Braman schrieb am 20.04.2023 18:11:
Und sein Bich liest sich (für mich) wie ein Fahrplan der letztem 30 Jahre US-Aussenpolitik in Europa.
Na ja, was heisst denn schon Fahrplan in diesem Zusammenhang ? Als der Kalte Krieg mit dem Zusammenbruch der SU endete, hatte zum damaligen Zeitpunkt keiner wirklich damit gerechnet, und es hatte auch keiner einen Plan wie's denn dann weiter gehen sollte.
Da waren die US nun mal plötzlich die einzig verbliebene Weltmacht. Und mussten irgendwas draus machen. Wenn man sich so anschaut welcher Blödsinn in dieser Zeit veröffentlicht wurde, angefangen vom 'Ende der Geschichte' bis zu diversen Veröffentlichungen von Mearsheimer in dieser Zeit, dann kriegt man eine Vorstellung wie verwirrt da tatsächlich alle waren. Der Müll wurde ja ernsthaft diskutiert.
Insofern denke ich eben, wer halbwegs bei klarem Verstand geblieben ist, und da zähle ich Brzezinski dazu, dem war klar, dass die internationale Ordnung grundsätzlich in Gefahr war, wenn die Ordnungsprinzipien, die seit dem Ende des 2. Weltkriegs bestanden haben, plötzlich weggefallen sind.
Brzezinski hat die Situation erkannt und mögliche Konsequenzen und Handlungoptionen beschrieben. Aber er hat die Situation nicht geschaffen. Sowenig wie er den Handlungsbedarf und die Handlungsoptionen der damaligen Administration beeinflusst hat. Deshalb passen eben manche seiner Analysen und Prognosen, manche nicht.
Realpolitik orientiert sich viel mehr an unmittelbaren Rahmenbedingungen und Zwängen als an grossen Plänen. In Demokratien erst recht. Da sorgen schon die Wahlperioden dafür, dass jeder langfristige Plan ernste Modifikationen erlebt wenn eine neue Administrationen gewählt wird.