Glaub ich nicht: du sagst es ja selbst, es sind viele Dienstleistungen und Angebote aus den "strukturschwachen Regionen" verschwunden. Denkst du, die kommen zurück?
Der Arzt, der lieber mit überschaubaren Kosten in der städtischen Gemeinschaftspraxis sitzt oder im Gesundheitszentrum / Ärztehaus, der hat seinen Patientenstamm. Der ist so voll in seinen Büchern, dass er Patienten abweisen muss. Und natürlich hat er den Stamm an Privatpatienten, die zusätzlich die Kasse füllen. Es ist wirtschaftlicher für den Arzt, in der Stadt zu arbeiten, als auf dem Land. Aber nicht nur das: in der städtischen Praxis, im Ärztehaus usw. ist die Arbeitszeit klar geregelt. Um 7 auf, um 18 Uhr zu, außer Mittwochs, da ist schon um 12 die Tür zugesperrt.
Zum Vergleich der Landarzt: der hat einen knappen Patientenstamm und vermutlich auch nur wenige Privatpatienten. Die Öffnungszeiten mögen ja an der Tür ähnlich stehen wie in der Stadt, aber dafür hat ein Landarzt "Bereitschaftszeiten" - die restlichen Stunden und Tage die Woche über. Ja, 20 Uhr am Sonntag abend, verstauchter Zeh bei Frau Mayer, 85 Jahre alt, da ist er dann eben noch einen Hausbesuch machen.
Nicht nur, dass das das Arbeitsverhältnis schlechter ist als in der Stadt, es ist auch noch unwirtschaftlicher und mit größerem finanziellen Risiko behaftet, weil der Landarzt eine eigene Praxis aufbauen muss. Selbst wenn er eine übernehmen kann, sind große Investitionen nötig. Ein Facharzt ist der Landarzt auch nicht, was also bedeutet, dass ihm die besser dotierten Behandlungspauschalen vorenthalten werden.
Das sei EIN Beispiel.
Weiter? Dank dem Zentralisierungsbestreben haben selbst Kleinstädte im Speckgürtel von größeren Städten das Nachsehen. Meine Kleinstadt ist 15k Einwohner schwer und liegt nahe Ulm, ca. 20km. Dinge und Leistungen, die man in den letzten 10 Jahren eingestellt hat, sind u.a: das Gesundheitszentrum (Kinder- und Geburtenklinik, Chirurgie, ...), es gibt kein Arbeitsamt und sämtliche Versicherungsagenturen haben ihre örtlichen Geschäftsräumlichkeiten geschlossen. Wir haben keine KFZ-Meldestelle mehr und auch diverse andere Amtsleistungen wurden geschlossen. Will ich zur Krankenkasse meiner Wahl, muss ich in die Stadt fahren, weil im eigenen Ort es keine Geschäftsräumlichkeiten mehr gibt.
Erst jüngstens hat der örtliche Tierfuttergroßhändler geschlossen, einen Elektronikfachmarkt gibt es seit 7 Jahren nicht mehr. Fehlt eigentlich nur noch, dass man das Gymnasium schließt und nur noch eine Grundschule anbietet, dann hätte man wohl die Endstufe des ruinösen Bestrebens nach Zentralisierung geschaffen.
Was einmal weg ist, bleibt weg. Ist also plötzlich die Autofahrt unerschwinglich, ist dass der Todesstoß für die "strukturschwachen" Regionen. Denn der Arzt kommt nicht wieder, denn das Arbeitsumfeld ist ja genauso unattraktiv wie vorher. Die Versicherer bauen nicht mehr Geschäftsräume auf, die Behörden werden nicht wieder sich dezentralisieren. Es wird dann eher so sein, dass man auf'm Land einfach "Pech gehabt" hat und einfach die Leistungen einer modernen und zivilisierten Industriegesellschaft nicht mehr in Anspruch nehmen kann.
Wer kann, flieht IN die Ballungszentren. Der Rest sieht zu, wie ganze Regionen aussterben.