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  • Fortitudo

mehr als 1000 Beiträge seit 13.03.2001

Re: warum auch nicht? Eine Zeit lang Platz 2 und gemütlich schauen wie

HS1982 schrieb am 22.06.2023 07:12:

China ist eine Leistungsgesellschaft und baut auf das Kollektiv, mit allem was dazugehört.
Und das wird lange Zeit so bleiben. Die sind gerade in etwas, was bei uns "Wirtschaftswunder" genannt wird. Aber mit der Technologie von heute und dem, was man aus den Fehlern anderer so gelernt hat.

Was ändert die aktuelle Technologie daran?[...]Stichwort Demographie.[...]

Die Kontrolle der Kommunikation und der Informationen selbst ist fortgeschritten und quasi Designvorgabe beim Aufbau jeglicher Infrastruktur. Sicherlich ist das mittlerweile überall so, aber die Akzeptanz und Nutzung niedriger Auslöseschwellen ist dort sicherlich ausgeprägter als bei uns.
Es mag zwar ein gewisses Gegengewicht durch verdeckte Informationsflüsse geben - da sind die jüngeren Menschen meist recht findig -, aber auch deren Beachtung steht und fällt mit der Gesamtstimmung. Bei rund 20% Unzufriedenen in der Gesamtbevölkerung wird Widerstand es (erst) wirklich relevant. Und dieses Niveau sehe ich nicht annähernd, wobei mein Informationsstand nicht über den verfügbaren Mainstream hinaus geht.

Die klassischen Wege wie Flugblätter, Zettelchen etc. sind aus vielfältigen Gründen kaum noch gangbar, und für konspirative Treffen wird der hohe Anteil systemloyaler Menschen ein Risiko sein. Flyer oder Gruppenchats auf dem Tablet dürften das Monitoring triggern.

Wenn die Regierung also sowas wie "unsere" 68er (nun ja, auch teils ziemlich verklärte Folklore) und spätere Strömungen wirksam unterbindet, kann die Produktivität lang ziemlich lange erhalten bleiben. Man muss halt den individuellen Wohlstand begrenzen, und das geht mit Konsum.
Wenn dann die Ressourcen knapp werden und viele junge Männer gerade nicht gebraucht werden, folgt halt das übliche Prozedere.

Und im direkten Wettbewerb würde der Durchschnittseuropäer vor der Glotze sitzenbleiben und sich überlegen und schlau fühlen, weil er keine Kraft auf ein unlösbares Vorhaben verschwendet...

Es ist halt wesentlich schwerer einen hohen Level zu halten und noch zu steigern als von einem sehr niedrigen Level aufzusteigen.... Aber ja, der Durchschnittseuropäer ist träge geworden... ich schließe mich selbst da durchaus mit ein.

Unser Empfinden von Zufriedenheit ist ja auch über Jahre konditioniert worden und wird mehrheitlich hinreichend bedient.
Solange es Leute gibt, die "weniger" als man selbst haben und immer wieder vermittelt bekommt, dass reich und schön auch nicht glücklich macht (Medientenor), gibt es ja auch keine Motivation mehr, sich anzustrengen. Den Schinkenbock, der in den 1970ern ein Weihnachts-Luxus war, gibt´s für´n Zehner im Penny. Autos least man (und selbst 20-jährige ballern im AMG durch die Gegend), iPhone bekommt auch fast jeder, und nach 3 Jahren ist man schuldenfrei.

Es gibt keinen (erreichbaren) materiellen Luxus mehr, der erstrebenswert wäre. Was früher zumindest in Teilen "erarbeitet" werden konnte, ist heute quasi Grundrecht, und was drüber liegt, ist viel zu weit entfernt. Das preußisch geprägte Glück des Rechthabens ist leicht zu erreichen, wenn man sich der Leitmeinung anschließt.
Leistungsdruck ist national nicht mehr nötig und auch kein Bestandteil von Erziehung und Ausbildung mehr. Das ist grundsätzlich recht bequem, führt aber im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen.
Freilich schließe ich mich da ebenfalls nicht aus. Das System funktioniert.

Oberflächlich wird die Klassengesellschaft immer weiter aufgeweicht und Toleranz und gleiche Chancen für alle propagiert, doch tatsächlich wird nur unterhalb einer bestimmten Geld- und Machtschwelle sorgfältig emulgiert. Für die Masse fühlt es sich wie Aufstieg an (bzw. stellt ruhig), und der ehemalige Mittelstand sieht die Opferbereitschaft inzwischen als Bürgerpflicht.*

SO werden wir die Herausforderungen der Zukunft, national wie international und vor allem global ganz sicher nicht meistern. Das machen andere, und wir halten mit Glück bzw. für die Zeit des Ausverkaufs unserer Werte (materiell wie ideell) noch den Anschluss.

Ob wir es erleben werden, dass dem Rentenbescheid eine Spritze mit der Aufschrift "Danke für Ihren Einsatz - innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Erwerbslebens zu verbrauchen" beiliegt?
"Sie schulden es ihrer Familie. Sie schulden es sich selbst" (aus: Repo Men)

* = Den grundsätzlichen Sinn diverser Wenden stelle ich nicht in Frage. Ob der jeweilige Stellenwert passt, hingegen schon. Für erbärmlich dumm im Wortsinne halte ich allerdings die allgemeine Haltung, die vermeintlich (!) einfachste Lösung stets in einer Holzhammermethode zu sehen. Also nur Klimawende statt paralleler Anpassung an die bereits erkennbaren Veränderungen, Zusammenbruch Russlands als Mindestkriterium für Frieden... aber auch inflationäres Präsentieren und Bevorteilen von Minderheiten weit über die zweifelsfrei notwendige Toleranz hinaus.

Hmnja, alles nicht so leicht.

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