"Wagenknecht und der Linkspopulismus" - Welche konkrete Utopie hat der Autor?

Dass Wagenkecht aus linkspopulistischen Gründen eher - zum Teil recht diffuse - keynesianische oder ordoliberale Ansätze verfolgt, sehe ich auch so.

Aber: Was wäre denn die Alternative? Die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich nun mal eine Art Gulasch-Kapitalismus, es herrschen Vorstellungen von den guten Zeiten in den 70er Jahren und davor - nicht zu unrecht, den Leuten ging es damals im Schnitt weitaus besser als heutzutage. Dementsprechend herrscht der Wunsch nach einer Art "echter Sozialdemokratie", wie sich auch aus Umfragen belegen lässt, hier z.B. eine:

https://yougov.de/topics/international/articles-reports/2016/02/24/der-sozialismus-hat-deutschland-einen-besseren-ruf

Stellt sich die Frage: Wie will man denn einigermaßen kurzfristig grundlegend etwas ändern, wenn man keine breite Unterstützung in der Bevölkerung hat?

Und wenn man die haben will, muss man sich halt an den Vorstellungen orientieren, die in der Bevölkerung herrschen. Die sicherlich "linkeren" Vorstellungen des Autors sind ja schön und gut, die Frage, wie er sie durchsetzen will, bleibt er aber schuldig.

Was ist gegen einen pragmatischen Ansatz mit Erfolgsaussichten denn jetzt genau vorzubringen? Dass er keine linken Maximalforderungen erfüllt?

Wer argumentiert - das findet man häufig bei linken Intellektuellen - dass es den Leuten erst noch schlechter gehen muss, damit eine revolutionäre Situation entsteht, sollte sich vor Augen führen, dass die Leute da verständlicherweise keinen Bock drauf haben. Sie neigen dann dazu, eher pragmatische Ansätze gutzuheißen, die eine realistische Perspektive für kurzfristige Verbesserungen bietet. Wer will ihnen das verdenken? Darin - und nicht in den hochtrabend-intellektuellen Ansprüchen, die viele Linke daran stellen - drückt sich nämlich das aus, was man gemeinhin "Klassenbewusstsein" nennt: Man sieht die eigene, wirtschaftliche Situation im Vergleich zu "den Reichen", man sieht die Leute, denen es ähnlich geht wie einem selbst, und will im Verbund mit ihnen eine Verbesserung.