen wächst, kann nach eine Erhöhung der Geldmenge in gleichem Maße dafür gesorgt werden, dass in Summe alle Kapitalgeber ihr Geld zurückbekommen und die Zinsen als Gewinn einstreichen.

Nochmal: Genau da ist das Problem: Wieso sollte es diesen leistungslosen Gewinn überhaupt geben? Was für eine Leistung ist denn "verleihen"? "Risiko" ist auch keine Leistung, denn diese ergibt sich ja eben erst aus dem Anspruch, durch Verleihen von Dingen Profit zu machen. Der, welcher "Zins" will, erschafft mit diesem Wollen allein das Risiko, seinen Willen nicht zu bekommen, eben weil in der daraus entstehenden Konkurrenz nicht jeder Sieger sein kann.
Die Situation, dass man lebenswichtige Güter aus den Händen einzelner Besitzenden erst wieder herauslösen muss, sollte so schon gar nicht sein.

Eigentlich rechnet ja niemand damit, dass Staatsschulden wirklich irgendwann zurückgezahlt werden.

Soll auch nicht, der beste Schuldner ist, wer die Zinsen ohne Tilgung zahlt, und genau das machen wir, über 40 Milliarden im Jahr! Das heißt: Jedes Jahr fließt das Arbeitskraftäquivalent von 40 Milliarden Euro leistungslos in die Taschen von "Investoren", das ist einfach weg, verpufft, in privaten Taschen verschwunden und fehlt damit natürlich denen, die es erarbeitet haben.

Meiner Meinung nach gibt es keinen Zwang, keine systemimmanente Alternativlosigkeit. Einige Leute mit den richtigen Verbindungen nutzen die Krisenstimmung, um sich und/oder Freunde etwas reicher zu machen.

An der Stelle hast du möglicherweise eine etwas falsche Vorstellung von den Regeln des Spiels (Spieltheorie) Kapitalismus. Klar gibts da Leute, die mauscheln, Verbindungen nutzen und so weiter. Aber das Grundproblem ist, dass es per Eigentum möglich ist, aus dem bloßen Verleih von Produktionsmitteln Geld zu machen, also eine künstlich hergestellte Zwangslage Anderer (die eben kein Eigentum haben) ausnutzen zu können, um selbst reich zu werden. Gerade daraus ergibt sich, dass es immer wieder zu Krisen wie jetzt kommt, das ist Folge der Regeln.
Aber das wäre insgesamt noch einmal eine längere Diskussion, was ich empfehlen kann dazu ist ein Vortrag von Freerk Huisken:
http://www.youtube.com/watch?v=eShcRgPOgdg
Da wird auch klar, weswegen "Verteilung" ziemlicher Blödsinn ist.

http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Fed-Praesident-deutet-weiteres-Quantitative-Easing-an/Re-Wachstum-Re-Ursache-der-Probleme-ist-doch-wohl-weiterhin/posting-2179106/show/

Was war zuerst da, die Machtkonzentration oder der Kapitalismus?

Die Frage so zu stellen macht nur bedingt Sinn, weil "der Kapitalismus" nicht wirklich etwas ist, das plötzlich "da" war oder erfunden wurde, wie das Internet oder sowas.
Auch in der Antike gab es kapitalistische Tendenzen, bis hin zu Klostern, die ihren Wohlstand rein durch das Vergeben von Krediten gemehrt haben, der verzinste Kredit ist tausende Jahre alt. Auch Lohnarbeit (inklusive Profit für den Arbeitgeber) ist älter als das neue Testament.
Kapitalismus ist schwer zu definieren, wenn man von konkreten Zuständen aus definieren will, weil es vieles, was für ihn bezeichnend ist, schon lange gab oder gibt, es tauchte auf und verschwand wieder, in unterschiedlichen Intensitäten, aber Kapitalismus war es trotzdem nicht.
Im Grund ist Kapitalismus das, was entsteht, wenn Folgendes zusammenkommt: Nationalstaaten (also anerkannte, institutionalisierte Gewalt) mit Rechtssystem (also einem verbindlichen, abstrakten, d.h. nicht von persönlicher Willkür beherrschten, für alle gültigen Regelwerk); dem dadurch gesicherten Privateigentum, wobei wichtig ist (sonst kein K.) dass beinahe alles oder bereits sehr vieles der Welt jemandem gehört und zusätzlich der Großteil des Eigentums in den Händen Weniger konzentriert ist.

Aus dieser Position heraus kann sich der Kapitalismus als Solches erst entfalten, denn er IST ein Machtverhältnis, nämlich ein wirtschaftliches. Insofern handelt es sich um eine Mitkopplung zwischen Macht und Kapitalismus, die Eine macht den Anderen möglich, der Andere mehrt die Eine, beide bedingen einander und steigen daher auch gemeinsam empor.

