Der Autor scheint an Anhänger der technokratischen Idee zu sein, dass
die Vernetzung an sich das Heil bringen wird. Doch mit dieser
Einstellung unterliegt er bei der Betrachtung der Wechselwirkungen
zwischen realer und virtueller Gesellschaft genauso einer verkürzten
Sichtweise wie die Politiker, die er kritisiert. Den Unterschied
macht hier lediglich das Vorzeichen.
Politiker sind der Überzeugung, das Internet sei durch seine Inhalte
von sich aus böse. Hier hat der Autor recht, wenn er sagt, dass es
lediglich ein Spiegel der realen Gesellschaft darstellt, die sich
ihren Weg in dieses Netzwerk bahnt. Die Politik weigert sich oder ist
unfähig, die Quelle für den negativen Anteil der Entwicklung zu
sehen.
Leider kann sich, wie schon erwähnt, ebenso Herr Kleinwächter nicht
von dieser Eindimensionalität lösen. Das beginnt schon mit der
gewagten These, dass sich das Internet "[...] nicht für ideologische
Grabenkämpfe [eigne]." Bereits diese Aussage mit ihren nachgestellten
näheren Ausführungen ist jedoch eine solche Kampfansage. Die Frage,
wer über die Zukunft des Internet entscheiden soll, kann sehr wohl
Teil einer ideologischen Auseinandersetzung sein.
Der Autor möchte diese Verantwortung da sehen, wo fachliche
Kompetenz, soziale Verantwortung, etc. zu Hause sind. Einen
basisdemokratischen Ansatz, wie ihn die vielgepriesene Vernetzung
aller mit allen schon von sich aus anbietet, kann er damit nicht
meinen, da man ansonsten davon ausgehen müsste, dass er die für diese
Verantwortung geforderten Kompetenzen bei allen oder zumindest einer
deutlichen Mehrheit der Bürger voraussetzt.
Leider entsteht an dieser Stelle ein nicht auflösbarer Konflikt, denn
Herr Kleinwächter fordert einen Entwicklungsprozess von unten, d.h.
ausgehend von den einzelnen Menschen. Seine Unterscheidung nach
mündigen Bürgern, Experten, Unternehhmern und Politikern zeigt, dass
ihm einerseits ein demokratischer Ansatz vorschwebt, jedoch kein
basisdemokratischer. Die Trennung nach einfachen Bürgern und für
jeweils ein Ressort zuständigen Vertretern bestärkt dies, denn in
einem basisdemokratischen Ansatz wäre diese Unterteilung sinnlos, da
jeder eine Stimme hat, ganz egal, was er zu einem Thema weiß oder
nicht.
Sinn macht diese Differenzierung nur in einem demokratischen Ansatz,
der die Bildung von spezialisierten Interessengruppen mit
einschließt. Die fachlichen Experten informieren die Bürger über
technische Möglichkeiten und Grenzen, die Unternehmer teilen mit, wie
sie sich die Finanzierung von dem ganzen Spass vorstellen und die
Politik vertritt ganz allgemein die Interessen derer, die sie gewählt
haben. (Auf die Konflikte in Hinsicht Wähler und Interessenvertretung
gehe ich an dieser Stelle bewußt nicht ein, da dies vom Thema
ablenken würde. Entsprechende "ha ha, von wegen
Volksvertreter"-Kommentare kann natürlich jeder bringen. Ich gehe
aber nicht darauf ein.)
In seiner ganzen Kritik am Umgang des bestehenden Systems mit der
Frage nach der Entwicklung des Internet scheint dem Autor zu
entgehen, dass der von ihm vorgebrachte Entwurf eigentlich nur eben
dieses System nachzeichnet, wenn auch in idealisierter Form. Hier
besteht der eigentliche Konflikt. Herr Kleinwächter spricht den
existierenden Instutitionen die Fähigkeit ab, die schon längst
anstehenden Fragen zu beantworten, was sicher wahr ist. Gleichzeitig
entwirft er jedoch ein "Gegenkonzept" das nur oberflächlich
betrachtet anders ist.
