sehr witzig...habe ich eben gelesen ...umfangreich, aber man kann
noch mehr geld verlieren als mit dem einsturz von WTC - und mit
weniger aufwand...und niemand geht dabei drauf...also direkt
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,259739,00.html
"Schatzkarte für Terroristen"
Ein US-Student hat die verwundbarsten Stellen des Datennetzes
ermittelt. Nun gilt er als Sicherheitsrisiko. Seine Doktorarbeit soll
nicht veröffentlicht werden - aus Angst vor Anschlägen.
Die Leidenschaft von Sean Gorman gilt den Lebensadern der
Informationsgesellschaft. Ihr Blut besteht zwar nur aus Lichtblitzen;
dennoch transportieren diese Adern das wichtigste Kapital des
Online-Planeten: Daten.
Ausgerechnet wegen seiner Leidenschaft für Glasfaser-Netzwerke, die
sich wie Spinnweben übers Land legen, musste sich Gorman aus ihnen
ausklinken.
Schuld daran sind jene geheimnisvollen Männer, mit denen er vor
wenigen Monaten in einem abhörsicheren Raum zusammensaß. Als Gorman
ihnen von seiner Doktorarbeit erzählte, wurden ihre Mienen immer
ernster.
Seit jenem konspirativen Treffen ist der Computer des 29-Jährigen
weder ins World Wide Web eingeloggt noch ins interne Netz seiner Uni,
der George Mason University nahe Washington. "Die Herren haben mir
dringend dazu geraten", berichtet Gorman. "Sonst könnte jemand in das
Computersystem einbrechen und die Daten meiner Doktorarbeit klauen."
Die Geheimdienstagenten wollten noch mehr: Gormans Arbeitsplatz
befindet sich inzwischen in einem fensterlosen Raum mit Wänden aus
schweren Betonplatten. An der Tür gibt es ein Schloss mit Zahlencode.
"Er sollte seinen Doktortitel bekommen, und dann sollten sie sein
Werk schnell verbrennen."
"Wo dieser Raum genau liegt, darf ich nicht verraten", sagt Gorman
und drosselt instinktiv die Lautstärke seiner sonoren Stimme.
Schließlich sei er kein normaler Geografiestudent mehr: "Ich bin
jetzt ein Sicherheitsrisiko." Denn die Fragestellung seiner
Doktorarbeit lautet, wissenschaftlich nicht ganz korrekt
wiedergegeben: Angenommen, ich wäre ein Terrorist - an welchen
Stellen müsste ich das Datennetzwerk zerstören, um Staat und
Wirtschaft möglichst viel Schaden zuzufügen.
Gorman muss der Antwort sehr nahe gekommen sein - anders ist die
hektische Reaktion der Sicherheitsbehörden nicht zu erklären. "Er
sollte die Arbeit seinem Professor zeigen, seinen Doktortitel
bekommen, und dann sollten sie das Werk schnell verbrennen", meint
Richard Clarke, der den US-Präsidenten bis vor kurzem in Fragen des
Cyberterrorismus beraten hat.
Das Glasfasernetz ist das Nervensystem jedes modernen Landes. Durch
die Kabel fließen nicht nur E-Mails und andere Internet-Daten. "Die
machen nur rund fünf Prozent des Gesamtverkehrs aus", erklärt Gorman.
Der Großteil der Datenmenge ist noch weitaus sensibler: der
Finanztransfer der Banken, die Verkehrsleitsteuerung, Signale für die
Strom- und Wasserversorgung, geheime Militärinformationen. Alle diese
Daten werden in Bits verwandelt und dann per Lichtblitz durch die
Glasfasern gejagt.
Bislang konzentrierte sich die Sorge von Staat und Wirtschaft vor
allem auf Computerviren, die Rechner lahm legen. Oder auf Hacker, die
in die Systeme von Banken und Ministerien einbrechen. "Dabei wurde
übersehen", erklärt Gorman, "dass die virtuelle Welt eine ganz reale,
materielle Struktur hat: nämlich die Kabel selber - und die lassen
sich notfalls auch mit einer Heckenschere zerschneiden."