Der Kapitalismus wurde von Mächtigen ersonnen, um Machtkonzentration sozialverträglich zu machen, damit sie nicht laufend einen beträchtlichen Teil ihrer Untertanen dafür bezahlen müssen, den anderen Teil ihrer Untertanen mit Waffen in Schach zu halten (was auf Dauer nie funktioniert hat).

Nein, dazu hat man Sozialsysteme geschaffen, Bismarck zB, lieber den Armen ein wenig lassen, damit sie es sich nicht holen kommen. Der Kapitalismus ist ein Mechanismus, die Macht Weniger auf eine bestimmte Weise zu mehren, indem man (qua Eigentum) die Möglichkeit hat, die Vielen Anderen von ihrer Lebensgrundlage auszuschließen. Dann müssen sie darum betteln (sie "dürfen" arbeiten), womit der Besitzende noch reicher wird. Sozialverträglich ist an dieser blinden Konkurrenz erstmal gar nichts, sie ist das genaue Gegenteil davon.

Also wurden Chancen geschaffen (die Chance, auch reich zu werden), und Regeln, damit die Neureichen nicht zu mächtig werden.

Chancen sind die Möhre vor der Nase des Esels, der nicht merkt, dass er eigentlich doch nur den Karren ziehen soll. Das Chancengerede soll die Menschen dazu bewegen, noch viel weiter zu kämpfen, gegeneinander, um vielleicht der Eine Esel zu sein, der die Möhre bekommt, statt sich mit den Anderen zusammenzutun und das Leben anders zu organisieren. Das trägt, ganz im Gegenteil zu deiner Behauptung, dazu bei dass die Reichen immer NOCH mächtiger werden.

Und er sagt ganz klar, dass es kein Geld ohne Privatbesitz geben kann. Damit wären wir aber wieder beim Kapitalismus (geldlose Systeme funktionieren nur in sehr kleinem Maßstab).

Geld alleine macht keinen Kapitalismus, Geld wurde in verschiedensten Formen und für verschiedenste Zwecke im Laufe der Geschichte mehrfach eingeführt und fallen gelassen, sowohl Münzgeld als auch Papier- oder Kreditgeld. Privatbesitz selbst ist auch in der Generalität nicht das Problem (Mein Hammer, dein Planschbecken), sondern da, wo das, was Viele brauchen (nicht nur haben wollen) in den Händen Weniger ist, das macht die Vielen erpressbar. Geld ist eine praktische Sache, aber der gängige Schöpfungsmythos (wohl von Adam Smith), nach dem sich das Geld entwickelte, als direkter Tausch zu komplex wurde, ist schlicht so nicht gewesen.
Meine Empfehlung: "David Graeber - Schulden: Die ersten 5000 Jahre". Schon allein, weil´s unheimlich Spaß zu lesen macht.

Kapitalismus hat viele Ausprägungen, und eine Menge davon wurden in der Geschichte noch nicht durchprobiert. Wobei halt alle Varianten mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben, nämlich dass sich Macht automatisch konzentriert.

Kapitalismus als bedingungslose Konkurrenz aller gegen Alle kann, sofern es noch erkennbar Kapitalismus ist (Selbstzweck der Geldvermehrung etc) gar keine positiven Aspekte haben, das ist immer ein gegen die Menschen gerichtetes System, schon allein weil in ihm "Nachhaltigkeit" und Sparsamkeit ein wirtschaftliches Problem bedeuten und Menschen auf "Arbeitsplätze" angewiesen sind: Solange das so ist, braucht man da auch nicht herumprobieren, wenn man das System so ändert, dass Arbeit nach Notwendigkeit getan wird, ist es kein Kapitalismus mehr.

http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Fed-Praesident-deutet-weiteres-Quantitative-Easing-an/Re-Wachstum-Re-Ursache-der-Probleme-ist-doch-wohl-weiterhin/posting-2179442/show/
Und genau so sehe ich das auch. Dieser TP-Artikel Die Armen in Deutschland - dem Tod so nah - Über den Umgang mit den Besitzlosen in unserer Gesellschaft - von Marcus Klöckner 24.04.2016
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48022/1.html
ist das Ergebnis von dem, was ich hier in diesem Posting zusammenstellte.

Erschreckt Euch doch einmal.
Dafür haben Euch Eure Eltern nicht in die Welt gesetzt.
Horkheimer sagte 1937 dazu [4]:

Eine Wissenschaft, die in eingebildeter Selbständigkeit die Gestaltung der Praxis, der sie dient und angehört, bloß als ihr Jenseits betrachtet und sich bei der Trennung von Denken und Handeln bescheidet, hat auf die Humanität schon verzichtet.

Selbst zu bestimmen, was sie leisten, wozu sie dienen soll, und zwar nicht nur
in einzelnen Stücken, sondern in ihrer Totalität, ist das auszeichnende Merkmal der denkerischen Tätigkeit.

