1.
Wichtig ist: Bei Verschwörungstheorien gibt es mindestens zwei verschiedene Wahrheitsebenen. Die eine Ebene ist die der faktischen Realität: Gibt es handfeste Belege, die für den Tatbestand einer Verschwörung sprechen oder nicht?
Hannah Arendt spricht von ‚Tatsachenwahrheiten‘.
Die andere Ebene ist die der sozialen Wirklichkeit. Hier kommt es vor allem darauf an, wie viele Menschen und welche sozialen Instanzen eine Verschwörung für real halten und welchen Einfluss dies auf eine Gesellschaft hat. In vielen Fällen stimmen die beiden Ebenen nicht überein.
(Zitatende)
Deswegen widerstrebt es mir zunehmend, immer wieder Texte mit seitenlangen wissenschaftlich "halbseidenen" Psycho- und Sozio- Spekulationen über womöglich halb- pathologische Motivationen von "Verschörungs- Schwurblern " lesen zu müssen bzw. zu sollen. Nicht zuletzt auch in ganzen Büchern von angeblichen Spezialisten für dieses Gebiet.Denn das ist alles "sekundär".
Was ich dagegen lesen möchte, sind konkrete und korrekte Vorstellungen/ Darlegungen/Erläuterungen der jeweils angegriffen (angeblichen) Verschwörungs- Konstrukte und im Anschluss daran deren logisch konsitente Widerlegung.
Wobei niemals die (erkenntnistheoretische) "Binsenweisheit" vergessen werden sollte, dass Theorien niemals nur schon deswegen stimmig/ wertvoll/gültig usw. sind weil sie IN SICH konsistent (logisch widerspruchsfrei) sind. Denn sind die "Grundpostulate" falsch, ist in dieser Hinsicht auch alles andere fast in Bezug auf Annäherung an eine (wenn auch nur vorläufige) "Wahrheit" ziemlich werlos. Oder sogar schädlich, weil es dazu führen kann, dass man sich völlig in theoretischen Holzwegen verirrt.
Wenn also zum Beispiel Lauterbach einer bzw. seiner eventuell völlig logischen Argumentationen (bzw. Theorie)......................... sublim (unausgesprochen) Annahmen/Behauptungen (Grundposzulate) zugrund legt, die er nicht bereit ist,in Frage zustellen, weil alle sie als (wissenschaftliche) "Selbstverständlichkeit" einfach glauben sollen (DIE Wissenschaft setzt das so voraus- also basta) ........... dann ist seine Argumentation wissenschaftlich irrelevant. Und zwar selbst dann , wenn ihm keine Logikfehler nachgwiesen werden können.
Uraltes Beispiel aus der Theologie: Unter der dogmatisch gesetzten Voraussetzung, dass in der Realität tatsächlich Engel auf Nadelspitzen tanzen, kann man konsistente theoretische Abhandlungen mit Spekulationen darüber anstellen, wieviele Engel gleichzeitig auf diesem Tanzplatz tanzend Platz finden.
Daraus folgt:
Wenn die Annahmen Lauterbachs (über die Realität des Virus und der Pandemie) korrekt (bzw. faktisch) sind, hat Lauterbach da recht, wo er widerspruchsfrei argumentiert. Aber natürlich gilt umgekehrt dasselbe auch für "Querdenker" und angebliche oder tatsächliche Verschwörungstheoretiker: Wenn deren (wissenschaftliche) Grundannahmen korrekt bzw. nachgewiesen "faktisch" sind , haben eben auch "Querdenker" oder auch "Verschwörungstheoretiker" recht.
Daraus folgt weiter:Eigentlich begibt sich schon jeder in einen ("erkenntnistheoretischen") Nebel , der sich auf Begriffe wie "Verschwörungstheoretiker" einlässt, denn im Grund muss jeder Investigativjournalist oder Kriminalermittler "von Haus aus" Verschwörungstheoretiker sein. Und ob er schwurbelt (also logisch unscharf argumentiert) oder nicht , muss ihm erst mal in einem rationalen Diskurs nachgewiesen werden. Was z. B. vor Gericht ja seit jeher selbstverständlich ist.
2.
Das Menschenbild, das hinter solchen Maßnahmen steckt, ist der verführbare und unmündige Mensch, den man nicht "schutzlos" einer Sphäre frei zirkulierender Informationen aussetzen darf, sondern für den man in paternalistischer Weise glaubt, eine Vorselektion "unbedenklicher" Inhalte vornehmen zu müssen.
(Zitatende)
Komischerweise nehmen wir es bei der kommerziellen Werbung wie selbstverständlich hin , dass fast alle Menschen tagtäglich auf "paternalistische Weise" als Konsumenten manipuliert werden. Dasselbe gilt z. B. für die religiöse "Glaubenserziehung" unmündiger Kinder.
3.
Auch der "Schwurbler"-Begriff ist im politischen Diskurs noch recht jung und hat in der Covid-19-Krise eine starke Verbreitung erfahren.Wir haben das noch nicht systematisch rekonstruiert, aber es zeigen sich Anhaltspunkte dafür, dass der Schwurbler-Begriff innerhalb der letzten 5-6 Jahre aus dem sogenannten ‚Skeptiker‘-Diskurs hinein in den Mainstream diffundiert ist.
(Zitatende)
Das kommt in der Tat vor allem aus dem Bereich des (wissenschaftstheoretisch) "Orthodox- dogmatischen" Mainstreams der Skeptiker Szene . (z. B. GWUP- e. V.).
Welche auch die "Faktenfinder " - Landschaft und Teile der deutschen Wikipedia dominieren. Dort ist der "Aluhut-Schwurbler"- Vorwurf schon lange Usus. Vor allem gegen solche Kritiker (einzelner Fachbereiche oder Theorien), welche die üblichen "akademische Kriterien" nicht oder nur ungenügend erfüllen und deshalb als "querulatorische Außenseiter" ausgegrenzt werden. Wobei man es mit der (akademischen) Meinungsfreiheit auch nicht so genau nimmt. In Blogs von populärwissenschaftlichen Publikationen wie z. B. "Spektrum.de" werden Letztere gerne mal unter fadenscheinigen Vorwänden offen oder heimlich ( ohne Kennzeichnung) zensiert. Berechtigterweise (?) mit Hinweis auf das "private Hausrecht" der Blogbetreiber bzw. Verlage.
Nur nebenbei:
Von den Hardcore- Skeptikern der GWUP hat sich schon vor längerer Zeit ein kleiner Dissidentenclub mit wissenschaftstheoretisch weniger orthodoxer Einstellung ( und folglich mehr Offenheit bezüglich Metaphysik oder Teilen der "Esoterik" usw.) abgespalten (Gesellschaft für Anomalistik e.V.)
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.10.2021 16:04).