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mehr als 1000 Beiträge seit 15.02.2021

Re: Oberst Markus Reisner zeigt den völligen Realitätsverlust bei uns

Dipl.-Ing. Vorausentwicklung schrieb am 05.02.2024 22:41:

So und jetzt zu dem Unsinn im Artikel:

Markus Reisner: „Das [Waschmaschinen für Chips ausplündern] ist absolut plausibel und denkbar.“

Nein es ist völlig unplausibel – ja sogar völlig absurd.

1.) Warum soll Russland ICs auslöten die es problemlos in China neu kaufen kann?

Dazu gibt es keinen Grund. Da hast Du recht. Der Knackpunkt ist, sie werden nicht in China gefertigt, sondern in Dortmund. Die Chinesen hätten gern das ganze Werk gekauft, aber das wurde kurzfristig verhindert.

2.) Mikrocontroller und ICs können auch nur 1 zu 1 mit baugleichen oder fast baugleichen Bauteilen tauschen.

Dann sag mir mal einen Controller der laut Datenblatt Leitwerke und Triebwerke steuern kann, mit Strömen bis 45 Ampere, und zufällig in anderer Beschaltung ideal für Waschmaschinensteuerung geeignet und von der Rolle 26 Cent kostet.

Es gibt mehrere 10-tauesnd verschiedene Mikrocontroller wenn man die verschiedenen Gehäuse-Ausführungen mitrechnet.

Und es gibt genau einen, der genau passt, der getestet ist und der in die ursprüngliche Konstruktion eingeplant ist. Im Fall der russischen Raketen ist es eben ein Controller, der in Waschmaschinen steckt.

Ein typischer große Distributor für el. Bauteile (mouser.de) als hat 49-tausend verschiedene Mikrocontroller im Lieferprogramm – DSPs und reine CPUs noch nicht mitgerechnet.

Als ich das Anfang des letzten Jahres recherchiert habe, war der Controller bereits nur auf Anfrage bei Mouser zu kriegen, im folgenden halben Jahr ist er ganz vom Markt verschwunden. Das letzte was ich vor ein paar Monaten noch von ihm gefunden habe, war das Datenblatt. Ironischerweise auf einem russischen Server.

Die Wahrscheinlichkeit das eine Waschmasche in der Ukraine genau den gleichen Type hat den gerade ein russischer Panzer für die Reparatur braucht ist praktisch gleich Null

Hier bei den Chips ging es um Raketen. Russland baut ja welche, in geringen Mengen. Allerdings gerade mal so viel, dass sie gelegentlich mal welche zusammen mit ein paar Drohnen auf die Reise schicken können.

Ohne die importierten Waffen wäre Russland tatsächlich bereits am Ende. Du kannst ja mal die Meldungen daraufhin beobachten, wie viele Drohnen und wie viele Raketen Russland so einsetzt. Auf eine Rakete kommen zwölf bis fünfzehn Importdrohnen.

Markus Reisner: „Über 70 Prozent aller weltweit erzeigten Standardhalbleiter werden von der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) produziert.
Bei den Hochleistungshalbleitern liegt die Rate sogar bei 90 Prozent.“

Nein -- TSMC ist die größte "foundery" aber die haben bei weitem keine 70% Marktanteil am Halbleitermarkt.

TSMS hat je nach Quelle 50 bis 70 Milliarden USD Jahresumsatz (TSMC im eng. Wikipedia).
Der Weltmarkt für Halbleiter ist ca.gut 500 Milliarden USD groß (laut statistika) und fast alles davon sind übliche „Standart-Produkte“.
Der Weltmarktanteil von TSMC liegt somit bei vielleicht 15%.

Bei Hochleistungshalbleitern hat TSMC auch keine 90% Weltmarktanteil, Samsung-Halbleiter ist fast genauso groß wie TSMC und es gibt noch mehrere weiter Hersteller von „Hochleistungshalbleitern“.

Reisner hat sicherlich nicht die allesumfassende Glaskugel, wenn es darum geht, zu sagen was wird. Aber er hat das Wissen um zu sagen was ist. Militärisch...

Was Elektronik angeht, nun ja, ich schriebs ja gerde wie es war und warum ELMOS ihre Fabrik nicht nach China verkaufen durfte. Das kanst du von einem Militär auch nicht verlangen.

Im Prinzip stimmt das ja:

Markus Reisner: „Sie sind dual verwendbar, d. h. man kann mit dem richtigen Werkzeug einen Halbleiter aus einem Staubsaugerroboter ausbauen und in die Feuerleitanlange eines Panzers einbauen.“

Nein – siehe oben. Die Wahrscheinlichkeit das ein Panzer und ein Staubsaugerroboter genau den gleichen Mikrocontroller Type und Gehäuse haben ist ca. 1 zu 10-tausend.

Nicht der Panzer selbst, aber eine seiner Baugruppen. Und das ist durchaus vorstellbar. Lagesensoren, Beschleunigungssensoren, Steuerungen, ...

Der Chip aus der Miele kann zum Beispiel die Steuerung einer Waffe übernehmen. Der startet dann beim Systemstart einmal die Drehsteuerung und ist dann kalibriert und kann auf das Grad genau justiert werden.

Außerdem sind „consumer-grade“ Bauteile in „Haushaltsgeräten“ in einen viel niedrigeren „Qualität-Neiveau“ – was vor allem bei den zulässigen Temperaturen auffällt.

