joribo schrieb am 10.06.2023 13:01:
staatlich-privater Kapitalismus. Genau das ist es.
Bis 2013 hätte ich Dir zugestimmt
Tagesschau und Bildzeitung versuchen krampfhaft das Mythos von der kommunistischen Diktuatur aufrechtzuhalten. Es wird zum Selbstgänger. Wenn man "kommunistisch..." hört denkt man automatisch an "...Diktatur".
Zum Einen: China besteht selber darauf kommunistisch zu sein
Zum Anderen: Es gibt genauso kapitalistische Diktaturen - was es nicht besser macht.
Ähnlich wie die Christen es geschafft haben durch jahrzehntelange Propaganda "buddhistische Sekte" als Schlagwort zu etablieren. Beschäftigt man sich mit der Geschichte des Buddhismus in Asien, wird man feststellen dass es gar keine Sekten gibt sondern nur länderspezifische Entwicklungen.
Ich denke, das Beispiel trifft es nicht.
Solche Schreiberlinge haben wohl noch nicht gemerkt dass Mao Tsedong bereits seit 1975 tot ist und die nachfolgenden Regierungen längst die Kombination von Privatwirtschaft mit staatlicher Lenkung der grundsätzlichen und landesweiten Belange aufgebaut haben.
In der Zwischenzeit haben ziemlich viele Schreiberlinge gemerkt, dass mit Xi wieder ein anderer Wind weht.
- Neue Ideologie "Xi Jinpings Gedankens über den Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter"
- Ideologische Säuberung unter der Tarnung einer Antikorruptionskampagne - die aber weder Xi noch seine Freunde getroffen hat - sondern nur andere Fraktionen
- Aushebelung des Prinzips der 2 Amtzeiten, das nach Maos Exzessen eingeführt wurde
- Ausdehnung chinesischer Gebietsansprüche im südchinesischen Meer
- Aggressive Politik gegenüber Taiwan
Es ist sogar so dass China in vieler Hinsicht neoliberalistischer ist als Zentraleuropa.
Auch da gibt es rückläufige Tendenzen. Siehe Erziehungslager für vorlaute Milliardäre oder die teilweise Zerstörung der Nachhilfeindustrie
https://www.rnd.de/politik/china-zerschlaegt-seinen-boomenden-nachhilfesektor-nachhilfe-soll-kein-geschaeftsmodell-mehr-sein-NKW2CPL4BNBJ3LGBZG5KXKC6CU.html
Etwa die Raubkopien oder die IC's die man mit der dicken Lötlampe aus alten Computern auslötet, neu stempelt und als neu verkauft. Sowas sind die negativen Seiten eines ungebremsten neoliberalistischen Kapitalismus.
Ein Teil des Problems, dass so lange ignoriert wurde, wie die Regierung wirtschaftliche Vorteile daraus gezogen hat.
Die sogenannte "kommunistische" Partei versteht dieses Wort auf chinesisch als "kommun, gemeinsam, gemeinschaftlich". Demzufolge ist die KP ein Sammelbecken diverser Interessen, vom Ökofreak über Industrielle zum Alt-Sozialisten.
Das Problem ist aber. Die kommunistische Partei ist ein exklusiver Club vom dem 93% der Bevölkerung ausgeschlossen sind. Mitgliedschaft nur auf Einladung.
Im Moment sind viele soziale Belange noch geprägt von der ehemals sozialistischen Staatsform, etwa preiswerte Gesundheitsvorsorge, um Grössenordungen besser als in Finnland.
Du sprichst von Taiwan? In den größeren Städten der VR China dürfte sich die Gesundversorgung durchaus an europäische Standards angleichen, aber auf dem Land sieht das noch völlig anders aus. Und es gibt immer noch einen Medizintourismus aus der VR China als Privatpatienten z.B. nach Kliniken in Deutschland.
Oder ein stabiles Rentensystem, besser als in Deutschland.
