Lukjanow, der Direktor des Waldai-Diskussionsclubs ist, formuliert unmissverständlich: "Die Gründe, warum die kasachische Regierung am Rande des Zusammenbruchs steht, sind heimischer Natur... ".
Es fehle ein fein ziseliertes System für den Machtwechsel zwischen den verschiedenen Gruppen ("Clans") innerhalb der politischen Oligarchie, durch das die ökonomischen Interessen der abgetretenen Gruppe weitgehend gewahrt bleiben und politischer wie ökonomischer Unmut in der Bevölkerung aufgefangen werden kann. Vorübergehende demokratische Legitimierungen, wie die Tokajews, ersetzen nicht das regulierte und akzeptierte Wechselspiel ("Machtbalance") innerhalb der Oligarchie.
Aus meiner Sicht auf die post-sowjetischen Länder kommt noch hinzu, dass die wirtschaftlich Mächtigen, die eigentlichen Oligarchen, sich an bestimmte politische Gruppen und diese wiederum sich oft an äussere Protektoren fest binden. Reibungsloser Regierungswechsel ohne Gefährdung ökonomischer Besitzstände und/oder politischer Erruption ist unter diesen Bedingungen nur schwer zu bewerkstelligen.
Der Westen ist da, darauf verweist Lukjanow, sehr viel weiter. Das Wechselspiel innerhalb der politischen Oligarchie ist eingeübt, in Deutschland sogar im Rahmen einer "Konsensdemokratie". Wer sich den wichtigsten politischen Vorgaben widersetzt, dem Narrativ des Mainstreams widerspricht, wird marginalisiert. Ansonsten bleiben die Machtverhältnisse stabil, die grundlegende Ausrichtung der Politik unverändert.
Interessant ist, dass zur Kennzeichnung solcher Staaten wie Kasachstan in westlichen Medien fast immer der Begriff "Autokratie" benutzt wird, von Oligarchie schreibt und spricht man ungern. Das könnte ja die Frage anschliessen, wie regelt das eigentlich unsere Oligarchie.