Designstudien von Automobilherstellern zeigen die zukünftigen Trends in konzentrierter Darreichungsform. In deren offenen Formensprache lassen sich die Manipulationstechniken der Propagandamaschine ganz deutlich ablesen.
Modernes Design erzählt Geschichten von etwas, was es nicht gibt. Es macht Träume zu etwas Greifbaren, das niemals wahr werden kann. Design macht Versprechungen, die das Produkt nicht einhalten kann, nicht einmal die Absicht oder die Veranlagung hat, etwas davon einzulösen. Design ist eine große Lüge im Verbund mit den anderen großen Lügen, die im Zusammenspiel unser Wirtschaftssystem ergeben.
Die Aufgabe des Designs ist es nicht nur, ein Produkt oder eine Dienstleistung gegen den Mitbewerber an den Markt zu bringen. Das Design verkörpert und lehrt auch die Werte, die unser Verhalten zur Umwelt bestimmt. Jedes mal, wenn wir ein designtes Produkt benutzen oder auch nur ansehen, übernehmen und lernen wir einen Teil aus diesen Lektionen.
Wie jede andere Religion nutzt Design die Argumente, die gerade passend sind, auch wenn im nächsten Atemzug das Gegenteil behauptet wird. Design verhält sich wie ein Bullshitakteur oder manchmal sogar wie ein Troll, nur um Aufmerksamkeit zu erhalten und seine Botschaft los zu werden.
Diese BMW-Studie ist ein gutes Beispiel, an dem ich vereinfacht aufzeigen möchte, wie mit welchen Stilmitteln argumentiert wird und welche Parallelen zur Restwelt bestehen. Noch einmal: es geht nicht um die Wahrheit oder einen richtigen Weg, es nur ums Überzeugen oder dient dem Buntschießen.
Wie viele moderne Elektrofahrzeuge ist auch der BMW schon von Weitem als solches erkennbar. Es gibt viel weniger Kanten, Chromleisten werden durch Leuchtbänder abgelöst, das Fugenmass wurde noch einmal verringert. Es gibt große Flächen, auf denen nichts passiert mit kleinen linearen Erlebnisparks, wie die Verlängerung der Scheinwerfer bis zum Rückspiegel oder die Höcker in den Seitenscheiben.
Dieses Fahrzeug ist äußerlich so komplex wie ein Spielzeugauto für Dreijährige. So wie das Spielzeugauto keine Probleme bereitet, so ist auch diese echte Auto nur ein etwas größeres Spielzeug. Ein bisschen Karosserie, alles in der gleichen Farbe, daher alles einfach recyclebar, klarer modularer Aufbaue, z.B. ein deutlicher Kühler, klare Einstiegsleiste und Fensterflächen. Alles kein Problem, also kein Grund sich darüber Gedanken zu machen.
Auffallend der Kühler, der nur noch der Identifizierung mit der Marke dient. An dieser Stelle passiert das Meiste am ganzen Fahrzeug, die Form wird durch diese Wechsel herausgearbeitet: bronzefarbenes Blechkleid - Fuge und Richtungswechsel - anthrazitblauer Träger - blaues Leuchtband, meist parallel aber auch versetzt, ohne Fuge! - Richtungswechsel mit Facetten - Richtungswechsel zur Einfassung des Gitters - breite Schattenfuge - wieder Richtungswechsel, ein virtuelles Gitter, das Einblick in das Innere suggeriert. Dort setzt sich die Kante unter dem Scheinwerfer fort, durch vertikale Linien in einzelne Zellen getrennt, bei genauere Betrachtung stellt es sich als kleine Pfeile heraus.
All das erzählt nur eines: BMW ist die Antwort! Auf welche Fragen? Alle natürlich, aber eines nach dem anderen.
BMW ist Tradition. Der Hofmeisterknick verläuft über die gesamte hintere Heckscheibe, die traditionelle Doppelscheinwerfer sind da, da wirkt das bekannte BMW-Logo auf der jetzt abgesenkten Nase schon fast trotzig.
Die meisten Flächen sind sehr zweidimensional gehalten. Diese flächige Verformung kennen wir von Papier und ist einfach zu verstehen. Im Gegensatz zu den technoiden Fasen und Facetten wirkt sie fast naturell und lehrt: die Natur ist eine gute Sache, doch braucht sie Technik, wie Genmanipulation, erst dann kann sich der Mensch darin wohl fühlen. Und wo sie nicht mitspielt, wie wir uns das vorstellen, machen wir sie platt. Verdeutlicht wird dies mit den planen Abschlüssen der Radhäuser. Hier wird rücksichtslos von weichen Flächen zu den Rädern übergeleitet, was sein muss, muss eben sein, kein Pardon, das ist alternativlos.