Im Zimmer seines Professors - dem einzigen Ort, wo er noch Besucher
empfangen darf - zeigt er zur Verdeutlichung eine grobe Skizze seiner
Datenlandkarte auf einem Plasmabildschirm. "Wir haben uns
verpflichtet, nicht mehr zu verraten", entschuldigt sich Gorman.
Auf den ersten Blick sieht das Bild aus wie ein Wust aus
Lichterketten an einem Weihnachtsbaum: Die orangefarbenen Kerzen sind
die Knotenpunkte des Glasfasernetzes, die schwarzen Kabel verbinden
sie.
Gorman lässt die komplexe Struktur von seinem Laptop Schicht um
Schicht abtragen, und das Chaos weicht klaren Mustern. Für fast jede
Branche hat Gorman das dazugehörige Datennetz ermittelt, auf dem sich
die jeweiligen Unternehmen austauschen: für die Stromversorger,
Einzelhandelsketten, die Gasindustrie.
"Sie alle besitzen eigene Kapazitäten im Glasfasernetz und sind kreuz
und quer verbunden", erläutert Gorman und liefert ein Beispiel: Wegen
einer Großveranstaltung steigt in einer Stadt der Stromverbrauch.
Über das Glasfasernetz fordert das Elektrizitätsunternehmen mehr
Erdgas für sein Kraftwerk an. "Daraufhin öffnet die Leitstelle des
Gasversorgers mit einem Computerbefehl, der natürlich auch über das
Netz geht, die Leitung und lässt mehr Brennstoff zum Kraftwerk
strömen."
Gorman wäre kein guter Geograf, wenn er diese Netzwerke am Ende nicht
genau dort verortet hätte, wo sie auch in der Realität entlanglaufen:
über Brücken, durch Tunnel, unter Bürgersteigen und in
Kanalisationen. Bestes Beispiel sind die Brücken New Yorks, auf denen
sowohl Autos als auch Daten von und nach Manhattan fließen.
Wo ein Strang verlegt ist, fügen die Telekommunikationsfirmen der
Einfachheit halber noch einen nächsten hinzu. "Das ist effizient,
macht das Netz aber auch verwundbar", warnt Gorman und verdeutlicht
dies anhand einer Karte von New York. Auf dem Bildschirm zeichnen
sich rote Linien ab. Sie schlängeln sich über den Hudson ins Zentrum
Manhattans und verästeln sich dann so wild wie die Arterien in einer
Lunge. Hätten ihm die Geheimdienste das nicht verboten, könnte Gorman
nun auf die Adresse einer Bank klicken, die sich am Wegesrand eines
dieser Datentaue befindet - und augenblicklich würde offenbar, wie
sie an das Datennetz angebunden ist.
Genau das hat er vorgeführt, als er seine Arbeit vor den
Sicherheitschefs einer großen US-Bank präsentierte. Per Mausklick
öffnete er ein Fenster auf dem Computer, und die Namen von 25
Telekommunikationsprovidern erschienen, über die diese Bank ihren
Geld- und Wertpapiertransfer abwickelt. "Milliardensummen, Tag aus,
Tag ein", so Gorman.
Peinlich berührt schaute die Truppe von Bankern drein, als Gorman
offenbarte, dass er sein Kartenwerk allein aus frei zugänglichen
Quellen wie dem Internet oder von Kartografie-Unternehmen
zusammengestellt hatte. Die perplexen Finanzmenschen schlugen vor,
ihm den Laptop beim Hinausgehen sicherheitshalber abzunehmen.
Software berechnet Folgen von Anschlägen
Die Brisanz seiner Arbeit steckt jedoch nicht nur darin, dass damit
das Datennetz exakt lokalisiert werden kann. Gorman hat zudem eine
Software geschrieben, mit der sich für jeden in seiner Karte
ausgewiesenen Ort berechnen lässt, welche Folgen ein Anschlag dort
hätte. "So können wir ein Ranking der verwundbarsten Stellen im
Datennetz erstellen."
