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  • Exilholsteiner

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Kühnert ist die Fortsetzung von Nahles mit anderen Mitteln

Captain Data schrieb am 10.02.2020 10:37:

Wie soll nun so einer für den einfachen Bandarbeiter sprechen und dessen Interessen vertreten können, wenn er dessen Lebenswirklichkeit nicht kennt? Kühnert hat von der Erwerbsarbeit soviel Ahnung wie der Papst vom Eheleben, das hindert letzteren aber nicht daran, "Tipps" zu geben. Der Papst steht aber einer erfolgreicheren Institution vor (so 'ne Milliarde Menschen?), während über der SPD bereits die Geier kreisen. Wenn der Papst also was sagt, fällt das auf viele aufmerksame Ohren. Wenn Herr Kühnert was sagst, klatschen die Claquere im Takt, während außerhalb des Willie-Brandt-Hauses die abhängig Beschäftigten ungläubig den Kopf schütteln.

Im Prinzip gebe ich Dir Recht, aber ich würde das nicht an Kevin Kühnert festmachen wollen. Das Grundproblem der SPD ist, dass sie völlig dem Neoliberalismus verfallen ist und da anscheinend nicht mehr rauskommt. Ich möchte das vor allem an drei Punkten festmachen.

Da ist zum einen der Umstand, dass in unserem Land alles Mögliche und Unmögliche über die Sozialversicherung finanziert wird, was wiederum überproportional Arbeitnehmer trifft und dazu führt, dass Freiberufler, Beamte und andere aus den oberen Schichten überhaupt keinen Beitrag leisten müssen. Das sozialpolitische SPD-Urgestein Rudolf Dressler wurde nicht müde, auf seine Partei einzudreschen, weil das CSU-Projekt Mütterrente aus den Rentenversicherungsbeiträgen finanziert werden sollte, obwohl die Versorgung von nicht beitragszahlenden Müttern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wäre. Die Krankenversicherung der Flüchtlinge ist ebenfalls ein Zuschussgeschäft für die Beitragszahler, aber nicht für Personen, die nicht gesetzlich versichert sind.

Die SPD hat den Neoliberalismus so verinnerlicht, dass sie bis heute nicht merkt, dass "Lenkungsabgaben" wie eine CO2-Abgabe eben auch überproportional die unteren Schichten trifft. Sie ist unfähig zu erkennen, dass der nach reiner kapitalistischer Lehre bestehende Lenkungseffekt nur dann eintritt, wenn man untragbare soziale Folgen in Kauf nimmt, etwa dass ärmere Leute, die zur Miete wohnen und gar keine Möglichkeit haben, sich eine staatlich geförderte neue Heizung anzuschaffen, eben nur noch unzureichend oder gar nicht heizen. Die unteren Schichten profitieren auch nicht im mindesten von staatlichen Subventionen wie der Kaufprämie von E-Autos, weil sie nicht die Kohle haben, den Kaufpreis für einen Neuwagen hinzublättern, mal ganz abgesehen dass sie auch keine Möglichkeit haben, sich eine Ladestation zu bauen.

Der dritte Punkt betrifft die Tradition der SPD als Arbeitnehmerpartei. Das war sie mal, vor über 100 Jahren. Inzwischen ist die SPD eine Partei, die mutwillig das Streikrecht einschränkt, damit Nicht-DGB-Gewerkschaften wie die Gewerkschaft der Lokführer nicht mehr zum Streik aufrufen können. Der Hintergrund für die Eisenbahnerstreiks dieser Gewerkschaft ist, dass die damalige DGB-Gewerkschaft Transnet unter ihrem Chef Norbert Hansen Anfang des Jahrtausends per Tarifvertrag für Lokführer Hungerlöhne, die bei sieben Euro irgendwas anfingen, vereinbart hatte. Dass die Lokführer sich nicht von einer DGB-Gewerkschaft, deren Chef dann einen fliegenden Wechsel auf die andere Seite in den Bahnvorstand gemacht hat, verarschen lassen und eine neue Gewerkschaft gründen, sollte bei einer Arbeitnehmerpartei an sich auf Begeisterung und Unterstützung treffen. Aber nein, kleinen Alternativgewerkschaften wurde das Streikrecht durch ein "Tarifeinheitsgesetz" beschnitten. Verantwortliche Bundesministerin: Die spätere SPD-Vorsitzende Andrea Nahles.

Wenn man Kühnert vor der Mitgliederbefragung über die neuen SPD-Vorsitzenden gehört hat, dann konnte für kurze Zeit (so ca. 1,3 Sekunden) Hoffnung aufkommen, dass da möglicherweise ein Merkprozess begonnen hat. Nach Kühnerts Talkshowauftritten der letzten Zeit muss man aber zu dem Schluss kommen, dass er auch nur ein weiterer schleimiger Berufspolitiker ist, der sich nahtlos in die Reihe von Apparatschiks einreiht, die die SPD seit Jahrzehnten prägen.

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