Wäre es möglich sich einen Gott auszurechnen, so wie 1 und 1 zwei ist, könnte man sich vielleicht darauf einigen, so wie man Äpfel zählt. Vielleicht hat man im Mittelalter auch so gedacht mit seinen Gottesbeweisen. Auf derartige Denkkonstruktionen kann man sich als aufgeklärter Mensch nicht mehr einigen. Insbesondere kann man sich nicht verbindlich auf Handlungsanweisungen einigen, die damit begründet werden, ein Gott habe dies oder das gesagt oder zwingend vorgeschrieben.
Wer also die Existenz von irgendwas behauptet, muss es erstmal beweisen. Früher im Mittelalter hat man ja noch wissenschaftliche Experimente angestellt und versucht das Gewicht der Seele zu messen. Die moderne Theologie hat solche Versuche aufgegeben.
Es kommt in der Religion nur noch darauf an, etwas zu glauben und man sammelt Punkte, indem man sich auf eine Vielzahl von Gläubigen beruft, die derselben Erzählung folgt.
Wissenschaftsgläubigkeit wäre im Vergleich etwa, wenn jemand sagt, gewisse Methoden und Erkenntnisse dürften nicht mehr in Frage gestellt werden. Man müsse vielmehr in ein Buch schauen oder einem Wissenschaftsguru mit akademischen Würden folgen, der abschließend die Wahrheit dazu offenbart.
Natürlich gibt es viele rationale Weltanschauungen, die ideologisch daherkommen, um irgendein gesellschaftliches Verhalten zu erzwingen. Auch ohne Gott entkommt man solchen Streitereien nicht und die Frage wird sich immer wieder stellen, wie kann ich mich mit den Andersdenkenden darauf einigen, wie wir mit den Differenzen zusammen leben können. Grundvoraussetzung für eine solche Streitkultur ist, dass die Differenzen verhandelbar sein müssen, weil man anerkennt, dass die Ideologie, auf der sie fußt, von Menschen gemacht wurde. Hinter allem geht es in letzter Begründung also um den Menschen, der den Dingen einen Sinn gibt und welcher derjenige ist, der es begründet.
In dieser rationalen Welt müsste also ein Gottesanbeter als erstes konstatieren, dass sein unbewiesener Gott nur ausgedacht worden ist, um diskursfähig zu erscheinen, bis es ihm gelingt, einen für alle verbindlichen, rationalen Gottesbeweis aufzustellen.
Wie soll man also mit jemandem zusammenleben, der es ablehnt, seine übernatürlichen Offenbarungen auf den Prüfstand zu stellen und stattdessen fleißig Punkte sammelt, indem er gläubige Anhänger rekrutiert und bei uns ansiedelt, die bei uns religiöse Regeln durchsetzen und als Endziel einen Glaubensstaat proklamieren wollen, wo ein Stellvertreter Gottes Landesherrscher wird?
Oder sollte man so einen ausweisen, weil man mit ihm nicht zusammenleben kann?
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.04.2021 10:17).