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  • Naturzucker

mehr als 1000 Beiträge seit 06.03.2012

OT: Pfiffe und Protestrufe

Die üblichen Verdächtigen fahren derzeit eine Kampagne, welche die Pfiffe und Protestrufe auf der besagten Kundgebung zum 1. Mai als eine Gefahr für die Demokratie bezeichnen. Weil des Herrn Bundeskanzlers wohlgesetzte Worte durch Pfiffe und Protestrufe übertönt wurden und das geneigte Publikum kaum seinen durch professionelle Schreiber mundgerecht vorgekauten Rede lauschen konnte.

Offenbar gestaltet sich Demokratie in der Vorstellung dieser Agitatoren so, dass die Bürger nur als Staffage für den Auftritt der hohen Herrschaften zu dienen haben und regelmässig durch Klatschen und Jubelrufe ihre Zustimmung zu Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet bekunden dürfen. Damit am Abend die Aktuelle Kamera die passenden Sekunden zur Stärkung der öffentlichen Haltung senden kann.

Man merkt an solchen Statement, wie sehr die sog. "Elite" in ihrer eigenen Filterblase gefangen ist.

Demokratie wäre, wenn bei solchen Kundgebungen auch Mikrophone für das Publikum bereit stünden. Und kurze Redebeiträge von Bürgern ebenso kurz von den Politikern auf der Bühne beantwortet würden. Nur so kann ein Dialog zwischen Bürgern und Politikern auf Augenhöhe entstehen. Nur so können Politiker überhaupt realisieren, dass sie sich ggf. auf dem Holzweg befinden. Im Dialog mit den Bürgern. Und nicht, in dem sie einen mehrminütigen Monolog die Bürger als Statisten für die Bilder in den Abendnachrichten missbrauchen.

Da es aber weder Mikrophone fürs Publikum noch einen Zeitrahmen für einen Dialog gibt, sind Trillerpfeiffen und Protestrufe die einzige Ausdrucksform, welche die Politiker am Ende überhaupt den Bürgern zubilligen, um ihre (!) Haltung und Meinung zum Ausdruck zu bringen.

Wer sich also über Pfiffe und Protestrufe echaufiert, der argumentiert wohlfeil und selbstgerecht, weil er nicht erkennen will oder kann, dass es für Bürger gar keine andere Möglichkeit gibt, ihre konträre Meinung vorzutragen und ihrem Protest zu artikulieren.

Und man ahnt, dass im Hintergrund bereits die Agitatoren daran arbeiten, die Störung von Politikerreden durch den "Pöbel" noch weiter einzuschränken, als es durch die jüngsten Änderungen im Demonstrationsrecht eh schon geschehen oder beabsichtigt ist.

Am Ende besitzen diese Agitatoren noch die Chuzpe, diesen Zustand als "Demokratie" zu bezeichnen.

Demokratie ist aber weder Monolog noch Herrschaft durch Wenige über das Staatsvolk. Demokratie bezeichnet das genaue Gegenteil davon: Dialog und Herrschaft des Staatsvolkes.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (05.05.2022 09:26).

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