Wer sich an einem x-beliebigen Glasfaserkabel zu schaffen macht, wird
meist nur einen begrenzten Schaden anrichten. "Das Netzwerk ist ja
dafür ausgelegt, bei einer lokalen Unterbrechung genügend
Ausweichwege bereitzuhalten", erklärt er.
Doch auch ein einzelner Störfall kann unangenehme Folgen haben: Ein
bei Bauarbeiten durchtrenntes Kabel der Flugsicherung am New Yorker
LaGuardia Airport beeinträchtigte tagelang den Luftverkehr. Und der
Brand in einem Eisenbahntunnel in Baltimore im Jahr 2001 verursachte
erhebliche Verzögerungen im Internet-Verkehr der Region.
Böse Erinnerungen an den 11. September
Nicht zuletzt der Terroranschlag auf das World Trade Center war ein
Anschauungsereignis: Erst sechs Tage nach dem Anschlag konnte die
Börse an der Wall Street ihre Arbeit wieder aufnehmen - beim Einsturz
des Wolkenkratzers waren auch viele Glasfaserkabel im Untergrund
gekappt worden.
Wer den Datenverkehr noch effektiver stören will, müsste an mehreren,
geschickt ausgewählten Punkten angreifen. "Wo genau, das ließe sich
mit meiner Software ganz gut ausfindig machen", sagt Gorman. So
könnten gleichzeitig der Verkehr, die Stromversorgung und der
Geldtransfer für Tage zusammenbrechen. Die Schäden würden schnell in
die Milliarden gehen.
Dass von der George Mason University, einer idyllisch in eine
Parklandschaft eingebetteten Hochschule, Gefahr für die nationale
Sicherheit ausgehen könnte, hatte zuerst die "Washington Post"
erkannt: Eine "Schatzkarte für Terroristen" lagere dort an der School
of Public Policy.
Bis zu den Anschlägen vom 11. September hatte sich kaum jemand für
die Forschungsarbeit von Sean Gorman interessiert, weder
Geheimdienste noch seine Kommilitonen. Auf Partys hatte er längst
aufgegeben, von seiner Doktorarbeit zu erzählen. "Ich wollte die
Leute nicht langweilen", erinnert er sich.
"Das Bluten der Wirtschaft geht weiter"
Drei Wochen nachdem er an der George Mason University mit seiner
Forschungsarbeit begonnen hatte, stürzten die Türme des World Trade
Center ein; auf einmal redete jeder über die Sicherheit der Nation.
Das fürsorgliche Augenmerk in der eigens gegründeten
Super-Sicherheitsbehörde Department of Homeland Security richtete
sich bald auch auf die Infrastruktur des Datenverkehrs. Im Dezember
2001 etwa tauchte ein Video mit dem lächelnden Konterfei Osama Bin
Ladens auf. "Das Bluten der Wirtschaft geht weiter", sagte er darin
in Anspielung auf die Schäden des Angriffs, "aber sie braucht weitere
Schläge." In bildhaftem Arabisch orakelte er darüber, "die Gelenke"
dieser Wirtschaft ausfindig machen zu wollen. Waren damit auch die
Glasfaserkabel gemeint?
Die Weltpolitik hat Gormans Studentenidylle reichlich auf den Kopf
gestellt. Plötzlich hält er Vorträge, und seine Zuhörer sind keine
Akademiker mehr, sondern Chefs aus großen Konzernen. Dem plötzlichen
Rummel versucht er, sooft es geht, zu entkommen. Er setzt sich dann
in seinen Jeep und fährt zum Potomac, wo sein Ruderboot liegt.
