Diese Rezension der Studie "Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten" (OBS-Arbeitspapier 47) der Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Christine E. Meltzer wirkt unkritisch!
Wenn schon die Prämissen solch einer feministischen Verschwörungstheorie empirisch unbelegt sind, wie könnten dann daraus resultierende Schlussfolgerungen jemals korrekt sein? Die Hypothese, dass es sich bei Gewaltakten gegen Frauen (bis hin zum Femizid, also Frauenmord) – vollkommen anders als bei Gewaltakten gegen Männer (bis hin zum Männermord, komischerweise nie Maskuzid genannt) – um ein strukturelles Phänomen handele, ist in dieser Form ein Märchen! Richtig ist, dass physische Gewalt weit überwiegend von Männern ausgeübt wird und folglich ein strukturelles Phänomen darstellt; auch richtig ist, dass alle Geschlechter zu Gewaltopfern werden, doch viel häufiger Männer als Frauen – statistisch wird physische Gewalt überwiegend von Männern gegenüber anderen Männern ausgeübt.
Wenn jedoch täterseitig das gesellschaftliche Phänomen der physischen Gewaltausübung fraglos als ein strukturell männliches wirkt, das in tradierten patriarchalischen Machtverhältnissen wurzeln dürfte, dann sollte dies logischerweise eben auch für die statistisch belegbare typische Opferwerdung gelten.
Weltweit sind rund achtzig Prozent aller Opfer eines vollendeten Tötungsdelikts (homicide) männlichen Geschlechts; in Deutschland zwar deutlich weniger, doch immerhin noch zwei Drittel aller Opfer einer versuchten oder vollendeten Tötung. Überhaupt stellen Opfer männlichen Geschlechts in Deutschland im Bereich der Gewaltkriminalität – Tötungsdelikte, Sexualdelikte, Raubdelikte, Körperverletzungen – mit Ausnahme der Sexualdelikte regelmäßig die größte Opfergruppe dar, obwohl doch ein weibliches Gewaltopfer aus der Täterperspektive ein geringeres Verletzungsrisiko bei der Tatbegehung darstellte.
All diese statistischen Fakten blendet die Medienberichterstattung in Deutschland völlig aus oder hält sie für gewissermaßen naturgegeben, also für irgendwie normal, und deshalb für nicht berichtenswert; allein von jenem merkwürdigen Hintergrund statistisch abweichende Phänomene wirken relevant, hier etwa überproportional viele nichtdeutsche Täter bei allen Delikten aus dem Bereich Gewaltkriminalität.
Anders gesagt, die Medienberichterstattung über Gewalt in der Gesellschaft ist wirklich unzureichend, allerdings nicht zuletzt wegen solcher Forschungsprojekte wie jenem von Dr. Meltzer, die den Blick auf das große Ganze verstellen. Privat hatte ich schon erregte Diskussionen mit Bekannten, die felsenfest davon überzeugt waren, dass das typische Gewaltopfer doch weiblich sein müsse, da eben sowohl die Presse als auch viele Initiativen gegen Gewalt gegen Frauen dies entsprechend stärker thematisierten.