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  • Emrymer

mehr als 1000 Beiträge seit 28.08.2020

Im platonischen Idealreich der Ideen vielleicht

Wenn sie widerlegt wurden sind sie raus, die "Äthertheorie" ist ein Beispiel dafür.

Das kann schon mal vorkommen, aber bickerdyke hat bereits auch ein Gegenbeispiel gebracht:

Im Physikunterricht unterrichten wir Newtons Bewegungsgesetze und das Bohr'sche Atommodell immer noch als Fakten, obwohl wir wissen, dass die tatsächlichen Fakten komplizierter sind!

Das heißt, eine ausreichend genaue Beschreibung kann sich trotz ihrer Falsifizierung in bezug auf ihre Allgemeingültigkeit sehr wohl noch lange halten. Wir befinden uns halt nicht im platonischen Idealreich der Ideen, sondern in einer Welt, in der manchmal eine vereinfachende Beschreibung für die Praxis die bessere ist. Im Physikunterricht geht es eben nur um die Regeln in einem engen Fallbereich, und dafür reichen diese Beschreibungen.

Pluralität, also das Nebeneinander verschiedener Ansichten, ist in der wissenschaftlichen Welt immer nur ein vorübergehender Zustand, bis ein Experiment oder eine Beobachtung zwischen richtig und falsch entscheidet

Wenn das eine alleinentscheidende Experiment alle möglichen Fälle abdeckt... was es aber meist gar nicht tut. Gerade in den komplizierteren Wissenschaften, in Biologie und Medizin braucht es nicht 1 Experiment, sondern zahllose. Oder es kann gar kein Experiment geben, weil das unsere Werte nicht zulassen. Insofern ist Pluralität ganz einfach die wissenschaftliche Normalität. Man stützt eine Theorie mit seinen Untersuchungen und macht eine andere weniger wahrscheinlich, oder (wenn es gelingt) bringt eine Synthese bzw. eine Ergänzung, die einen Weg aufscheinen läßt, verschiedene widersprüchliche Erwägungen zu versöhnen. Und hat dann die Anzahl konkurrierender Erklärungsansätze wieder nur um 1 erhöht...

Und weil es auch da eben nicht auf ein "ich habe allein recht und ihr alle nicht" hinauslaufen kann, schwindet der Abstand zu den politischen Diskursen erheblich.
Denn auch in diesen gibt es ja einen Faktenbezug. Politische Aussagen sind fallweise sehr wohl falsifizierbar: wenn es etwa um vermutete Auswirkungen von neuen Regelungen geht, kann die der politischen Aussage zugrundeliegende Prognose korrekt(er) oder inkorrekt(er) sein. Beschreibungen, die als politische Aussagen getätigt werden, können zutreffend sein oder auch nicht. Ideen, die auf fehlerhaften Grundlagen beruhen, können durchaus (und mit gutem Recht) aus der "Verlosung" ausgeschlossen werden.
Darum entscheidet in einer realen Demokratie auch nicht die Mehrheit über gewisse Streitfragen, sondern ein Gericht oder ein Gremium bzw. ein Einzelner, das/der dazu das Recht verliehen bekommen hat (und im besten Fall auch Ahnung von der Materie hat). Das kann selbst auf "Ansichten, die zur Richtschnur des Handelns werden", zutreffen.

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