Noch immer passiert es ihm dabei, dass er auf dem Weg zum Fluss in
eine falsche Straße biegt. Sein Orientierungssinn sei nicht gerade
gut ausgeprägt, gesteht er: "Weil ich mich häufig verlaufen habe, war
ich schon als Kind so fasziniert von Karten."
noch mehr geld verlieren als mit dem einsturz von WTC - und mit
weniger aufwand...und niemand geht dabei drauf...also direkt
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,259739,00.html
"Schatzkarte für Terroristen"
Ein US-Student hat die verwundbarsten Stellen des Datennetzes
ermittelt. Nun gilt er als Sicherheitsrisiko. Seine Doktorarbeit soll
nicht veröffentlicht werden - aus Angst vor Anschlägen.
Die Leidenschaft von Sean Gorman gilt den Lebensadern der
Informationsgesellschaft. Ihr Blut besteht zwar nur aus Lichtblitzen;
dennoch transportieren diese Adern das wichtigste Kapital des
Online-Planeten: Daten.
Ausgerechnet wegen seiner Leidenschaft für Glasfaser-Netzwerke, die
sich wie Spinnweben übers Land legen, musste sich Gorman aus ihnen
ausklinken.
Schuld daran sind jene geheimnisvollen Männer, mit denen er vor
wenigen Monaten in einem abhörsicheren Raum zusammensaß. Als Gorman
ihnen von seiner Doktorarbeit erzählte, wurden ihre Mienen immer
ernster.
Seit jenem konspirativen Treffen ist der Computer des 29-Jährigen
weder ins World Wide Web eingeloggt noch ins interne Netz seiner Uni,
der George Mason University nahe Washington. "Die Herren haben mir
dringend dazu geraten", berichtet Gorman. "Sonst könnte jemand in das
Computersystem einbrechen und die Daten meiner Doktorarbeit klauen."
Die Geheimdienstagenten wollten noch mehr: Gormans Arbeitsplatz
befindet sich inzwischen in einem fensterlosen Raum mit Wänden aus
schweren Betonplatten. An der Tür gibt es ein Schloss mit Zahlencode.
"Er sollte seinen Doktortitel bekommen, und dann sollten sie sein
Werk schnell verbrennen."
"Wo dieser Raum genau liegt, darf ich nicht verraten", sagt Gorman
und drosselt instinktiv die Lautstärke seiner sonoren Stimme.
Schließlich sei er kein normaler Geografiestudent mehr: "Ich bin
jetzt ein Sicherheitsrisiko." Denn die Fragestellung seiner
Doktorarbeit lautet, wissenschaftlich nicht ganz korrekt
wiedergegeben: Angenommen, ich wäre ein Terrorist - an welchen
Stellen müsste ich das Datennetzwerk zerstören, um Staat und
Wirtschaft möglichst viel Schaden zuzufügen.
Gorman muss der Antwort sehr nahe gekommen sein - anders ist die
hektische Reaktion der Sicherheitsbehörden nicht zu erklären. "Er
sollte die Arbeit seinem Professor zeigen, seinen Doktortitel
bekommen, und dann sollten sie das Werk schnell verbrennen", meint
Richard Clarke, der den US-Präsidenten bis vor kurzem in Fragen des
Cyberterrorismus beraten hat.
Das Glasfasernetz ist das Nervensystem jedes modernen Landes. Durch
die Kabel fließen nicht nur E-Mails und andere Internet-Daten. "Die
machen nur rund fünf Prozent des Gesamtverkehrs aus", erklärt Gorman.
Der Großteil der Datenmenge ist noch weitaus sensibler: der
Finanztransfer der Banken, die Verkehrsleitsteuerung, Signale für die
Strom- und Wasserversorgung, geheime Militärinformationen. Alle diese
Daten werden in Bits verwandelt und dann per Lichtblitz durch die
Glasfasern gejagt.
Bislang konzentrierte sich die Sorge von Staat und Wirtschaft vor
allem auf Computerviren, die Rechner lahm legen. Oder auf Hacker, die
in die Systeme von Banken und Ministerien einbrechen. "Dabei wurde
übersehen", erklärt Gorman, "dass die virtuelle Welt eine ganz reale,
materielle Struktur hat: nämlich die Kabel selber - und die lassen
sich notfalls auch mit einer Heckenschere zerschneiden."
