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  • Rkahr

mehr als 1000 Beiträge seit 25.04.2023

Re: So ist das halt mit den Folgen durch Minijobs, Aufstocker und Outsourcing/

Früher vermerkten die Parteien wie die Grünen noch aufmerksam, dass sie sich redlich bemühten, einen Hauch von sozialem Flair zu pflegen. Da war mn sich des Bildungsbürgertums noch bewusst, das man auf den Schulter rumtrug.

Man war bereits darüber informiert, dass der Herr Fischer einen Universitätsabschluss oder etwas Derartiges sein Eigen nannte. Doch er nahm sich stets die Muße, auch einmal auf der Bierkiste mit zwei Bauarbeitern zu verweilen und ihnen wenigstens Gehör zu schenken. Gleiches taten viele Altgrüne, und dadurch gewährleisteten sie, dass die Grünen von den Alpen bis nach Flensburg immer präsent waren. Es gab keinen einzigen Wahlkreis wo man nicht wenigstens einen Grünen in der Regierung hatte.

Sie drehten gewissermaßen im kleinen Maßstab die ganze Angelegenheit und debattierten in Handarbeit. Sie waren keineswegs stumpf und auf den Mund gefallen. Sie hatten durchaus etwas drauf.

Und wenn die eigene Partei versagte, erinnerte man sich schon, dass da noch wer war. Wen wählte man dann? Wen konnte man stets nachvollziehen? Wer kümmerte sich so wunderbar? Wer trat im Notfall dem Establishment kräftig in den Hintern? Ganz richtig, die Grünen.

Man konnte sogar ein ehemaliger FDP-Wähler sein. Wenn die Mannschaft zu träge wurde, wählte man die Grünen. Sobald diese das Baudezernat übernahmen, ging es mit den Mistkerlen rund. Man zitterte, wenn die Leitung vom Baudezernat im Sechserpack vorbeikam, und den Atomkraft-nein-danke-Aufkleber auf dem Klemmbrett hatte.

Die grüne Lebenseinstellung war wirklich mit allem vereinbar. Umwelt ja, Krieg musste nun wirklich nicht sein, Atomkraft nein danke. Man konnte das irgendwie mit allem verbinden, und es widersprach sich seltsamerweise mit nichts.

Das funktionierte immer, und deshalb waren die Grünen stets die Ersatzpartei.

Dann kam der Beitrag der Grünen zur Regierung, und sie wandelten sich von Bündnis 90, den Hippie-Grünen, zu Bündnis 2016, den Transatlantikgrünen.

Vorbei war es mit dem scharfen Angriff auf das Establishment, vorbei war es mit der Kritik. Jetzt hieß es nur noch, beim Vorbeifahren den 1 % schön zu winken. Die Altgrünen, die aus der Partei geworfen wurden, hatten das Ganze sehr charmant vorhergesagt.

Plötzlich sieht es so aus, als ob die Grünen Dinge wie Solidarität vergessen hätten. Man setzt sich nicht mehr mit dem Bauarbeiter hin und genießt gemeinsam ein Bier. Stattdessen wird über den Bauarbeiter gelacht bei Avocado-Toast und Schampus. Man fragt nicht mehr vorsichtig: "Na, wie läuft's? Was ist mit den Geringverdienern, du Fehler?" Das hatte man sich von der FDP abgeschaut. Wenn man einen Hosenanzug trägt und stets perfekt gestylt lächelt, kann man sich über das gemeine Volk auslassen, und die Parteitreue hochhalten. Die sind ja dumm, die haben ja nicht studiert, die verstehen das sowieso nicht, das sind nicht unsere Stammwähler, lol. .

Und ganz ehrlich:

Es war absehbar.

Wenn jemand so bereitwillig das Feld räumt, sich auf die Seite des Establishments schlägt und nun plötzlich gegen die "ungebildeten Massen" vorgeht – oder wie die Klimakleber den Klassenkampf als Entschuldigung benutzen, um den Arbeitern und Arbeiterinnen auf die Nase zu hauen –, dann darf es nicht verwundern, wenn eine andere Partei dieses Konzept aufgreift und damit ziemlich gut fährt.

Das Konzept funktioniert. Es ist so lächerlich einfach, dass es nicht mehr einfacher geht, und es sorgt dafür, dass man immer mitreden darf. Und wenn man es so einfach offen liegen lässt und gleichzeitig dafür sorgt, dass es keine wirkliche parlamentarische Opposition gibt...

Dann wird man eben nicht mehr als Opposition wahrgenommen, sondern als Teil des Systems.

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