Tirofijo schrieb am 13.06.2022 07:03:
Das hilft den Getöteten in der Ukraine herzlich wenig.
Selbst ein gebetmühlenhaftes Beharren auf der Schuld Russlands und der Unschuld der Ukraine haucht keinem einzigen der Getöteten in der Ukraine neues Leben ein.
Pragmatismus und das Lernen aus anderen, vergleichbaren Konflikten in der näheren und weiteren Vergangenheit hingegen könnte helfen, den Schaden für die Zukunft zu verkleinern.
Kein Unrecht rechtfertigt anderes Unrecht
Das ist wahr. Allerdings ist es selbst ein Unrecht, das eine Unrecht anzuprangern, und das andere Unrecht gar zu fördern.
Unsere Vorstellung von einem demokratischen Rechtsstaat, auf dem wir unsere Vorstellung von Fairness, von Recht und Unrecht gründen, schreibt vor, dass gleiches Unrecht zu gleichen Sanktionen führen muss, und Strafe dem begangenen Unrecht angepasst sein muss.
Den einen also zu unterstützen, wenn er Millionen von Todesopfern verursacht und den anderen mit allerlei Gegenmassnahmen zu überziehen, wenn er in einer vergleichbaren Situation ein paar tausend Todesopfer verursacht, das stellt selber ein Versagen der rechtsstaatlichen Prinzipien, und damit ein Unrecht dar.
Es ist also klar, was von uns verlangt wird: Wollen wir wirklich den Angriff Russlands als abgrundtief böses Unrecht betrachten, dann ist das nicht falsch, wir haben schliesslich entsprechende Regeln, die genau solche Angriffe als Unrecht identifizieren. Jedoch wäre es selbst ein grosses Unrecht, diese Regeln selektiv nur dann anzuwenden, wenn uns der Täter unsympathisch ist, und den sympathischen Täter nicht nur davonkommen zu lassen, sondern ihm bei seiner Tat sogar zu helfen.
Eine Verurteilung Russlands impliziert also, dass auch eine Verurteilung aller anderen Täter zu erfolgen hat. Ohne entsprechende Anstrengungen zu unternehmen begehen also alle Ankläger ein Unrecht.
Es gibt einen guten Grund, wieso Justizia auf den klassischen Darstellungen mit verbundenen Augen dargestellt wird.