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  • DasWoelfchen

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Re: Das Rechtsverständnis mancher Zeitgenossen ist einfach nur noch erschreckend

Naturzucker schrieb am 17.04.2021 08:11:

Keine Frage, Mietwucher ist zu verurteilen. Und Wohnraum darf kein Spekulationsobjekt sein. Auch ok.

Aber wer meint, er könne unabhängig von der Ausstattung und dem Zustand von Wohnraum die Preise diktieren, der hat den Bezug zur Realität verloren.

Die Realität sieht nun einmal so aus, dass Herstellungs- und Instandhaltungskosten von Wohnraum Jahr für Jahr deutlich stärker steigen als die zusammengelogene Teuerungsrate. Rein zufällig liegt der Baukostenpreisindex viel näher an der Inflationsrate, die sich durch das Wachstum der Geldmenge - Wachstum des BIP definiert. In der Praxis steigen die Baukosten Jahr für Jahr nun einmal im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich.

So weit so gut analysiert - aber was lässt sich aus dieser richtigen Beobachtung schließen?
Hier bist Du mit deiner Ursachenanalyse meiner Meinung nach stehen geblieben, statt den entscheidenden letzten Schritt noch mit zugehen:
Die Geldmengenvermehrung durch die EZB seit der Bankenkrise führt zu einer verstärkten Nachfrage nach rentablen Anlagemöglichkeiten bei den Nutznießern dieser Geldvermehrung. Das führt zu einem ungeahnten Höhenflug an den Börsen, aber auch zur allseits bekannten Flucht in Sachwerte - z.B. in die als Betongold titulierten Immobilien.

Diese verstärkte Nachfrage führt zu stark steigenden Preisen bei Baugrundstücken aber auch bei den Kosten für den Neu- und Umbau.
Im Zuge dieser Nachfrageschwemme kommt es zu verschiedenen Seiteneffekten:
1. es werden Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verwandelt, was zu ener Verknappung des Angebots an (günstigen) Mietwohnungen führt;
2. es werden günstige Mietwohnungen in Altbauten von Grund auf saniert mit dem Ziel deutlich höhere Mieten zu realisieren;
3. es werden neue Wohnungen gebaut, für die aufgrund der höheren Baukosten nun auch deutlich höhere Mieten verlangt werden;
4. in dieser Gemengelage aus steigenden Mieten ziehen natürlich die etablierten Besitzer von Mietshäusern bei den Mieten mit, ohne eine der oberen Maßnahmen durchgeführt zu haben, da ja die ortsübliche Vergleichsmiete ganz ohne ihr Zutun steigt - sie sind da einfach Mitläufer;

Dies alles geschieht auf einem Markt, in dem die Nettoeinkommen der Mieter nicht annähernd mitgewachsen sind. Das aber bedeutet, dass die geforderten Mieten nicht marktgerecht sind und von daher etliche der getätigten Investitionen sich gar nicht oder nicht in der geplanten Zeit amortisieren lassen. Wir haben es also mit einer ganz klassischen Immobilienblase wie schon 2008/2009 zu tun.

Sobald die Mieten auf breiter Front jegliches Maß des von den Mietern bezahlbare überschreiten (für die unteren Einkommen ist dies ja bereits seit längerem der Fall), bricht der Markt für Mietwohnungen in einem overshoot-and-collapse Szenario zusammen. Das wird unweigerlich zu Kreditausfällen und zu erheblichen Schwierigkeiten bei den Kreditgebern, den Geldinstituten, führen, da die grundlegenden Probleme, die bei der Bankenkrise zu Tage getreten sind, ja gerade nicht im Nachgang behoben wurden.

Die stark steigenden Mieten sind also die bisher vermisste verstärkte Inflation durch die Hintertür als Ergebnis der expansiven Geldpolitik der EZB, die in Folge eine erneute Bankenrettung wahrscheinlich macht.

Den Rest der Betrachtung überlasse ich mal deiner Phantasie.

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