Im Zimmer seines Professors - dem einzigen Ort, wo er noch Besucher
empfangen darf - zeigt er zur Verdeutlichung eine grobe Skizze seiner
Datenlandkarte auf einem Plasmabildschirm. "Wir haben uns
verpflichtet, nicht mehr zu verraten", entschuldigt sich Gorman.
Auf den ersten Blick sieht das Bild aus wie ein Wust aus
Lichterketten an einem Weihnachtsbaum: Die orangefarbenen Kerzen sind
die Knotenpunkte des Glasfasernetzes, die schwarzen Kabel verbinden
sie.
Gorman lässt die komplexe Struktur von seinem Laptop Schicht um
Schicht abtragen, und das Chaos weicht klaren Mustern. Für fast jede
Branche hat Gorman das dazugehörige Datennetz ermittelt, auf dem sich
die jeweiligen Unternehmen austauschen: für die Stromversorger,
Einzelhandelsketten, die Gasindustrie.
"Sie alle besitzen eigene Kapazitäten im Glasfasernetz und sind kreuz
und quer verbunden", erläutert Gorman und liefert ein Beispiel: Wegen
einer Großveranstaltung steigt in einer Stadt der Stromverbrauch.
Über das Glasfasernetz fordert das Elektrizitätsunternehmen mehr
Erdgas für sein Kraftwerk an. "Daraufhin öffnet die Leitstelle des
Gasversorgers mit einem Computerbefehl, der natürlich auch über das
Netz geht, die Leitung und lässt mehr Brennstoff zum Kraftwerk
strömen."
Gorman wäre kein guter Geograf, wenn er diese Netzwerke am Ende nicht
genau dort verortet hätte, wo sie auch in der Realität entlanglaufen:
über Brücken, durch Tunnel, unter Bürgersteigen und in
Kanalisationen. Bestes Beispiel sind die Brücken New Yorks, auf denen
sowohl Autos als auch Daten von und nach Manhattan fließen.
Wo ein Strang verlegt ist, fügen die Telekommunikationsfirmen der
Einfachheit halber noch einen nächsten hinzu. "Das ist effizient,
macht das Netz aber auch verwundbar", warnt Gorman und verdeutlicht
dies anhand einer Karte von New York. Auf dem Bildschirm zeichnen
sich rote Linien ab. Sie schlängeln sich über den Hudson ins Zentrum
Manhattans und verästeln sich dann so wild wie die Arterien in einer
Lunge. Hätten ihm die Geheimdienste das nicht verboten, könnte Gorman
nun auf die Adresse einer Bank klicken, die sich am Wegesrand eines
dieser Datentaue befindet - und augenblicklich würde offenbar, wie
sie an das Datennetz angebunden ist.
Genau das hat er vorgeführt, als er seine Arbeit vor den
Sicherheitschefs einer großen US-Bank präsentierte. Per Mausklick
öffnete er ein Fenster auf dem Computer, und die Namen von 25
Telekommunikationsprovidern erschienen, über die diese Bank ihren
Geld- und Wertpapiertransfer abwickelt. "Milliardensummen, Tag aus,
Tag ein", so Gorman.
Peinlich berührt schaute die Truppe von Bankern drein, als Gorman
offenbarte, dass er sein Kartenwerk allein aus frei zugänglichen
Quellen wie dem Internet oder von Kartografie-Unternehmen
zusammengestellt hatte. Die perplexen Finanzmenschen schlugen vor,
ihm den Laptop beim Hinausgehen sicherheitshalber abzunehmen.
Software berechnet Folgen von Anschlägen
Die Brisanz seiner Arbeit steckt jedoch nicht nur darin, dass damit
das Datennetz exakt lokalisiert werden kann. Gorman hat zudem eine
Software geschrieben, mit der sich für jeden in seiner Karte
ausgewiesenen Ort berechnen lässt, welche Folgen ein Anschlag dort
hätte. "So können wir ein Ranking der verwundbarsten Stellen im
Datennetz erstellen."