Interessenverbände der Wirtschaft agieren auch schon heute auf diesem
Feld. Sie haben jedoch kein altruistisches Interesse an der Vision
der vernetzten Menschheit, wie es der angebliche neue Entwurf
erfordern würde. Wie diese wirtschaftlich orientierte Selbstlosigkeit
zu erreichen wäre, bleibt offen. Expertenverbände gibt es, man sehe
sich den CCC an, ebenfalls schon. Das Problem heute ist, dass die
Politik diese Berater nicht ernst nimmt, wodurch der Kanal zum Wähler
fehlt. Der Autor sieht die fachlichen Experten in seinem System
jedoch offensichtlich ohne die Politik als Mittler. Wie Piraten oder
eben CCC an die Bürger in der Masse ohne eine solche Plattform
herankommen sollen, ist mir ein Rätsel.
In einer Welt, in der alle online sind, wäre dies vielleicht machbar.
Es wird jedoch noch lange und vielleicht sogar auch immer Menschen
geben, die nicht in einem Maße partizipieren, als dass sie auf eine
Vermittelung der Inhalte verzichten könnten. Und ja, auch diejenigen,
die eben nicht explizit als Mitglieder der Internet-Community gelten
dürfen und müssen mit entscheiden, wo es in Zukunft hin geht, denn
Gesellschaft und Internet befinden sich in einem Gefüge von
gegenseitiger Abhängigkeit und Beeinflussung.
Herr Kleinwächter macht den Fehler, die bisherige Politik wegen
Unfähigkeit als Mittler zwischen Fachgruppen und dem Bürger ersetzen
zu wollen, ohne jedoch einen patenten Ersatz anbieten zu können.
Technik und Vernetzung an sich sind kein Allheilmittel, da bei einem
basisdemokratischen Ansatz einzelne Experten im großen Geschrei
ungehört untergehen und außer wenigen sowieso schon kompetenten
Teilnehmern die Masse der Bürger uninformiert bleibt. Der Autor
scheint trotz aller Widersprüche erkannt zu haben, dass
Interessengruppen notwendig sind, denn bei aller Kritik an
uninteressierten Wählern ist es nun mal eine Kernaufgabe der
Demokratie, dass man die Ideen, für die man Stimmen haben will, zu
denen bringen muss, die diese Stimmen besitzen.
Herr Kleinwächters Kritik am alten System macht im Grunde nichts
anderes, als diese Tatsache anzuerkennen. Er schafft es jedoch gerade
deswegen nicht, sich grundsätzlich vom existierenden Pluralismus zu
lösen. Stattdessen setzt er das vorhandene Gefüge unter der Vorgabe
einer idealisierten Mitwirkung aller am großen Ziel neu zusammen.
Ideale haben nur eben das Problem, dass es nicht darum gehen kann,
diese zu erreichen. Ihr Sinn besteht darin, sich daran zu orientieren
und in einer bestimmten Richtung hin zu verbessern. Von einer
radikalen neuen Idee kann man somit nicht gerade sprechen.
Zusätzlich hat der Ansatz des Autors die angesprochene Schwäche, die
Politik als Mittler zwischen Experten und Bürgern auszuschalten oder
zumindest zurückzunehmen. Als Ersatz bietet er wage das
End-to-End-Prinzip des Internet an. Dass er mit diesem Vorschlag jene
Teile der Gesellschaft vom Prozess der Meinungsbildung ausschließt,
die zwar von den Auswirkungen betroffen jedoch nicht Teil der
virtuellen Gesellschaft sind, scheint er nicht zu bemerken.
In einer freien, pluralistischen Gesellschaft müssen wir akzeptieren,
dass auch Leute auf unserem vermeintlichen Expertengebiet
mitentscheiden, die davon eigentlich keine Ahnung haben. Somit ist es
zwar frustrierend, wenn unwissende Bürger über die Kinderschänder und
Killerspiele im Netz schwadronieren. Man kann es ihnen jedoch nicht
verbieten. Die einzige Möglichkeit ist, sie abzuholen und
umzustimmen.
die Vernetzung an sich das Heil bringen wird. Doch mit dieser
Einstellung unterliegt er bei der Betrachtung der Wechselwirkungen
zwischen realer und virtueller Gesellschaft genauso einer verkürzten
Sichtweise wie die Politiker, die er kritisiert. Den Unterschied
macht hier lediglich das Vorzeichen.
