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Avatar von sennahoj

mehr als 1000 Beiträge seit 17.07.2001

Re: Wir unterwerfen uns gläubig dem technischen Fortschritt

abab schrieb am 08.01.2021 19:45:

Wo anfangen? Mein Standpunkt gründet sich auf dem dualistischen Verhältnis Freiheit und Notwendigkeit, im weiteren Geist und Natur.

Geist und Natur, das unterscheidest du im Sinne eines Dualismus?
Und wenn, warum eigentlich?
Ich zumindest habe kein Problem damit, dies als eine Einheit zu denken.
Ja es erscheint mir sogar weitaus schlüssiger als eine Spaltung.

Daher sehe ich in dem Verhältnis Mensch und Technik keine Symbiose im Sinne einer Zweckbeziehung. Technik sehe ich ausschließlich als Mittel, dem Menschen unterstellt.

Eine der von mir vorgeschlagenen Deutungen dieser Beziehung war ja auch noch die des Schneckenhauses, von dem die Schnecke im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte dann ebenso abhängig wurde, wie es dem Menschen im Bezug der Technik passiert ist.
Wenn man den Begriff der Technik nun ein wenig weiter fasst, kann man wohl auch von Kulturtechniken sprechen, und Sprache ist dann eine dieser Techniken.
Aber ebenso alle Praktiken, mit denen Menschen die ihnen begegnenden Herausforderungen bewältigen und ihre Erfahrungen dann als Anleitungen und Rituale tradieren.
Das geht von schmanischen Praktiken bis hin zu höherer Mathematik.
Ich erwähne das hier nur, um die Intensität mit der das Menschsein und die verschiedenen Ausformungen von Technik, schon immer untereinander vernetzt ist, in Erinnerung zu rufen.

Der Zweck ist die Fülle des Lebens,

Des Lebens, oder speziell des menschlichen Lebens?
Denn wenn hier das Leben als solches gemeint ist, so ist der Mensch in diesem ein Teilaspekt und die mit dem Menschen verbundene Technik ist es ebenso.
Provokativ könnte ich dann ja sogar sagen, dass es ebenso Zweck sein könnte, die Fülle technischen Daseins als eines Aspekts des Lebens zu fördern.
Als biologische Wesen stecken wir schließlich in einer recht engen habitablen Zone fest. Die aber aus einer anderen Art von Materie bestehenden, aktuell noch hypothetischen technischen Wesen dagegen, haben ein viel größeres Spektrum am „Lebensräumen“.
Was rechtfertigt uns einer solchen, uns nun absehbar überschreitenden Entwicklungsform deren ins All sich fortsetzenden Evolutionsprozesses nicht positiv zu begegnen?

die Verwirklichung der Gemeinschaft von Persönlichkeiten, primär realisiert durch Wahrheit, Liebe und geistig-innerliche Freiheit.

Zu dieser Gemeinschaft dann aber in unserem antropozentrischen Nazismus nur uns ähnliche biologische Daseinsformen zuzulassen, würde den hohen Idealen aber doch wohl ein wenig widersprechen.

Das ist das Gegenteil von dem, was in unserer kapitalistisch orientierten Zivilisation derzeit stattfindet: ausartender Individualismus, Vereinzelung, kommunikativ-äußerliche Gesellschaftsbeziehung, vorrangig, primär realisiert durch Zeichen, Gesetz, durch die Notwendigkeit, durch Macht und Gewalt.

Nun, der Kapitalismus ist ein bisschen wie der Golem. Ein mächtiger Prozess, der wenn ihm nur das richtige Anweisungszettelchen in den Hirnkasten gesteckt worden wäre, recht gut für die Menschen sorgen würde,
Auch dieser ist ja zuerst einmal nur eine Kulturtechnik, die in Massengesellschaften das Verteilungsproblem von Gütern und Arbeitsnotwendigkeiten organisiert.
Das diese Sozialtechnik wie eben auch jedes andere Werkzeug nun suboptimal oder gar zerstörerisch eingesetzt werden kann, ist aber den Anwendern der Technik zuzuschreiben, nicht der Technik selbst.

Symbiose in diesem Fall würde bedeuten, das der zu verwirklichende Erstanspruch des Menschen als höchste eben-bildliche, schöpferisch-dynamische (nicht statische), existentielle Idee bzw. Gestalt des Göttlichen im Menschen sich einem bloßen Mittel andienen müßte und dieses selber zum (Selbst-) Zwecke erhöbe. Das läuft der Würde des Menschen zuwider.

