Im Unterschied zu vielen Foristen halte ich demographische Prognosen durchaus für sinnvoll und teilweise machbar: Bevölkerungsentwicklung folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten, die man durchaus aus verschiedenen Standpunkten untersuchen kann.
Der erste Fehler ist allerdings, dass man das Fehler- oder Konfidenzintervall nicht erwähnt.
Es sollte etwa heißen "Wir erwarten 7.8 - 9.8 Mrd mit Wahrscheinlichkeit von 90 %."
(ähnliche Konfidenzintervalle sind in der Klimaforschung bei besseren Präsentationen eine Selbverständlichkeit.)
Der nächste Fehler ist das Fehlen von Vergleich mit anderen älteren Studien, auf die Foristen zu Recht hinweisen: Rückblick, wie gut und wie schlecht welche Prognosen waren.
Viel wichtiger ist aber die Darstellung von Kontext und Annahmen. Meine Vermutung ist, dass in der Studie (wieder einmal) nur die Eigendynamik in Betracht gezogen wurde und nicht etwa äußere Parameter wie:
* anwachsende Umweltprobleme, Epidemien
* Harte politische Entwicklungen wie Wirtschaftskrisen, Krieg oder Bürgerkrieg
* fehlende Ressourcen oder Rohstoffe.
Zum letzten Punkt: die Produktivität der heutigen industriellen Landwirtschaft beruht zu großen Teilen auf dem Erdöl. Wenn man zB für die Traktoren mit Biotreibstoffen aus biologischem Anbau (ohne synthetischen Dünger & Pestiziden) benutzen muss, fällt die Produktivität fast auf vorindustrielle Niveaus zurück, laut folgender Studie (auf frz): https://www.youtube.com/watch?v=6Dyc_Ubp8E8
Anderes Beispiel: 2018 hat die europäische Landwirtschaft wegen der Hitzewelle eine Einbuße von 8 % erlitten. Viel Spaß für 2050, ganz zu schweigen von 2100 ...
[edit: die Hitzewelle hat viele andere Probleme mit sich gebracht : https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%BCrre_und_Hitze_in_Europa_2018]
Vernünftiger erscheinen mir die Prognosen von "Limits of Growth" oder theshiftproject.org: 1-2 Mrd
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (16.07.2020 10:54).