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  • daodot

mehr als 1000 Beiträge seit 18.09.2002

Erfahrungen in der Schweiz

Es ist nicht alles besser in einem Land mit Volksabstimmungen.

In der Schweiz ist es etwa so, dass die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) sehr viele Initiativen einbringt und oft (knapp) gewinnt. Häufig geht es darum, die Rechte der Ausländer in der Schweiz (also auch die vieler Deutscher, wir sind die größte Ausländergruppe in der Deutschschweiz) immer noch etwas mehr zu beschränken. Manche reden auch von immer größeren Schikanen. Der Wahlkampf, den die SVP führt, ist extrem populistisch. Die Wahlplakate sind brutal und meiner Meinung nach angelehnt an die Optik der Plakate im Deutschland der 1930er-Jahre. Es wird plump an Ängste und Ressentiments der Bevölkerung appelliert, die Gegner schimpfen wild zurück. Diese Wahlkämpfe spalten das Land enorm, sie tun nicht gut.

Nach der Volksabstimmung beginnen in der Schweiz die Probleme aber oft erst. Denn die SVP bringt zwar immer wieder umstrittene Abstimmungen durch, muss sie aber nie in voller Verantwortung umsetzen. Das ist im Schweizer System Aufgabe der Regierung - die mittlerweile nicht mehr ein noch aus weiß. Die sitzt vollkommen zwischen den Stühlen. Denn die SVP-Initiative gegen Masseneinwanderung (die sich nicht zuletzt gegen die vielen Deutschen im Land richtete) kollidiert etwa mit den Verträgen, die die Schweiz mit der EU geschlossen hat. Da steht enorm viel für die Schweiz auf dem Spiel. Die Verträge sind wichtig und vorteilhaft für die Schweiz, bessere Verträge wird das Land nicht mehr bekommen. Was also tun? Die Verträge kündigen, um den Volkswillen umzusetzen? Und damit viele Kollateralschäden in Kauf zu nehmen? Die Schweizer Regierung versucht verzweifelt, irgendwie eine Lösung hinzubekommen. Sie müssen was umsetzen, was sie eigentlich ablehnen. Die SVP macht Druck, schaut sich im Übrigen aber höhnisch an, welche surrealen Windungen die Regierungsvertreter da machen müssen.

So geht's weiter. Die SVP bereitet schon die nächste Abstimmung vor ("fremde Richter"), die mit den völkerrechtlichen Verträgen, die die Schweiz geschlossen hat, kollidiert.

Meiner Meinung nach ist das alles kein Vorbild. Wenn das so weitergeht, und alles sieht danach aus, steht die Schweiz dicht vor einer Staatskrise. Der Zeitpunkt ist nicht mehr so fern, dass die Schweiz als Staat keine Verträge mehr abschließen kann und sogar fundamentale Stützen des Staates in Frage gestellt werden. Die Demokratie stellt sich dann tatsächlich durch Demokratie selbst in Frage.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.04.2016 14:58).

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