Politiker sind der Überzeugung, das Internet sei durch seine Inhalte
von sich aus böse. Hier hat der Autor recht, wenn er sagt, dass es
lediglich ein Spiegel der realen Gesellschaft darstellt, die sich
ihren Weg in dieses Netzwerk bahnt. Die Politik weigert sich oder ist
unfähig, die Quelle für den negativen Anteil der Entwicklung zu
sehen.
Leider kann sich, wie schon erwähnt, ebenso Herr Kleinwächter nicht
von dieser Eindimensionalität lösen. Das beginnt schon mit der
gewagten These, dass sich das Internet "[...] nicht für ideologische
Grabenkämpfe [eigne]." Bereits diese Aussage mit ihren nachgestellten
näheren Ausführungen ist jedoch eine solche Kampfansage. Die Frage,
wer über die Zukunft des Internet entscheiden soll, kann sehr wohl
Teil einer ideologischen Auseinandersetzung sein.
Der Autor möchte diese Verantwortung da sehen, wo fachliche
Kompetenz, soziale Verantwortung, etc. zu Hause sind. Einen
basisdemokratischen Ansatz, wie ihn die vielgepriesene Vernetzung
aller mit allen schon von sich aus anbietet, kann er damit nicht
meinen, da man ansonsten davon ausgehen müsste, dass er die für diese
Verantwortung geforderten Kompetenzen bei allen oder zumindest einer
deutlichen Mehrheit der Bürger voraussetzt.
Leider entsteht an dieser Stelle ein nicht auflösbarer Konflikt, denn
Herr Kleinwächter fordert einen Entwicklungsprozess von unten, d.h.
ausgehend von den einzelnen Menschen. Seine Unterscheidung nach
mündigen Bürgern, Experten, Unternehhmern und Politikern zeigt, dass
ihm einerseits ein demokratischer Ansatz vorschwebt, jedoch kein
basisdemokratischer. Die Trennung nach einfachen Bürgern und für
jeweils ein Ressort zuständigen Vertretern bestärkt dies, denn in
einem basisdemokratischen Ansatz wäre diese Unterteilung sinnlos, da
jeder eine Stimme hat, ganz egal, was er zu einem Thema weiß oder
nicht.
Sinn macht diese Differenzierung nur in einem demokratischen Ansatz,
der die Bildung von spezialisierten Interessengruppen mit
einschließt. Die fachlichen Experten informieren die Bürger über
technische Möglichkeiten und Grenzen, die Unternehmer teilen mit, wie
sie sich die Finanzierung von dem ganzen Spass vorstellen und die
Politik vertritt ganz allgemein die Interessen derer, die sie gewählt
haben. (Auf die Konflikte in Hinsicht Wähler und Interessenvertretung
gehe ich an dieser Stelle bewußt nicht ein, da dies vom Thema
ablenken würde. Entsprechende "ha ha, von wegen
Volksvertreter"-Kommentare kann natürlich jeder bringen. Ich gehe
aber nicht darauf ein.)
In seiner ganzen Kritik am Umgang des bestehenden Systems mit der
Frage nach der Entwicklung des Internet scheint dem Autor zu
entgehen, dass der von ihm vorgebrachte Entwurf eigentlich nur eben
dieses System nachzeichnet, wenn auch in idealisierter Form. Hier
besteht der eigentliche Konflikt. Herr Kleinwächter spricht den
existierenden Instutitionen die Fähigkeit ab, die schon längst
anstehenden Fragen zu beantworten, was sicher wahr ist. Gleichzeitig
entwirft er jedoch ein "Gegenkonzept" das nur oberflächlich
betrachtet anders ist.