Wer sich an einem x-beliebigen Glasfaserkabel zu schaffen macht, wird
meist nur einen begrenzten Schaden anrichten. "Das Netzwerk ist ja
dafür ausgelegt, bei einer lokalen Unterbrechung genügend
Ausweichwege bereitzuhalten", erklärt er.
Doch auch ein einzelner Störfall kann unangenehme Folgen haben: Ein
bei Bauarbeiten durchtrenntes Kabel der Flugsicherung am New Yorker
LaGuardia Airport beeinträchtigte tagelang den Luftverkehr. Und der
Brand in einem Eisenbahntunnel in Baltimore im Jahr 2001 verursachte
erhebliche Verzögerungen im Internet-Verkehr der Region.
Böse Erinnerungen an den 11. September
Nicht zuletzt der Terroranschlag auf das World Trade Center war ein
Anschauungsereignis: Erst sechs Tage nach dem Anschlag konnte die
Börse an der Wall Street ihre Arbeit wieder aufnehmen - beim Einsturz
des Wolkenkratzers waren auch viele Glasfaserkabel im Untergrund
gekappt worden.
Wer den Datenverkehr noch effektiver stören will, müsste an mehreren,
geschickt ausgewählten Punkten angreifen. "Wo genau, das ließe sich
mit meiner Software ganz gut ausfindig machen", sagt Gorman. So
könnten gleichzeitig der Verkehr, die Stromversorgung und der
Geldtransfer für Tage zusammenbrechen. Die Schäden würden schnell in
die Milliarden gehen.
Dass von der George Mason University, einer idyllisch in eine
Parklandschaft eingebetteten Hochschule, Gefahr für die nationale
Sicherheit ausgehen könnte, hatte zuerst die "Washington Post"
erkannt: Eine "Schatzkarte für Terroristen" lagere dort an der School
of Public Policy.
Bis zu den Anschlägen vom 11. September hatte sich kaum jemand für
die Forschungsarbeit von Sean Gorman interessiert, weder
Geheimdienste noch seine Kommilitonen. Auf Partys hatte er längst
aufgegeben, von seiner Doktorarbeit zu erzählen. "Ich wollte die
Leute nicht langweilen", erinnert er sich.
"Das Bluten der Wirtschaft geht weiter"
Drei Wochen nachdem er an der George Mason University mit seiner
Forschungsarbeit begonnen hatte, stürzten die Türme des World Trade
Center ein; auf einmal redete jeder über die Sicherheit der Nation.
Das fürsorgliche Augenmerk in der eigens gegründeten
Super-Sicherheitsbehörde Department of Homeland Security richtete
sich bald auch auf die Infrastruktur des Datenverkehrs. Im Dezember
2001 etwa tauchte ein Video mit dem lächelnden Konterfei Osama Bin
Ladens auf. "Das Bluten der Wirtschaft geht weiter", sagte er darin
in Anspielung auf die Schäden des Angriffs, "aber sie braucht weitere
Schläge." In bildhaftem Arabisch orakelte er darüber, "die Gelenke"
dieser Wirtschaft ausfindig machen zu wollen. Waren damit auch die
Glasfaserkabel gemeint?
Die Weltpolitik hat Gormans Studentenidylle reichlich auf den Kopf
gestellt. Plötzlich hält er Vorträge, und seine Zuhörer sind keine
Akademiker mehr, sondern Chefs aus großen Konzernen. Dem plötzlichen
Rummel versucht er, sooft es geht, zu entkommen. Er setzt sich dann
in seinen Jeep und fährt zum Potomac, wo sein Ruderboot liegt.
Noch immer passiert es ihm dabei, dass er auf dem Weg zum Fluss in
eine falsche Straße biegt. Sein Orientierungssinn sei nicht gerade
gut ausgeprägt, gesteht er: "Weil ich mich häufig verlaufen habe, war
ich schon als Kind so fasziniert von Karten."