Ihre eigene Beschaffenheit verweist sie daher auf geschichtliche Veränderung, die Herstellung eines gerechten Zustands unter den Menschen.

Und die Fonds-Verwalter haben welchen Auftrag?

Na also!

Wir brauchen andere Kenngrößen, die sich aus einem Pool von Bruttonationalglück, Zufriedenheitsindex, Umweltbelastungsindex, usw. zusammensetzen.

Vielleicht wird das nächste Bezahlmittel eine Karte, bei der man im Account sehen kann, dass mit dem Kauf eines Fair-Trade-Produktes, z.B. 1 kg Kaffee für 14 € statt für 8€) die Welt t a t s ä c h l i c h - und nicht nur hoffentlich - auf eine bessere Stufe gehievt wurde. Im Extremfall könnte man sogar die Page des Erzeugers ansehen.

Beladen wird die Karte natürlich mit dem, was man selber der Gesellschaft gibt. Dies kann bei kleinen Sachen wie Autosharing, Blutspenden,... Erziehungsarbeit ... Zusammen-mit-Traurigen-ausgehen anfangen und von dort aus zu den klassischen Berufsfelder übergehen.

Und damit wäre die im privaten Bereich geleistete Arbeit nicht mehr ausgeblendet.

Auch das sich Erziehen lassen, das Erlesen von Wissen, das Anlernen, Trainieren von Fertigkeiten kann zum einen entlohnt werden und zum anderen stünde damit ein Pool an für ihre Zuverlässigkeit bekannten Mitarbeitern zur Verfügung und ihre Zuordnung fände dann nach dem Decken von Grundbedürfnissen statt. Luxusgüter können nach wie vor erworben werden, wenn man es anmeldet und die Gegenleistungen aushandelt - schlecht für von sich selbst überzeugten Raubrittern. Das zieht das Glücksbarometer aber wirklich herunter.

Kleine Sachen wie falsche Ernährung oder das Verlassen und Nicht-mehr-Treffen-von eigenen Kindern könnte auch als Verweigerung von Verantwortungsübernahme sanktioniert werden. Denn bei dem, was ich so mitbekomme, ist es für manche schon sehr wichtig, eine Beziehung zu beiden Eltern zu haben, ansonsten belastet es Gesellschaft.

Mißbrauch dieses Abrechnungssystems müsste gemäß Elinor Ostrom durch Kontrollen vorgebeugt werden.

Natürlich kann man wieder debattieren, wer oder was über Wichtigkeit bei Umweltschutz, Zufreidenheit, Lohn- und Preisgestaltung bestimmt. Diese Größen sollten sich aus der Gesamtheit aller vorliegenden Informationen und gegenseitigen Wirkmechanismen ergeben, deren Existenz in der Soziologie, Psychologie und in den Politwissenschaften als erwiesen gilt (soviel zur Bedeutung der als 'Laberfächer' belächelten Fachbereiche). So hätten wir ein sich selbst optimierendes dynamisches System, das nicht übernommen und fremdbestimmt werden kann.

Die Richtung der Optimierung ist klar: Vermeidung von Leid und Integration der menschlichen Zivilisation in die Ökosphäre des Planeten Erde - ohne die anscheinend befürchtete Aufgabe des Leistungsgedankens (die ja in unbezahlter Form im Privathaushalt geleistet wurde und somit die These des faulen Menschen als widerlegt angesehen werden sollte ... wobei es schon Regionen in der Welt gibt, bei denen Väter ihr krankes Kind nicht zum Arzt bringen und nach dessen Tod auf den Arzt schimpfen, dass dieser nicht gekommen sei - doch das wird in einem bilanzierenden System nicht einreißen, da darin die Kindesvernachlässigung wohl maximal sanktioniert würde).

Indizien für die Verbesserung der Situation gäbe es mindestens auf dem medizinischen Sektor.

ToiToi.
A.

[1] http://www.heise.de/forum/heise-online/News-Kommentare/Fissler-setzt-auf-vernetzte-Kochtoepfe/Re-Dein-Problem-ist/posting-11655426/show/

[2] http://www.heise.de/tp/artikel/48/48040/1.html

[3] http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Prekariat-auf-Abwegen/Man-muss-gar-nicht-faul-sein-um-als-Langzeitarbeitsloser-zu-enden/posting-28529033/show/
http://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Prekariat-auf-Abwegen/Bis-zur-Diss-muss-man-dazu-garnicht-mehr-gehen/posting-28529144/show/

[4] Hrg.: A. Schmidt; Max Horkheimer: Gesammelte Schriten. Band 4: Schriften 1936 - 1941, Fischer-Verlag, Frankfurt am Main: S. 162–216.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.04.2016 15:02).

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