Das wage ich zu bezweifeln. Das Rentenniveau ist im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten deutlich niedriger als in Deutschland. Und in China schlägt auch die demographische Keule zu, die die Finanzierung aus der Umlage massiv erschwert.
Als ich mal wieder vom Festland nach Macao fuhr, um mir meinen Stempel zu holen wegen Visa, einmal im Monat, war da ein grosses Plakat aufgehängt von der KP. Ich habe es fotografiert und nachher meine Sekretärin gefragt was denn da draufsteht. Es war "Wir müssen die Grundwerte des Sozialismus verteidigen und aufrechthalten". So weit ist China also schon in den Kapitalismus abgedriftet dass viele Angst haben um die elementaren Werte eines Sozialsystems.
Solche und ähnliche Sprüche gibt es da kontinuierlich seit der Gründung der VR China. Oder soetwas z.B.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/china-xi-jinping-kommunistische-partei-chef-amtszeit?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
Da steht übrigens "Chinesischer Luft und Raumfahrt Traum"
Oder auch hier mal wieder typischer Personenkult
https://ca-times.brightspotcdn.com/dims4/default/44ff6af/2147483647/strip/true/crop/3736x2491+0+0/resize/1200x800!/format/webp/quality/80/?url=https%3A%2F%2Fcalifornia-times-brightspot.s3.amazonaws.com%2F43%2Fcc%2Fccd9ce855edd1bbd5e8b1078ac81%2Ff290f84e369c4af5a450df8b54e828d1
Und noch ein Wort zum "Chinaschrott". Was hier in Zentraleuropa als Billigprodukt auftaucht, Bohrschrauber oder Kreischsäge, alles aus Plastik und billig, ist NICHT RELEVANT für die Industrie Chinas.
Es ist - noch - ein großer Teil der chinesischen Industrie
China kann Schnellzüge bauen die sicher und landesweit mit 350 km/h fahren, wie der TGV. Und zum Mond fliegen. Das könnte man mit Billigproduken nicht.
Wobei manche Kerntechnologien - wie z.B. bestimmte Prozessoren, Leittechnik, Triebwerke noch nicht in China hergestellt werden. Ich will hier die chinesischen Leistungen nicht kleinreden, aber von dem Zustand, dass China alle Komponenten im eigenen Land - außer Du rechnest Taiwan jetzt schon dazu - herstellen kann ist China noch ein paar Jahre entfernt.
Bei ihrem Vorzeigeflieger Comac C919 stammen noch 40% der Komponenten aus westlichen Ländern - und es sind nicht die Nieten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Comac_C919#Internationale_Zusammenarbeit
Die schlechte Qualität der chinesischen Billigsachen erklärt sich einfach aus dem Marktsegment. Man verkauft über den niedrigen Preis jedem Opa seine Kreissäge obwohl der schon einen Fuchsschwanz hat der ihm völlig reicht für sein Kelleregal.
Ja, es gibt einen Markt dafür - und manche sind so blöd es zu kaufen
Die völlig absorden Phantasiegeschichten mit "kommunistischer Diktatur" oder "Menschenrechtsverletzungen", von selbsternannten Weltpolizisten stets vorgebracht, vernebeln den Blick auf die Wirklichkeit.
Nein - es ist ein Teil des Systems. Das allerdings erst zuschlägt, wenn Du Dich öffentlich gegen die Partei stellst.
Da Du selber anscheinend über keine eigenen chinesisch Kenntnisse verfügst, wird Dir wohl auch manches an chinesischer Propaganda im chinesischen Fernsehen entgangen sein - die Auslandssender von CCTV sind da etwas moderater
Ich war da 3 Jahre und das war eine der besten Zeiten meines Lebens. Wäre gerne ausgewandert.
Ich war auch schon öfter in China und als Besucher kannst Du da durchaus ein wunderbares Leben führen. Außer Du versuchst vielleicht eine Mini Demo auf dem Tienanmen Platz in Beijing :-)
Aber schon mal darüber nachgedacht, warum Du nicht einwandern darfst?