In dieser Aussage stecken so viele Wörter und Begriffe von denen ich keine Ahnung habe, dass ich es leider nur als einen Strom von Worten ohne definierte Bedeutung zu lese vermag.
Zum Beispiel „Das Göttliche im Menschen“ was ist das?
Und warum wird eine symbiotische Beziehung als etwas dargestellt bei dem eine der Komponenten sich zum bloßen Mittel andienen muss, ist mir nur dann nachvollziehbar, wenn das nicht symmetrisch für beide Komponenten gilt.
Alle Konstituenten einer Symbiose werden zu einem Mittel, der sie konstituierenden Einheit nicht aber eine zum Mittel der anderen.
Aber dann erinnere ich mich an die Prinzipien der Kooperation und wie diese zu all diesen „das Gesamte ist weit mehr als die Summe seiner einzelnen Teile“ Vorteilen führt, und lese weiter oben einen Satz wie: „die Verwirklichung der Gemeinschaft von Persönlichkeiten, primär realisiert durch Wahrheit, Liebe und geistig-innerliche Freiheit.“ der in meiner Lesart ja genau das zum Ausdruck bringt, was Symbiose eigentlich bedeutet. Nur halt mit dem Unterschied, dass ich dich nun so verstanden habe, dass du nur Menschen als Mitglieder dieser Gemeinschaft für zulässig hältst.
Aber was machen wir dann mit all den anderen Lebewesen? Kann denn „das Göttliche im Menschen“ deren Schicksal aus der Gemeinschaft ausklammern?
Und ist es nicht einer der offensichtlichsten Kritikpunkte am Kapitalismus, dass „er“ mit seiner ungebremsten expansiven Kraft die Gleichgewichte im ökologischen Gesamtsystem destabilisiert?
Also muss die Biosphäre in deine wohlmeinende Gemeinschaft oder wie ich es sagen würde, die planetaren Symbiosen aller biologischen Wesen, mit aufgenommen sein.
Ich würde dann aber auch noch gerne einen Platz in dieser Gemeinschaft für die Wesen der Technologie vorsehen.

Da fängt dann auch die Sklaverei an: Wir erheben im Lügenverhältnis bloße Mittel zu Zwecken,

Wenn wir das machen, dann sind wir ja selber die Sklaven und zugleich die Sklavenhalter.
Dann sollte es aber ganz leicht sein diese Sklaverei zu beenden.
Legen wir einfach die Peitsche aus der Hand.
Nur was hat das denn nun mit Technik und Wirtschaftsordnung zu tun?

die dann Macht über uns gewinnen und schließlich ausüben, weil wir uns sklavisch und vor allem sinnentfremdet bzw. sinnlos zu diesen verhalten, diesen unterordnen und den Zwecken gar totalitäre Ansprüche verleihen, zugestehen (auch der Ökonomie).

Ja das dreht sich alles heftig im Kreis.
Entweder flagelantieren wir uns selbst oder aber es ist ein geschlossener Kreis, in dem einer den Rücken des jeweiligen Vordermanns vorwärts peitscht.
Hoffen wir nur dass es das erste Bild ist.
Denn im Fall des geschlossenen Peitscherkeises, hört der Scherz ja nicht auf, wenn man selber das Peitschen beendet hat, weil die Wirkung der Entspannung muss erst einmal ganz herum laufen bis es schließlich auch bei einem selber ankommt.

Die Selbstentfremdung des Menschen führt dazu.

Wenn der Menschen sich selbst entfremdet, warum sollte ich dann davon ausgehen, dass er Würde besitzt?

Sklaverei ist eine nicht nur äußerliche, sondern auch durch einen innerlich irregeleiteten, sklavisch-außen-orientierten Geist hervorgebrachte.

Wo und wer ist hierbei das verantwortlich handelnde Subjekt?

Des Menschen angstbesetzte Desorientiertheit hält den Menschen davon ab, diesen Sklavenzustand beseitigen zu wollen.

Weist du was dagegen hilft wie das Weihwasser gegen den Teufel?
Die Wissenschaft!
Denn sie ist eine Methode mit der die Angst generierenden Schatten von den tatsächlich gefährlichen Raubtieren unterschieden werden können.
Und wenn man das zu unterschieden weiß, dann zielt man mit seinem Speer nicht mir ins Leere einer bedrohlichen Finsternis, sondern auf genau die Stelle von der die Gefahr ausgeht.

Potentiell-grundlegend ist der Mensch dazu jedoch in der Lage.

Und wo oder wie findet man nun diese Menschen, die das Potential dazu beisitzen und mehr noch dieses Potentials in die Realität umgesetzt haben?

Nicht die Technik unterwirft an sich, sie ist neutral, sondern des Menschen technikgläubiger Geist (Form der messianischen Hoffnung) zwingt ihn in die Abhängigkeit.

