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  • wunschname

800 Beiträge seit 09.10.2015

Schrott!

"Reichtum ohne Gier" - das kann nur in die Hose gehen! Sowie man völlig normale menschliche Verhaltensmuster moralisch abwertet und daraus dann eine neue Wirtschafts- und letztendlich auch Gesellschaftsordnung basteln will, muss es schiefgehen! Wir Menschen sind immer auf der Suche nach Verbesserung unserer Lebensumstände, ganz egal, auf welchem Niveau sich der Einzelne gerade befindet. Wohl und Wehe sind die Grundlage jeder Bedeutungszuschreibung. Jeder will für sich immer das Beste, das zu kriegen ist. Das mag man irgendwie anrüchig oder gar obszön finden, aber es zu leugnen, ist eine Torheit. Wir sind keine Engel, auch keine halben Engel, sondern Tiere, denen die Evolution gewiss nicht nur zum Spaß einen Denkapparat verpasst hat, der sehr viel Energie verbraucht. Wir sollten ihn nutzen, um - weil wir auf diese Weise alle gewinnen - tragfähige ethische Grundsätze nach dem Motto "Leben und leben lassen" zu finden, und nicht, um das zu bekämpfen, was unser Gehirn überhaupt erst hervorgebracht hat: die ständige Suche nach dem Besten, was zu bekommen ist.

Wagenknecht räumt ein, dass der Kapitalismus nicht immer schlecht war, weil er die Lebensumstände der Menschen massiv erhöht hat. Der von ihr zitierte Ökonom Joseph Schumpeter hat das mal schön auf den Punkt gebracht: "Königin Elisabeth besaß seidene Strümpfe. Die Leistung des Kapitalismus liegt typischerweise nicht darin, noch mehr Seidenstrümpfe für Königinnen zu produzieren, sondern sie in den Bereich der Fabrikarbeiterinnen zu bringen, als Lohn für fortwährend abnehmende Arbeitsmühe". Das ist eine Kulturleistung, die kaum zu unterschätzen ist: Ein Grundtrieb des Menschen, die ständige Suche nach Eigennutz, hat Massenwohlstand erzeugt. Das war natürlich nicht geplant, sondern basiert auf einem historischen Zufall - noch so eine Kränkung des menschlichen Selbstbildes, wie schrecklich! Aber das sind nun mal die Fakten, und ein Idiot ist, wer sie leugnet. Weil er dann die falsche Diagnose hat, auf deren Basis nur falsche Schlüsse herauskommen können.

Daher ist Wagenknechts Einschätzung, der Kapitalismus sei irgendwie entartet und moralisch auf den Hund gekommen, ziemlich daneben. Er ist heute noch genauso wie früher. Auch damals schon neigte er stramm zum Oligopol, zum Konzern, und er hatte mit Marktwirtschaft schon immer so viel zu tun wie ein Elefant mit einer Ameise. Bei den Top-Ten der DAX-Konzerne handelt es sich mit wenigen Ausnahmen um Unternehmen, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden. Der Grund dafür ist einfach: Die Räder, die gedreht werden, werden immer größer, und immer weniger Investoren können da mithalten. Was mögen die seit Jahrzehnten andauernde Entwicklungen immer besserer Computerchips gekostet haben, die es uns die "Digitale Revolution" ermöglichten? - Ist doch klar, dass sich da irgendwo Industrie- und Geldmacht zusammenballt. Allerdings hat man es seit Anbruch des Neoliberalismus versäumt, die Nummer politisch zu managen. Warum man Versicherungskonzernen die die Altersvorsorge überlassen hat, ist mir ein Rätsel. Und es gibt auch sonst unendlich viele politische Entscheidungen, die ich einfach nicht kapiere.

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