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Avatar von luky
  • luky

mehr als 1000 Beiträge seit 06.11.2000

Realitätsverlust

Grundsätzlich bin ich mit dem Autor sehr einig, dass Schuldzuweisungen in einem Lösungsvorschlag nicht wirklich weiter helfen. Die Vorschläge selbst halte ich weitgehend für sinnvoll und realistisch – also an der Realität orientiert.

Aber würden solche Vorschläge tatsächlich auf dem Tisch liegen, würde Russland eine hochrangige Verhandlungsdelegation vorbereiten, Europa wäre zutiefst zerstritten und die USA – wer weiss. Heute eine kategorische Ablehnung, morgen eine Liste weiter gehender Forderungen und übermorgen ein "Fuck You! Haha!"-Tweet?

Oder – um es diplomatischer auszudrücken: Die Hindernisse auf dem Weg zu einer Einigung sind ziemlich ungleich verteilt. Dass die USA kein Interesse an einer guten Beziehung zwischen Europa und Russland haben, ist vermutlich das Grösste davon.

Ich finde den Artikel, wie gesagt "timely and relevant", aber ich kann auch die Kritik aus dem Forum nachvollziehen. Es ist hier selbstverständlich bei jedem russischen Manöver von Krieg zu reden, und gleichzeitig die von der NATO hinterlassene Blutspur durch drei Kontinente restlos auszublenden.

Ausblenden ist sowieso der Lieblingssport unserer Medien: Afghanistan beispielsweise, neulich jemand was davon gehört? Da hungern jetzt Zivilisten, weil die westlichen Sanktionen ja nur die Taliban treffen – und nicht die Zivilisten, die wir vor den Taliban schützen.

Oder Syrien? Zehn Jahre grausamster, hybrider Krieg und ein unglaubliches Ausmass an von Medien verbreiteten Lügen, die historisch belegt, aber noch nicht aufgearbeitet sind. Um neben den Giftgasvorwürfen noch zwei weitere Beispiele zu nennen: Während CIA und Pentagon Islamisten ausbilden und bewaffnen erzählen unsere Medien, dass in Syrien keine bewaffneten Islamist sind.

Und als sie von der Präzision der US-Angriffe schwärmten, wurden gleichzeitig dermassen rücksichtslos Zivilisten bombardiert, dass sich die CIA-Agenten schockiert zeigten und der zuständige Air-Force auf dem Dienstweg versuchte, Einhalt zu gebieten. Bis er es schliesslich als Teil des Jobs akzeptierte.

Aktuelles Statement von Bashar al-Jafari übrigens:
»He added that the decision of the Syrian leadership, the Syrian Army and people is to end the Turkish occupation of parts in the north and north western side, to end the US occupation of parts in the north and south-eastern side and to work for regaining the Syrian Golan from the Israeli occupation.

Al-Jaafari went on to say that Syria considers the Palestinian cause as its central cause, adding that Syria reaffirms its principled stance in support of the Palestinian people.«
http://www.sana.sanasyria.org/en/?p=258655

Aber letztlich sind das Themen, die wir aufarbeiten müssen und nicht wirklich in eine Sicherheitsdiskussion mit Russland gehören. Aber die wahrgenommene Realität formt die Diskussion, und so kommt es zu Sätzen wie:
»Hierbei kann die massive Überlegenheit der NATO im konventionellen Waffenbereich dazu führen, dass Russland im Falle militärischer Unterlegenheit Nuklearwaffen einsetzt.«

Erstens ist es deutlich zu kurz gegriffen, vom Budget auf die Wehrfähigkeit zu schliessen. (s.a. Yemen, Afganistan) Und zweitens: Hat die NATO einen Plan, falls China und Iran auch mitmachen wollen? Nicht so wichtig?

gruss. luky

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