Ansicht umschalten
Avatar von Oliver Schad
  • Oliver Schad

mehr als 1000 Beiträge seit 12.04.2000

Re: Mal konkret

atms schrieb am 23.04.2016 23:49:

Sahra Wagenknecht:

Ich habe ein langes Kapitel in meinem Buch den nötigen Neuordnungen im Finanzsektor gewidmet. Geld ist ein öffentliches Gut. Deshalb gehört die Geldversorgung der Wirtschaft nicht in die Hände unverantwortlicher Zockerbuden, sondern von Instituten, die ich Gemeinwohlbanken nenne und die mit Gemeinwohlauftrag arbeiten und sich als Diener der Realwirtschaft verstehen.

Der Punkt ist doch nur, dass unsere Wirtschaftsordnung auch ohne den heutigen Finanzmarkt, kapitalistisch ist. Die Zwänge eines Unternehmers in unserem Wirtschaftssystem einerseits und die Anreize andererseits hören nicht auf.

Man kann über die Intensität diskutieren, dass man weniger Druck auf dem Kessel will (d.h. wir pressen die Menschen langsamer immer schneller aus).

Die Welt kennt heute immer noch 2/3 Arme und die gehen nicht weg, nur weil man die Investmentabteilungen der großen Finanzbuden schließt. Die gab es auch schon vor 30 Jahren mit ganz toll regulierten Finanzmärkten.

Mein Vorschlag ist in dieser Hinsicht relativ marktwirtschaftlich. Alle Banken, die privat bleiben wollen, können das tun, aber sie verlieren jede Form der öffentlichen Unterstützung: kein billiges Zentralbankgeld mehr, keine Staatshaftung, keine staatliche Einlagengarantie. Außerdem verlieren sie das Privileg der Geldschöpfung aus dem Nichts, Kredite müssen also durch längerfristig angelegte Spargelder abgedeckt werden.

Von mir aus. Aber die Banken sind doch interessenstechnisch mit dem Staat verbunden. Es ist doch gar nicht falsch, dass das System wacklig ist. Und der Staat profitiert von mehr Wirtschaftsmacht in seinen Außenverhältnissen. Deutschland kann sich in der EU doch nur so aufspielen aufgrund der Wirtschaftsmacht. Die größte Militärmacht ist GB und FR.

Klar ist die deutsche Regierung nach innen hin weniger stark, aber nach außen hin stärker mit Finanzkapital im Rücken. Der deutsche Exportwahnsinn beruht doch auf darauf, das ist IWF-Politik mal mit Waren betrieben. Verschulde die anderen und schon kannst du Kontrolle ausüben.

Wir sehen einen astreinen dritten Weltkrieg, ganz ohne Soldaten. Die Deutschen erobern Euroland und alle halten die noch für die Guten. Flassbeck und Co. argumentieren in einer völlig falschen Dimension, sie reden über eine fehlverstandene optimale Wirtschaftspolitik.

Dabei ist es gerade er, der nicht versteht, dass die Wirtschaft Basis der politischen Macht ist und somit mehr Wirtschaft gleich mehr Macht ist. Deutschland schwingt sich zur neuen Weltmacht auf oder versucht es mindestens. Diesmal cleverer als beim letztenmal.

Für Bereiche dagegen, in denen Märkte nicht funktionieren oder ethisch nicht vertretbar sind, schlage ich Gemeinwohlgesellschaften vor. Das sind nicht-kommerzielle Unternehmen, die im öffentlichen Auftrag statt im eigenen Gewinninteresse wirtschaften.

Machen wir mal 2 Beispiele in dem Modell:

1) Wie funktioniert das deutsche Gegengewicht zu Intel, Google und Facebook konkret mit Forschung, Bildung und Investition?

2) Wie funktioniert das nächste VW (entweder VW umbauen oder VW neugründen)

Abschließend wäre die Frage, was man denn mit Playern wie Siemens, VW und Co. macht, die ja keinen Markt mehr machen.

Im Vergleich dazu ist dein

Oder werfen die Freunde 5 Milliarden zusammen?

nicht so ganz redlich. Eine "Gemeinwohlbank" kann sehr wohl Geld schöpfen und 5 Milliärden raushauen.

D.h. es gibt Kapital aber der Staat steuert den Kapitalismus. Das wäre ja der SPD-Ansatz, wir reformieren den Kapitalismus so lange, bis er kein Kapitalismus mehr ist. Glaubst du daran? Wenn ich mir Venezuela und Brasilien angucke, die haben arge Probleme damit nur auf das Level einer SPD-Vorstellung von heute zu kommen.

Ganz zu schweigen mit dem Gegendruck, mit dem man zu rechnen hat, wenn man weitergehende Vorstellungen hat.

Zuletzt muss man die Frage beantworten, was eigentlich in der internationalen Konkurrenz passiert: die DDR hatte ja Probleme damit und schottete den Markt ab. Nehmen wir an, wir bauen uns unsere Wunschverhältnisse im Inneren auf: was bedeutet das hinsichtlich Druck von außen?

mfg
Oli

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.04.2016 00:50).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten