Im Jahr 2003 logierte ich, berufsbedingt, in einem Hotel in der Avenida Princesa Isabel. Das liegt in einer Einkaufsstraße, die am Strand Copacabana endet.
Die Eingangsbereiche und der überdachte Teil vor den Schaufenstern war in unserem Sichtfeld mit ca. 60-80 Obdachlosen gut ausgelastet. Jeden morgen um 5 Uhr fuhren mehrere Trucks mit offener Ladefläche vor und die Polizisten trieben die Obdachlosen zusammen. Dann wurden sie auf die Ladeflächen verfrachtet – teilweise mit Stockschlägen.
Wer den Film „Soylent Green“ mal gesehen hat, kann sich in etwa vorstellen, wie sich sowas anfühlt. Meiner Kollegin sagte ich damals, wenn wir in D nicht aufpassen, wird man das in 20 Jahren auch hier sehen können. Sie erwiderte ”du spinnst ja“.
In Berlin (West) war ich heute um 8 Uhr auf dem Weg zu den letzen Einkäufen. In der eher wohlbetuchten Gegend war jeder überdachte Eingang (ca. 2-3 Meter hinter der Ladenfront) gut besetzt. 6 Geschäfte hintereinander.
Während der Kältewelle im Dez. war unser Haustürschloss defekt. Es sind mehrere Leute zu unterschiedlichen Zeiten in das Treppenhaus gelangt, die da nicht wohnen und auch keinen Grund für den Hausbesuch hatten. Die härteste Nummer war ein hochagressiver Kerl, der an jeder Wohnungtür dauerklingelte, hämmerte und schrie „Aufmachen, das ist mein Wohnung!”
Ein Schweizer Boulevard-Blatt hatte gestern oder vorgestern einen durchaus gutgeschriebenen Artikel im Angebot. Auf Plane gedruckt (ca 2*5 m). Die Botschaft:
„Nichts gegen Berlin.
Aber du willst doch nicht
ernsthaft hier alt werden?“
Guerilla-Marketing vom feinsten von einer Zürcher Kreativagentur, die vor den 5 größten Werbeagenturen Berlins um Nachwuchs warb. 25 Bewerbungen sind bis gestern eingegangen.
Die Berliner fanden das natürlich mehrheitlch beleidigend.
Nach 40 Jahren in Berlin, bin ich eigentlich fertig mit der Stadt. Gab mal schöne Zeiten hier. Es geht immer schneller - ab nach unten ...