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  • abab

739 Beiträge seit 15.07.2016

Re: Glaube

Im Mittelalter war Gott noch transzendent, unerreichbar für den einfachen Menschen, dessen Sündenregister unter strenger kirchlicher Aufsicht stand. Die humanistische Gegenbewegung befreite den Menschen, setzte schöpferische Kräfte frei. Wir gelangten so zu dem Punkt (Nietzsche), an dem Dostojewskij schwer erschüttert feststellten mußte: „Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt“. Dostojewskij sprach da nicht mehr von einem allmächtigen Gott, sondern von der wahrhaft menschlichen, d. h. göttlichen, christologischen, gottmenschlichen Bildgestalt in uns, die es zu erkämpfen gilt im Durchgang durch diese Welt. Ohne Gott keine Ethik, denn Gott ist unser lebendiges Gewissen, unser dialektisches Verhältnis, zu dem wir uns in Freiheit zuwenden können im Kampf um uns selbst und die Fülle des Lebens in dieser Welt, in wahrer, innerlich bestimmter Gemeinschaft im Gegensatz zur mathematisch organisierten Zwangsgesellschaft, im Kapitalismus orientiert nach der Königsware Geld. Wir können uns also auch abwenden, uns ganz im Eigenwillen (auch ein Ausdruck Dostojewskijs) bewegen, haltlos die Welt im weitesten Sinne tyrannisieren.

Glaube an Gott ist im Kern Glaube an den Menschen in seiner zu befreienden gottmenschlichen, d. h. umfassend christologischen Gestalt. Wenden wir Menschen uns vom eigentlich Menschlichen, d. h. Göttlichen ab, verlieren wir uns selbst, schmoren zuletzt in der Hölle schlechter Unendlichkeit in diesem endlichen Dasein mit all seinen äußerlichen Glücksversprechungen. Aber das wird nicht das letzte Wort sein!

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