Interessenverbände der Wirtschaft agieren auch schon heute auf diesem
Feld. Sie haben jedoch kein altruistisches Interesse an der Vision
der vernetzten Menschheit, wie es der angebliche neue Entwurf
erfordern würde. Wie diese wirtschaftlich orientierte Selbstlosigkeit
zu erreichen wäre, bleibt offen. Expertenverbände gibt es, man sehe
sich den CCC an, ebenfalls schon. Das Problem heute ist, dass die
Politik diese Berater nicht ernst nimmt, wodurch der Kanal zum Wähler
fehlt. Der Autor sieht die fachlichen Experten in seinem System
jedoch offensichtlich ohne die Politik als Mittler. Wie Piraten oder
eben CCC an die Bürger in der Masse ohne eine solche Plattform
herankommen sollen, ist mir ein Rätsel.
In einer Welt, in der alle online sind, wäre dies vielleicht machbar.
Es wird jedoch noch lange und vielleicht sogar auch immer Menschen
geben, die nicht in einem Maße partizipieren, als dass sie auf eine
Vermittelung der Inhalte verzichten könnten. Und ja, auch diejenigen,
die eben nicht explizit als Mitglieder der Internet-Community gelten
dürfen und müssen mit entscheiden, wo es in Zukunft hin geht, denn
Gesellschaft und Internet befinden sich in einem Gefüge von
gegenseitiger Abhängigkeit und Beeinflussung.
Herr Kleinwächter macht den Fehler, die bisherige Politik wegen
Unfähigkeit als Mittler zwischen Fachgruppen und dem Bürger ersetzen
zu wollen, ohne jedoch einen patenten Ersatz anbieten zu können.
Technik und Vernetzung an sich sind kein Allheilmittel, da bei einem
basisdemokratischen Ansatz einzelne Experten im großen Geschrei
ungehört untergehen und außer wenigen sowieso schon kompetenten
Teilnehmern die Masse der Bürger uninformiert bleibt. Der Autor
scheint trotz aller Widersprüche erkannt zu haben, dass
Interessengruppen notwendig sind, denn bei aller Kritik an
uninteressierten Wählern ist es nun mal eine Kernaufgabe der
Demokratie, dass man die Ideen, für die man Stimmen haben will, zu
denen bringen muss, die diese Stimmen besitzen.
Herr Kleinwächters Kritik am alten System macht im Grunde nichts
anderes, als diese Tatsache anzuerkennen. Er schafft es jedoch gerade
deswegen nicht, sich grundsätzlich vom existierenden Pluralismus zu
lösen. Stattdessen setzt er das vorhandene Gefüge unter der Vorgabe
einer idealisierten Mitwirkung aller am großen Ziel neu zusammen.
Ideale haben nur eben das Problem, dass es nicht darum gehen kann,
diese zu erreichen. Ihr Sinn besteht darin, sich daran zu orientieren
und in einer bestimmten Richtung hin zu verbessern. Von einer
radikalen neuen Idee kann man somit nicht gerade sprechen.
Zusätzlich hat der Ansatz des Autors die angesprochene Schwäche, die
Politik als Mittler zwischen Experten und Bürgern auszuschalten oder
zumindest zurückzunehmen. Als Ersatz bietet er wage das
End-to-End-Prinzip des Internet an. Dass er mit diesem Vorschlag jene
Teile der Gesellschaft vom Prozess der Meinungsbildung ausschließt,
die zwar von den Auswirkungen betroffen jedoch nicht Teil der
virtuellen Gesellschaft sind, scheint er nicht zu bemerken.
In einer freien, pluralistischen Gesellschaft müssen wir akzeptieren,
dass auch Leute auf unserem vermeintlichen Expertengebiet
mitentscheiden, die davon eigentlich keine Ahnung haben. Somit ist es
zwar frustrierend, wenn unwissende Bürger über die Kinderschänder und
Killerspiele im Netz schwadronieren. Man kann es ihnen jedoch nicht
verbieten. Die einzige Möglichkeit ist, sie abzuholen und
umzustimmen.