Ich sehe nun aber die Menschen nicht in Zwängen gefangen, sondern viel mehr in den faulen Gewohnheiten versumpfend. Und keiner von ihnen hat irgendeine messianische Hoffnung, mit der er sich in eine Abhängigkeit zur Technik zwingt, sondern was ist beobachte ist einfach nur ein konsumptives Suchtverhalten. Und immer schön schnell von der Hand in den Mund.
Es mag dann auch noch ein paar Leute geben die transhuman über den aktuellen Entwicklungsstand hinaus zu spekulieren wagen, aber ausgerechnet diesen zu unterstellen dass sie von einer messianischen Hoffnung getrieben seien ist wohl eher eine Art Projektion der eigenen traditionellen religiösen Vorstellungen, in denen die Zeit der Apokalypse ja dadurch eingeläutet wird, dass sich die falschen Propheten einen künstlichen Messias basteln. Das Bild des Tieres und so.

Und bei einem bestimmten quantitativ-qualitativen Entwicklungsgrad und entsprechender Ausrichtung ist der Mensch auch direkt den Forderungen der Technik unterworfen, um seine Lebensgrundlagen absichern zu können.

Das scheint nun aber alsbald schon der Vergangenheit anzugehören. Wenn nur noch verschwindende Anteile der zur Verfügung stehenden menschlichen Arbeit im Produktions-, Verteilungs- und Verwaltungsprozess gebraucht werden, dann ist das Gros der Menschen nur noch dem von ihnen selbst erzeugten Konsumzwang unterworfen.
Es liegt also an jedem selbst mit diesem Schlaraffenlandzustand zurecht zu kommen.
https://www.smithsonianmag.com/smart-news/how-mouse-utopias-1960s-led-grim-predictions-humans-180954423/
Die Mäuse jedenfalls hatten damit einige Schwierigkeiten.

Ganz besonders zwingend wirkt hier auch die Bevölkerungsexplosion im industriellen Zeitalter, welche vor allem auch durch dieses hervorgebracht wurde.

Ist das menschliche Leben mit seiner ihm zugesprochenen Würde nicht das höchste Gut und also viel von diesem Gut ist besser als wenig?
Also einen Prozess zu beklagen, der viele Menschen ins Dasein gebracht hat, scheint mir innerhalb dieses Wertesystems ja ein klein wenig zynisch, oder schlicht inkonsistent.

Und gerade der Kapitalismus ist die "Urmutter" des zivilisatorischen Technikwahns.

Ist das kausal oder nur eine Koinzidenz in der Entwicklung?
Also im 19 Jahrhundert ging das mit den Naturwissenschaften so richtig los und damit entstanden auch der Möglichkeiten daraus neue Techniken zu entwickeln und als Produktionsorganisation die auf der Maschinenarbeit aufbaute, bot sich der Kapitalismus bestens an.
Urmutter klingt aber doch eher so als habe der Kapitalismus die Wissenschaft und die Technik aus sich hervorgebracht.
Doch das halte ich aufgrund dessen, was ich vom historischen Ablauf weiß, nun doch für sehr fraglich.

Wir können heutzutage gar nicht mal so auf die schnelle der Technik Herr werden.

Wir sind Herr der Technik, außer die Technik wäre eine, sich selbst bestimmende Entität, also ein Golem. Aber dem müsste man ja nur das richtige Anweisungszettelchen in den Kopfkasten legen.

Die monströsen Technikkreisläufe zwingen uns allenthalben.

Zu was fühlst du dich denn gezwungen?

Die Zeit rennt uns davon auch angesichts unserer Technikfixierung: Die Lösungen für die Probleme suchen wir so immer wieder und nur in einer immer höher entwickelten Technik usw. usf.

Und wo ist denn nun das Problem, außer dass mit jeder technischen Lösung dann immer auch gleich Konsumbedürfnisse in den Menschen geweckt werden. Anstatt dass die sich auf das besinnen und dann beschränken, was ihre wahre Menschlichkeit ausmacht.

Der einzige Erfolg bestände also darin, der wahrhaften, auf Würde des Menschen beruhenden Ethik zum Erstgeburtsrecht zu verhelfen und ihr unter anderem die Technik unterzuordnen, zu unterwerfen.

Ho ho ho und „machet euch die Technik untertan!“
Da ist er ja schon wieder, dieser größenwahnsinnige alte Machtreflex, sich die Welt oder was auch immer, um eines hoh(l)en Ziels willen zu unterwerfen.
Wie wäre es denn statt dessen mal, mit ein bisschen symbiotischer Kooperation?

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