Die hohe Frontpartie verspricht Schutz und erzählt gleichzeitig durch den scheinbar transparenten Kühler und der abgesenkten Nase zwischen den Nieren von Leichtigkeit. Abhängig vom Betrachter funktioniert mal die eine, mal die andere Argumentation, vorhandene Widersprüche filtert das Gehirn heraus und neutralisiert sie. Leichtbau kann sicher sein, benötigt aber auch keinen Rammbock als Inspiration für die Gestaltung.
Die großen Segmente des Fahrzeugs erzählen die Geschichte der funktionalen Trennung. Die auffällig geschlossene, nur an ganz definierten Stellen geöffnete Außenhaut bildet wie ein Chitinpanzer eines Käfers eine Schutzschicht um die darunter liegenden Technik und natürlich die Insassen.
Zwischen diesen Panzerplatten sind die Sensoren und Operatoren positioniert. In einem schmalen Schlitz sitzen die Scheinwerfer, die setzen sich in der einzigen Chromleiste fort, die über das Dach läuft. Der dunkle Grund des Scheinwerfergehäuses setzt sich in einem schmalen Schlitz fort, bis zur Seitenkamera hinter der A-Säule, dort folgt er der Chromleiste nach oben und mündet in einem Bereich der C-Säule, der früher der Entlüftung diente und setzt sich über und unter der Heckscheibe fort. Es umklammert das ganze Fahrzeug und wir nur ganz vorne vom BMW-Logo, wie von einem Knopf zusammengehalten.
Die Botschaft ist: Für jede Aufgabe, für jedes Problem gibt es eine isolierte Lösung. Es gibt Spezialisten für jeden Bereich. Die Zeit, in der Probleme gemeinsam gelöst wurden, ist vorbei. Die Panzerung macht nur soweit auf, wie unbedingt notwendig, schließlich ist Sicherheit ein Grundrecht. Nur die Marke, die Wirtschaft ist mächtiger und darf ein Loch in die Verteidigungsmauer brechen, denn sie ist der Rammbock für den Kampf um die gerechte Sache.
Wären da nicht die großzügigen Fensterflächen, vor allem auf der Seite, denn sie erzählen eine andere Geschichte. Sie erzählt von Offenheit gegenüber der Umgebung, von Aufgeschlossenheit, allerdings aus der sicheren Position eines Panzers. In dieser Kombination ist es ein Zeichen für Misstrauen, die eine Hand ausgestreckt, in der anderen Hand ein Messer. Aber das ist normal, jeder weiß, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Und noch etwas erzählen die nur schwach getönten Scheiben. Du wirst beobachtet. Jeder, der über dir steht, sieht, wo du deine Finger und deine Gedanken hast. Aber du hast ja nichts zu verbergen, also auch nichts zu befürchten. Wir vertrauen dir, und wir kontrollieren dich.
Die Zeiten, als diese Panzer noch schmale Schießscharten hatten, wohinter du dich vor jedem verstecken konntest, sind vorbei. Öffne dich, mach dich frei, die Zukunft wird transparent, du wirst transparent, ist das nicht schön?
Du bist ein Teil des Ganzen, über das Internet vernetzt. Im Inneren gibt es zwei Bildschirme, an Halterungen wie zu Hause oder in der Firma auf dem Schreibtisch, rechteckig und curved. Warum heißt das Teil iNext?
Weil es ein Computer auf Rädern ist. Es ist ein Display an einem Computer, dazu ein paar Gamersessel, auf Räder gestellt und als Auto verkauft. Dieses Auto ist von einer Computerfirma gebaut worden.
Computer bestimmen über dein Auto. So wie Webseiten und Apps für dein Wohlergehen gesperrt werden, werden Straßen gesperrt werden. Alles für deine Sicherheit.
Form follows function! Die primäre Funktion eines handelsüblichen Automobils ist es nicht, jemanden oder etwas von A nach B zu transportieren. Es ist auch nicht die Aufgabe einen Nachbarn zu beeindrucken oder Frauen, das sind nur ein paar Möglichkeiten. Die Hauptaufgabe ist es zu manipulieren und dafür sorgt das ästhetische Design.
Designer haben keinen besonders "guten" Geschmack, sondern sie sind geschult im Lügen mit Form und Farbe. Die größten Lügner unter ihnen kommen in Spitzenpositionen der Industrie und tragen dazu bei, die tatsächlichen Zustände auf der Erde zu verschleiern. Sie sind die Huren der Industrie und ihre Produkte sind die Mösen, Ärsche, Titten und Schwänze, die den Verstand der Bevölkerung ausschalten.