Leider ist dir der sarkastische Unterton meines Beitrags entgangen ;o)
Die gesetzlichen Regelungen sind mir bekannt.
Dumm ist halt, dass da in der Arbeitnehmerüberlassung etliche Schlupflöcher aufgetan wurden, die das ganze mehr zu moderner Tagelöhnerei machen, indem sie, ähnlich der Scheinselbstständigkeit, einen großteil der Risiken auf den Arbeitnehmer abwälzen, der zudem in der Situation ist, dass er, nicht zuletzt aufgrund der miesen Bezahlung, auf jede Arbeitsstunde, v.a. wegen Zulagen und Überstunden, angewiesen ist.
Perfide z.B., wenn im Krankheitsfall ein minimaler "Grundlohn" bezahlt wird, meist 50-70% vom "Normallohn", der nämlich eine "Anwesenheitsprämie" für tatsächlich geleistete Arbeit beinhaltet und auf dessen Grundlage auch alle weiteren Zuschläge kalkuliert werden, die dann bei Krankheit vollständig entfallen. Wenn man dann für den Krankheitszeitraum plötzlich mit 30-50% vom sonst üblichen Geld dasteht, ist das mindestens doppelt schlimm. (Bei den Festangestellten gibt es dafür nach der Lohnfortzahlung noch monatelang Krankengeldzulage auf 100% Lohnniveau ;o) (außer im Absenkungstarifvertrag als landesgruppenspezifischer TV in Hessen ;o) ).)
Derart "leistungsbezogene Bezahlung", bis dato fast ausschließlich in AT-Positionen üblich, hat in der Zeitarbeit mittlerweile flächig Einzug gehalten, weil hier die üblichen gesetzlichen Regelungen außer Kraft gesetzt sind.
Und die Kündigung ist ja keine, wenn es sich um einen befristeten Vertrag handelt, der dann einfach nicht entfristet wird und ausläuft... ;o) Von einem Mitarbeiter, der nicht 100% Leistung erbracht hat, muss man sich halt trennen, zumal schon die nächste Brigade der vom Amt Geschickten vor der Tür steht und man noch an der Lohnspirale nach unten weiterdrehen kann...
Aber auch die Festangestellten kann man für Krankheit bestrafen, indem sie vom Betriebsarzt für ihre bisherige Stelle nicht mehr als belastbar genug eingestuft werden und zu "Leistungsgeminderten" erklärt. Setzt man sie halt auf einen möglichst niedrig eingestuften Posten, schon früher gerne Pförtnerloge oder Baustellenbewachung, wo sie dann nach kurzer Zeit (TVÖD machts möglich, weil nur noch die EG der tatsächlichen Tätigkeit gilt und nicht mehr die "erworbene", wie noch im BAT und die "Schonfrist" kontinuierlich verkürzt wird) von der EG9a in E2 zurückfallen, gerne auch unter Verlust von sämtlichen Zulagen, weil plötzlich nicht mehr Schichtarbeit etc.. Macht sich dann natürlich auch super bei der baldigen Rente...
Notfalls gibt es ja nicht umsonst so praktische Management-Seminare zum Thema "Wie kündige ich einen "Unkündbaren""...
Nicht vergessen darf man auch die immer wieder bei den AG beliebte Moralkeule - "Wenn du krank machst, müssen die anderen deine Arbeit mitmachen. Denk doch mal an die armen Kollegen, die sich dann wegen deiner Lappalie den Arsch aufreißen müssen!" ;o)
Und zu all dem schweigt der ver.di-dominierte Betriebsrat bzw. unterstützt es noch voll und ganz (so denn der kaum deutsch sprechende BR-Vertreter den Sachverhalt sprachlich überhaupt begreift...), ja, macht sogar selbst derartige Vorschläge in "Krankenrückkehrgesprächen", wo vorher noch eine einfache Wiedereingliederung im Raum stand. Dass der AN-Vertreter die Personaler mit der Nase darauf stößt, dass der AN ja seiner Tätigkeit nicht mehr gewachsen sei und deshalb eine einfachere Tätigkeit übernehmen müsse - wohlgemerkt ohne dessen Wunsch! - und deshalb auch auf Entgelt verzichten würde, habe ich leider in den letzten Jahren nicht nur am eigenen Leib, sondern auch bei etlichen Kollegen erlebt, nachdem sie mal 14 Tage wegen schwerer Erkältung daniederlagen.
Bei einem Burn-Out würde ich es ja fast noch verstehen, wenn denn auch mal der AG damit zum Nachdenken angeregt würde, dass evtl. seine Arbeitsplatzgestaltung und seine Personalführung dieses herbeigeführt haben könnten. Stattdessen wird selbst in diesem Fall auf die alleinige "Schuld" des AN verwiesen, der sich halt nicht genug "geschont" habe - bei ständigem und zunehmendem Leistungsdruck und "Arbeitszeitflexibilisierung", die nicht mal mehr vor Rückbeorderung aus dem Tarifurlaub halt macht.
Mag sein, dass ich, aufgrund reichlicher eigener negativer Erfahrungen etwas pessimistisch-fatalistisch die Sache betrachte, aber erlebt ist halt erlebt - und das beim größten Arbeitgeber in Hessen, der sich "work-life-balance" und Familienfreundlichkeit gerne auf Werbeplakate drucken lässt, aber im realen Betrieb außerhalb der Administrationsebene beim operativen Personal nichts davon umsetzt... von "diversity" mal garnicht erst angefangen.
Und um die Frage, warum ich denn überhaupt noch dort arbeite, zu beantworten:
Durch die hohe Spezifizität meiner Tätigkeit gibt es deutschlandweit nur eine Handvoll potenzieller Arbeitgeber, von denen ich, z.T. auch wieder aus eigener Erfahrung, weiß, dass es dort keinesfalls besser aussieht, zum Teil sogar noch deutlich schlimmer.
Es ist inzwischen ein generelles Problem, nicht nur dieser Branche, sondern der gesamten hiesigen Wirtschaft!
Auch, wer sich derzeit noch eines "guten" Arbeitgebers erfreut, kann sich damit keinesfalls sicher sein, dass nicht auch infolge Konkurrenzdruck, Kostenoptimierung, Betriebsübernahme, etc. seine "Konditionen" bald Schnee von gestern sind...
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (08.06.2022 14:50).