Anmerkung Typische Qualitätsniveaus – Qualität aufsteigend:

Consumer-grade, industrial grade, automotive grade (AEC-Q100), military-grade.

Das ist einfach nur Unsinn – man kann keinen Halbleiter aus Haushaltsgeräten ausschlachten und damit dann Feuerleit-Rechner in einem Panzer reparieren.

Im Datasheet stand auch eine MilSpec, und natürlich macht so ein Chip nicht den Feuerleitrechner. Aber er steuert eine der Funktionen.

Markus Reisner: 28 nm Halbleiter reichen aber für den Bedarf der derzeit verwendeten russischen Rüstungsgüter, wie z.B. Marschflugkörper, ballistische Raketen oder Kampfflugzeuge, völlig aus.

Der grundsätzliche „Denkfehler“ ist nur auf Strukturbreiten und Rechenleistung zu sehen.
Die Optimierung der Software und die Entwicklung der Algorithmen ist entscheidend viel wichtiger.

Damit hast du als Integrator nicht viel mit zu tun. Du hast deine I/O, mit denen du kommunizierst und du hast deine Ansteuerung für die Leistungselektronik und noch mal I/O für die Sensoren.

Beispiele:
C++ (nativ compiliert) und Java (bytecode für JVM) liegen oft Faktor 5 in der Geschwindigkeit auseinander.
Schlecht Optimierung für Cache-Strategie bei Mehrkern-Rechnern kann schnell fast alle Vorteil der zusätzlichen Rechenkerne vernichten.
Optimale Algorithmen können um ein vielfaches schneller sein als einfachere Lösungen.

Bist Du sicher, dass Du wirklich ein Verständnis für die Hintergründe dieses Themas entwickelt hast?

Für die technische „Konkurrenzfähigkeit“ der russischen Rüstungstechnik ist die Kompetenz der Software-Entwickler und der Nachrichtentechniker sowie Mathematiker usw. welche die Algorithmen entwickeln viel entscheidender als die Rechenleistung an sich.

Die Fachleute waren die Ersten, die sich in Richtung Westen entwickelt haben. Mit einer ungeahnten Performance.

So und damit sind wir bei dem Kern des Problems.

Der Realitätsverlust und die Selbstüberschätzung der "westlichen" Elite und Bevölkerung.

China hat heute schon genauso-viel Industrie-Produktion wie EU und USA zusammen.
Es erreicht zunehmend auch die technologische Führung, siehe z.B. Huawei als G5-Mobilfunkt Anbieter, BYD und CATL-Akkutechnik usw.

Soso, China. Na, das ist ja ganz eng am Thema.

Russland hat 74 Millionen Arbeitnehmern --Akademiker-Anteil über 50%.

Die Vorstellung das der Chinese nur kopieren kann und der Russe immer nur am saufen ist führt in die völlig Abkopplung von der Realität.

Bei den Chinesen bin ich mir nicht so sicher, denn ich denke, das Erziehungssystem verhindert Kreativität, so dass von den Chinesen zwar Perfektion zu erwarten ist, aber keine Innovation. Aber zurück nach Russland. (Nebenbei sind auch hier Änderungen im Erziehungssystem zu beobachten, die ein gehäuftes Auftreten von Kreativität nicht erwarten lassen.)

Was wurde uns am Anfang des Krieges noch so alles erzählt ?

Genau : "Russland wird wirtschaftlich kollabieren" (O-Ton Baerbock)

Da hat sie recht, Russlands Produktion war bisher schon nicht wirklich berauschend und wenn mal was funktionierte, stand Siemens oder Krupp drauf. Vieles davon zerfällt nun mangels Ersatzteilen, sogar eine von wenigen Raffinerien die in Russland Treibstoff für den Binnenmarkt und den Export produziert. Der Export ist wegen Mangel bereits abgestellt. Welche Zukunft hat ein Land in dem sich Panzer und Traktoren um Diesel balgen müssen?

Wenig bis keine Produktion von marktfähigen Produkten, als einzige Einnahmequelle ein Rohstoff, der gerade aus der Mode kommt, eine mickrige Volkswirtschaft vergleichbar zu Belgien, und die nächsten fünfzig Jahre Kriegsrenten, Waisenrenten, Versehrtenrenten und weitere Spätkosten am Bein. Russland ist auf dem besten Wege, die Worte von Frau Baerbock zu bestätigen.

Sommer 2022: "in wenigen Wochen geht Russland die Munition aus" (britischer Geheimdienst)

Tatsächlich wächst die russische Wirtschaft 2023 mit ca. +3,5% (IWF-Prognoes 2024 +2,4%) und das russische Herr hat offensichtlich Munition im Überfluss.

Stell Dir einfach mal vor, Russland hätte keine Importe, der Iran liefert keine Drohnen und Drohnenbausätze. Wie ruhig wäre es dann jetzt in der Ukraine. Eine, zwei Raketen am Tag und ansonsten Ruhe...

Auch die russische Artillerie verschießt im Moment nur halb so viel wie noch vor einem Jahr.

Die russische Wirtschaft ersetzt mit chinesischen Herstellern und Lieferanten was vorher in der EU gekauft wurde -- die Annahme der "der Westen" wirtschaftlich unersetzbar ist stimmt seit Jahren schon nicht mehr.

Ja, prima. Dann gehört das Gold, das Putin angehäuft hat, über kurz oder lang China. Der Osten Russlands vielleicht auch, so bis zum Ural. Ihre Karten werden ja bereits umgezeichnet.

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