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  • Artur_B

mehr als 1000 Beiträge seit 09.09.2004

Ist doch nett

von Warren Buffet, dass er hier so bereitwilig den Laden erklärt und
für Transparenz sorgt. Er kassiert also eine Art Versicherungsprämie
für negative Aktienkurse, von welchen er hofft, dass sie nicht
eintreten. Auch hier wird nicht gezaubert, auch hier sind keine
risikolosen Gewinne einzufahren. Da die kapitalistische Wirtschaft im
allgemeinen wächst hat er Aussicht auf einen allerdings relativ
kleinen Gewinn, im weniger wahrscheinlichen Verlustfall hingegen
drohen ihm gewaltige Ausfälle.

Volkswirtschaftlich gesehen ist eigentlich nur diese Prämie von
Interesse, Warren wird mit dieser aus dem Nichts geschöpften Summe
nach weiteren profitablen Anlagemöglichkeiten suchen. Will sagen: das
Anlage-suchende Kapital ist um den Betrag der Prämie gestiegen und
hat damit beigetragen zur aktuellen Situation, in der diese Derivate
inzwischen das Zehnfache des Weltsozialprodukts ausmachen. All das
ist Kapital, das nach weiterer Anlage sucht und wenn es diese findet,
sagen wir mit einer Profitrate von zehn Prozent, muss das ganze
Weltsozialprodukt zur Bedienung dieser Rendite aufgebracht werden,
ohne dass für Gewöhnliche wie mich auch nur ein Frühstücksmüsli übrig
bleibt. Nicht eine Haferflocke. Ich schätze, man sieht mir nach, wenn
sich die Einsicht in die Notwendigkeit in Grenzen hält.

Der "Zweck" einer Krise im kapitalistischen Sinne ist einfach der,
diese Unmassen an Kapital schlichtweg zu verdampfen. Das hat dann
zwar aus dem 30. Stock springende Börsenmakler zur Folge, wie anno
1929, aber so wüst dies auch ist, es ist der Anfang der Gesundung.
Ist genügend von diesem Kapital vernichtet, so hat der Rest wieder
eine einigermaßen erträgliche Profitrate und kann weiter
wirtschaften. Unterbleibt diese Kapitalvernichtung aber, kann dies zu
einer Perpetuierung der Krise führen, in einer Weise, dass man aus
dem Krisengeschehen überhaupt nicht mehr herauskommt. Leider ist man
genau auf diesem Weg: die Rettungspakete der 2. und 3. Generation
haben genau diesen Effekt, die notwendige Kapitalvernichtung zu
unterbinden.

Insofern ist die Politik Heinrich Brünings wiederum richtig gewesen,
denn diese hat die notwendige Kapitalvernichtung besorgt. Die Folgen
waren dafür an anderer Stelle verheerend. Wenn also die
Kapitalistenwirtschaft nur noch entsetzliche Alternativen zu bieten
hat, liegt es nahe, sich nach Alternativen umzusehen.

Beispielsweise hätte der Staat den Opel-Konzern kaufen können, aber
nicht um eine Planwirtschaft aufzubauen, vielmehr um sie gleich
wieder der Belegschaft zu schenken, welche den Betrieb in Form einer
Genossenschaft zu führen hat, mit einem leitenden und gewählten
Betriebsrat. Eine solche Genossenschaft, die ich schon an anderer
Stelle vorgeschlagen habe, dürfte nicht an der Börse notiert sein,
denn die Börse ist das Instrument zur Erzwingung einer bestimmten
Profitrate und damit Wurzel allen Übels. Was passiert nun, wenn Opel
von der Börse verschwindet? Alle Derivate, die auf dieser Aktie
basieren, verlieren augenblicklich ihren Wert. Das löst zwar rote
Köpfe und wütende Anrufe aus, wodurch sich die Politik aber nicht
beeindrucken lassen sollte: der Staat mit seinen Rettungspaketen ist
derzeit einfach der Chef im Ring und kann rote Köpfe getrost in Kauf
nehmen. Die Zahl der Wählerstimmen, die das kostet, ist eh marginal. 

So könnte die notwendige Kapitalvernichtung kontrolliert ablaufen und
wir haben uns bei diesem Vorgehen auch nicht um die Systemfrage
gedrückt: es ist immer noch eine Marktwirtschaft, aber mit durchaus
sozialistischem Anspruch. 

Ein Vorschlag zur Güte, der sicher weitere rote Köpfe nach sich
zieht. Aber so sind die Zeiten nun einmal und gewisse Härten müssen
in Kauf genommen werden.

Wie ich schon sagte: kuhl sein ist aut, man eschoffiert sich wieder.
Rote Köpfe sind modern.

Gruß Artur   
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