de Sade (1) schrieb am 17.04.2021 23:12:
auf diese Dichotomie bewegt sich die Menschheit mit immer größerer Geschwindigkeit zu.
Das zeigt: Religion ist ein Auslaufmodell und -
die Menschen verlieren immer mehr ihre letzten Orientierungen.
Es wird also spannend, wie es weitergeht.
Da sagst du was. Falls es dich interessiert, habe ich noch einen Lesetip: Steiner's "Philosophie der Freiheit". Steiner wurde wegen diesem Buch als Anarchist abgestempelt, was aber nur sehr oberflächlich stimmt. Steiner führt mit diesem Buch den Begriff der "moralischen Phantasie" ein, zu der sich ein Mensch befähigen kann, wenn er es schafft, sich allen Konventionen gesellschaftlicher und religiöser Art frei gegenüberzustellen und seine Handlungsweisen auf seine moralische Intuition gründet statt auf Regeln und Normen. Damit stellt sich Steiner auf als Antipode zum Kantianismus, der als höchste Tugend die eherne Notwendigkeit, also die Unterwerfung unter unumstößliche Grundsätze, verkündet. Kein Wunder, daß Steiner's Werk in gewissen Kreisen nicht gerade beliebt ist.
Ich schreibe das zu einer Zeit, in der die gesellschaftlichenTendenzen in genau die gegenteilige Richtung laufen. Gerade am Salafismus und dem Gender-Wahn zeigt sich deutlich, wie zahlreiche Menschen nach einem äußeren Regelwerk streben, dem sie sich blind unterwerfen. Sozusagen Religions-Automaten (bzw Gutmenschen-Automaten), die in einer Art binärem Denken nur noch halal und haram kennen und das sklavisch befolgen. Und nicht nur das, sie streben danach, das zur zwingenden gesellschaflichen Norm zu machen.
Moralische Phantasie ist unbequem, denn wer sich um sie bemüht, verzichtet auf jegliche Stütze, die Religion und gesellschaftliche Konventionen bieten. Die schlechte Nachricht für alle, die nach Norm leben wollen: Steiner hat prophezeit, daß die kulturelle Entwicklung langfristig in einer Weise verläuft, in der immer mehr Stützen morsch werden. Das ist nicht nur die Religion, das sind auch die sozialen Strukturen.
Zurück zu deinem Beitrag: Es wird darauf ankommen, wieviele Menschen sich dazu befähigen können, rein aus sich selbst, ohne äußere Normen-Prothese, leben und handeln zu können.