Ich habe mal ein paar Jahre in China gelebt. In der westlichen Diskussion über China, wo es meistens um hohe Werte geht, erkenne ich regelmäßig das China, das ich kenne, nämlich das China von unten, überhaupt nicht wieder.
Die Menschen in China sind wie wir. Sie wollen ihr kleines Leben leben, und solange das einigermaßen gewährleistet ist, interessieren sie "Werte" eher am Rande.
Mittlerweile denke ich, daß "Werte" nur von solchen Leuten und Medien hinausgetrötet werden, denen das Leben der breiten Massen völlig gleichgültig ist. Über "Werte" sprechen nur solche Leute und Medien, die weder willens noch in der Lage sind, die Probleme der breiten Bevölkerung anzugehen.
"Werte" wie "Freiheit", "Menschenrechte", "Demokratie" dienen heute nur noch dazu, Angriffe auf solche Länder propagandistisch vorzubereiten, die dem Westen ein Dorn im Auge sind. Und dabei geht man ganz selektiv vor. In Saudi-Arabien werden Massenhinrichtungen möglichst rasch übergangen, aber wenn es um China geht, dann rufen die Korrespondenten "Xinjiang" und können sich nicht genug tun vor gespielter Empörung.
Wohlgemerkt: ich weiß auch, daß in Xinjiang autoritäre Methoden angewandt werden. Aber die Greuelmärchen, die bei uns verbreitet werden, tragen das Zeichen von psychologischer Kriegsführung.
Die Leute in China wollen ihr kleines Leben leben. Und wenn man den Westen läßt, dann wird dieses kleine Leben, das sie sich endlich errungen haben, in rauchende Trümmer geschlagen.