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  • Leser2015

492 Beiträge seit 19.11.2015

Geht es rechtlich nicht um ganz typische Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine?

Sofern die Ukraine in Deutschland nicht als sicheres Herkunftsland gilt, sollten – genau wie im Jahre 2015 im Syrien-Fall – zumindest alle Nichtmilitärs durch die Genfer Flüchtlingskonvention (https://www.unhcr.org/dach/de/services/faq/faq-genfer-fluechtlingskonvention) vor einer Abschiebung geschützt sein, was aus meiner Sicht als Nichtjurist mit dem individuellen Recht auf Asyl überhaupt nichts zu tun hat. Bei aktiven Soldaten, die sich im Heimatland womöglich strafbar gemacht haben, etwa der im vorliegenden Artikel erwähnte US-Soldat André Shepherd aus einem supersicheren Herkunftsland, käme allerdings höchstens ein Asylanspruch in Frage.

Daneben kennt auch Deutschland für solche Fälle ein Wehrstrafgesetz, das nach § 16 WStG (https://www.gesetze-im-internet.de/wstrg/__16.html) eine Fahnenflucht mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ahndet oder nach § 15 WStG (https://www.gesetze-im-internet.de/wstrg/__15.html) eine länger als drei Tage andauernde eigenmächtige Abwesenheit mit bis zu drei Jahren Haft; gemäß Anne Losensky am 12.01.2017 in der Bild befassen sich deutsche Gerichte regelmäßig mit beiden Normen (https://www.bild.de/regional/berlin/berlin/fuer-die-liebe-wurde-ein-soldat-der-truppe-untreu-49735524.bild.html). Die Ukrainer sind jedoch Zivilisten!

Ein dauerhafter Mangel an Wehrfähigen kann in der Ukraine übrigens kaum vorliegen, denn zumindest bisher »blieben Männer unter 27 Jahren vom Kampfeinsatz ausgenommen. Die Jugend soll weiterleben. Stattdessen muss die Generation ihrer Väter in die Schützengräben. Das Durchschnittsalter der ukrainischen Soldaten beträgt 42 Jahre.« (Ivo Mijnssen am 11.03.2024 in der NZZ – https://www.nzz.ch/international/ukraine-krieg-mobilisierung-als-politische-und-wirtschaftliche-schicksalsfrage-ld.1820618) Dies widerspricht der sonst in Kriegen üblichen Praxis geradezu diametral, in denen sehr junge Männer nicht zuletzt deshalb gern eingezogen werden, weil sie häufiger als ältere noch ungebunden sind und seltener einen wichtigen Job oder Kinder haben; in der Ukraine wird vieles eigentümlich anders geregelt.

Und legt man für Schätzungen auch jenen NZZ-Artikels zugrunde, so sind auf ukrainischer Seite etwa 50.000 Gefallene und, ähnlich wie in vergleichbaren Kriegen, vielleicht dreimal so viele Verwundete zu vermuten, wodurch maximal 200.000 Ukrainer als Soldaten zumindest temporär hinsichtlich der Kampfhandlungen neutralisiert worden wären, während es »in der Ukraine weiterhin ein Mobilisierungspotenzial von von 7 bis 8 Millionen Mann« (Mijnssen) geben soll, womit an anderer Stelle auch der ukrainische Journalist Denis Trubetskoy zitiert wird (https://www.srf.ch/news/international/mobilmachung-fuer-den-krieg-wie-will-die-ukraine-zusaetzliche-450-000-soldaten-rekrutieren); um die wenigen ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Deutschland kann es angesichts solcher Zahlen kaum gehen. Das ist nur eine Scheindebatte!

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