... und wundern uns, dass was nicht funktioniert.
Okay, mal ans Eingemachte: aktuell importieren wir Öl, Gas, Steinkohle. Braunkohle wird nach wie vor in Deutschland aus dem Boden gebaggert, dafür verschwinden ganze Landschaften, die aufwendig renaturiert werden müssen. Und auch Uran haben wir größtenteils importiert. Am Ende ist egal, welche Energiequelle wir anschauen: wir sind immer von irgendwem in irgendeiner Form abhängig oder haben die Sauerei direkt in der Nachbarschaft.
Es ist also NICHT FALSCH aus der Fossilverstromung auszusteigen.
Aber die Art und Weise, wie's geschehen ist bislang und wie es weiter geschehen soll, ist halt grundfalsch. Denn es gibt schlichtweg gewaltige Fehler, die in der Vergangenheit gemacht worden sind, aber die noch immer gemacht werden. Wir haben sogar das Kunststück fertig gebracht, auf eine vernünftige Risikoanalyse zu verzichten, so dass wir jetzt Forderungen im Raum stehen haben, die nur mit einem Perpetuum Mobile erfüllbar sind - also Naturgesetze und Schulphysik verletzen.
FunFact 1: wenn in einem Gebiet kein Wind weht, wird der Ertrag sich verdoppeln, wenn man neben ein Windrad ein zweites Windrad mit gleicher Maximalleistung (z.B. 5MW) aufstellt.
0 x 2 x 5MW gibt? Immernoch 0MW.
FunFact 2: mit neuen Flächen für Solarpanele werden wir die Nachtzeiten besser überstehen. Nachts scheint keine Sonne. Wir können die tagsüber anfallenden Erträge gar nicht speichern, um sie in der Nacht zu nutzen.
FunFact 3: wir KÖNNEN doch Solar- und Windenergie speichern, etwa in Pumpspeicherwerken und den E-PKW-Akkus! Natürlich könnten wir das, aber Pumpspeicherwerke decken nur rund 10 - 30 Minuten Bedarf ab, danach sind die Speicherbecken leer. Und natürlich könnte ich tagsüber den E-PKW laden und abends an der Wallbox entladen lassen, um das Netz zu stützen, aber dann ist vielleicht am nächsten Morgen der Akku leer und ich kann nicht auf Arbeit fahren. Und dann?
Unsere ganze Energiewende steht und fällt mit der Fähigkeit, regenerative Energien sinnvoll zu verwenden. Mit der Biomasse ist das einfach: Biogas & -masse wird nach Bedarf verstromt. Da der Bedarf in den Wintermonaten (November bis Februar) am höchsten ist, etwa, weil die fehlende Solarleistung ausgeglichen werden will, wäre es am intelligentesten, wenn wir möglichst nur im Winter Biogas und -masse verstromen, in den restlichen Monaten aber möglichst schonen und einbunkern für den Winter.
Bei Wind- und Sonne ist das aber eben problematisch: eigentlich müssten die Erträge kurzfristig gespeichert werden. Die unterschiedlichen Erträge könnten durch geeignete Speichermedien stabilisiert und damit deutlich kontrollierbarer ans Netz abgegeben werden. Aber wie groß muss das Speichermedium sein, welche Art ist es und wie ökonomisch und ökologisch ist es am Ende? Diese Fragen hat man in über 20 Jahren Energiewende schlichtweg nicht beantwortet. Und das fällt uns auf die Füße.
Von rund etwas mehr als 200GW installierter Kraftwerksleistung entfallen rund 140GW auf Wind- und Solarenergie. Doch nur rund 10% dieser installierten Leistung wird im Jahresmittel auch tatsächlich bereitgestellt (also rund 14GW). Bei einem Bedarf von 70GW ist das natürlich viel zu wenig. Im Sommer geht die Rechnung allgemein eher auf, man kann da teils Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. Aber im Winter geht die Rechnung praktisch NIE auf, da ist die Fossilverstromung nach wie vor die Ultima Ratio.
Quelle: Bundesumweltamt.de
Was tun?
Also ich persönlich halte einen Weg gangbar, der uns rund 75% "Erneuerbare" im Jahresmittel realisiert. Dafür brauchen wir aber Speichermöglichkeiten, die sowohl bezahlbar sind, als auch mit in Deutschland geförderten Ressourcen. Denn sonst tauschen wir ja nur eine Lieferkettenabhängigkeit gegen die andere ein und haben nichts gewonnen. Der Speicher des 21. Jahrhunderts kommt ohne umweltschädlich geförderten Ressourcen aus, hat eine hohe Speicherdichte und eine hohe, mehrere Dekaden abdeckende Lebensdauer. Den gibt es noch nicht, aber man kann ja Geld für die Erforschung bereitstellen. Der Materialforschung fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Schritt 1: Erzeugungsort und Verbrauchsort sind zu entkoppeln. Norddeutscher Wind muss in Süddeutschland nutzbar gemacht werden und süddeutscher Solarstrom in Norddeutschland. Durch den Ausgleich an Erzeugung und Lasten innerhalb der Bundesrepublik lässt sich die Effizienz der Regenerativen deutlich verbessern.
Der Aufwand ist ökonomisch überschaubar.
Schritt 2: Der Gesamtbedarf der Bundesrepublik muss durch geeignete Speicher auf 24h zwischengepuffert werden können. Die Energie dafür soll ausschließlich aus Wind und Sonne bereitgestellt werden (in den Monaten März bis Oktober). Damit kann Sonnenstrom in der Nacht genutzt werden und es können auch einige graue Tage abgedeckt werden, wenn allein aus dem Wind der Strom kommt.
Der dafür nötige Speicher existiert jedoch noch nicht und muss erst entwickelt werden. Pumpspeicherwerke sind nicht allenorts möglich, LiFePO4-Akkus und co sind viel, viel zu teuer für das Vorhaben.
Schritt 3: Akzeptanz einer Rest-Carbonisierung der Stromerzeugung. Und zwar die letzten 25% im Jahr - und sei es nur als "Backup-Leistung". Hier sollte auf Gaskraftwerke gesetzt werden: die können ggf. so eingerichtet werden, dass sie Bio-, Erd- und synthetisches Gas verstromen können. Das "synthetische Gas" kann erzeugt werden aus Kohlevergasung oder auch über Wasserstoff-Kohlenstoff-Reaktoren. Wasserstoff wird durch Wasserspaltung erzeugt und dann über Kohlenstoff geleitet, um zu einfachen Kohlenstoffverbindungen wie Methan, Ethan & co zu reagieren. Dieses Gasgemisch könnte gespeichert und später verwendet werden.
Die "Lücke" aus Erneuerbaren wird dann mit Erdgas gestopft - und die dafür nötige Akzeptanz benötigt es in der Gesellschaft.
Eine vollständige Autarkisierung der Bundesrepublik bei der Energiefrage ist gar nicht möglich und nötig. Aber falls wir aus dem europäischen Verbundnetz aussteigen wollen, ja, dann müssen wir uns über die vollständige Unabhängigkeit unterhalten, sonst geht die Rechnung schlichtweg nicht auf.