Kennen wir eine Religion, deren Verkündigung lautet: „Es könnte sein, dass es einen Gott gibt“? Das erkenntnistheoretisch relevante an Religionen sind doch die als „Gewissheiten“ deklarierten Glaubenssätze. Es geht Religion (ich kenne da keine Ausnahme!) nicht um Mutmaßungen, sondern um Wahrheitsaussagen, die der Methode des Zweifelns entzogen werden.
Wissenschaft beruht auf dem Prinzip des Zweifelns. Aussagen werden auf ihre Evidenz und auf Plausibilität geprüft. Faktenbehauptungen werden der Kritik unterzogen, Axiome, Narrative und „Erfahrungswissen“ werden systematisch hinterfragt. Unter dem Vorbehalt der Überprüfbarkeit und des Zweifels steht auch die nach wissenschaftlichen Maßstäben gewonnene Erkenntnis – sie ist ja deren Ergebnis.
Daraus folgt: es geht kognitiv nicht um die Unterscheidung zwischen „Wahrheit“ und „Unwahrheit“ (was noch immer in einem Streit zwischen Glauben und Aberglauben enden muss), sondern um den – allerdings riesigen – Raum zwischen „wahrscheinlich“ und „unwahrscheinlich“. Hierzu stellt uns Wissenschaft (als Methode verstanden!) inzwischen ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung. Aber Wahrheitsaussagen außerhalb dieses Erkenntnisraumes sind: Glauben!
Die Trennlinie zwischen Glaube und Zweifel beschreibt indes zugleich das Verhältnis zwischen Atheismus und Agnostizismus!
Allerdings: solange es für das Sein hinreichend rationale und plausible Erklärungen ohne „Gott“ (oder „Anverwandte“ aller Art) gibt, gilt, frei nach Pierre-Simon Laplace: „Gott ist eine überflüssige Hypothese“.