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  • Chanandler Bong

534 Beiträge seit 03.04.2002

Der Staat hat eh kein Interesse daran, diese Mißstände zu ändern

Ich beschäftige mich aktuell sehr intensiv mit dem Thema Zugangsvoraussetzungen zur KVdR (Krankenversicherung der Rentner) und den Auswirkungen auf meine geplante mehrjährige Arbeitsaufnahme außerhalb der EU ab Ende des kommenden Jahres. Wem das Thema KVdR nichts sagt, hier einmal eine sehr vereinfachte Darstellung:

In der zweiten Lebensarbeitshälfte muß jeder Versicherte mindestens 9/10 seiner Zeit gesetzlich versichert gewesen sein - ansonsten heißt es pünktlich zur Rente: versichere Dich "freiwillig" weiter. In diesem Fall fließen dann aber in die Berechnung der Höhe der GKV-Kosten sämtliche "Einkünfte" mit ein - so z.B. Immobilien, die Rente der Partnerin usw. Unterm Strich gehen dann >50% der Rente direkt an die Krankenversicherung - natürlich bei gleichen Leistungen. Die zusätzlichen wesentlich besser versteckten Pferdefüße zum Thema Pflegeversicherung spare ich mit jetzt mal auf. Der Gesetzgeber wollte mit der 9/10-Regelung verhindern, daß privat Versicherte schnell noch Kassenhopping machen, bevor's in der PKV zu teuer wird. Grundsätzlich eine lobenswerte Idee - nur die Umsetzung ist für's Klo.

Betroffen von diesem Spaß sind vielfach Partner von Beamten (lies: PKV), die nach der Kindererziehung wieder in den Beruf einstiegen sind. Versichern sich diese dann gesetzlich, "reicht" die Zeit zum Erfüllen der 90% nicht aus. Meine Mutter hat's beispielsweise so erwischt und verpaßte die Berechtigung zur KVdR nur um wenige Wochen; deswegen war ich bereits so sensibilisiert, was das Thema angeht.

Alternativ kann's einen aber auch erwischen, wenn man dann mal beruflich ins (non-EU) Ausland geht und aus Unwissenheit vergessen hat, eine Anwartschaft bei seiner gesetzlichen KV abzuschliessen. Die Zeit im nicht-EU-Ausland gilt auch als Arbeitszeit im Rahmen der KVdR-Berechnung; aus Sicht der Krankenkasse gelte ich ohne Anwartschaft aber als privat versichert. Und so beginnt der Spaß...

Nur um die Brisanz des Ganzen kurz zu illustrieren: man kann sein Leben lang in der gesetzlichen KV versichert gewesen sein - eine Abwesenheit von etwas unter 2,5 Jahren außerhalb der EU ohne Anwartschaft sorgt dann aber dafür, daß Dich Staat und GKV pünktlich zur Rente finanziell ausbluten lassen - und zwar bis Du den Löffel abgibst.

Rentenversicherungsträger als auch Krankenkasse sind übrigens hier in "Informationsholpflichtmodus"; lies: aktiv wird man von denen dazu nichts hören und man muß -vorausgesetzt man weiß von diesen Punkten- selbst nachfragen.

Ich habe daraufhin eine schriftliche Petition an den Bundestag gerichtet und eine Anpassung (nicht Abschaffung) der bestehenden Gesetzestexte angeregt. Die schriftliche Einreichung kann ich jedem empfehlen; aus der Erfahrung heraus wird diese Form der Einreichung im Land der Internetausdrucker immer noch der elektronischen Petition vorgezogen.

Die nach knapp 3 Monaten erhaltene Anwort vom Ministerium war ausführlich. Letztendlich hätte man's aber auch auf zwei Worte reduzieren können: fuck you. Um es kurz zu machen: Null Einsicht. "Das kostet uns ja Geld - deswegen lassen wir da so wie es ist". Ich habe jetzt noch ein paar Wochen Widerspruchsrecht; mir wurde aber aus Berlin schon nahegelegt, das Thema zu beerdigen.

Naja, lieber das Geld in irgendwelchen Sinnlos-Projekten oder ewigen Baustellen verheizen als dafür zu sorgen, daß die Bevölkerung trotz Renten-Vorsorge nicht zum Sozialfall wird.

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