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  • logiko

mehr als 1000 Beiträge seit 20.11.2020

Die Geheimdienstzentralen werden brennen

Strafrecht war schon immer die härteste Waffe, mit der der Staat sein Herrschaftsrecht und Gewaltmonopol durchsetzte. Erst in allerjüngster Zeit gibt es zaghafte Bestrebungen, in einer besseren Berücksichtigung der Opferperspektive eine brauchbare Anbindung an die Bevölkerungsinteressen zu erarbeiten.
Das einzig Aufgeklärte am Strafverfahren ist seine Formalisierung und die öffentliche Transparenz der Gerichtsverhandlung, wo die Beweise auf den Tisch kommen und jede Partei zu Wort kommt und in welcher dem Gericht eine Art Schiedsrichterfunktion zukommt, nach Recht und Gesetz zu entscheiden.
Völlig absurd werden Verfahren, wo staatliche Akteure aus dem Dunkeln heraus den Prozess beeinflussen und manipulieren oder gar diese direkt als Geheimverfahren organisiert werden. Da sind alle rechtsstaatlichen Sicherungen bereits durchgeknallt.
Ich persönlich glaube nicht, dass der Rechtsstaat in unseren westlichen Gesellschaften noch funktioniert, wo die Geheimdienste ihre Finger im Spiel haben.

Die Hetzjagd gegen Assange wurde von Anfang an unter Federführung der in den Fall involvierten Geheimdienste als gewaltige Schmutzkampagne der Niederträchtigkeit inszeniert, es ging darum einen Feind zu beseitigen und seine öffentliche Reputation und Menschenwürde zu vernichten.
Um einen vorzeigbaren öffentlichen Gerichtsprozess ging es nie. Es wird ihn auch nicht geben, dass hat die britische Justiz ja auch schon angedeutet, indem sie die Auslieferung für zweifelhaft erklärte.
Ich denke, die US-Geheimdienste haben Assange ganz ohne Prozess fertig gemacht und ob er sich jemals davon erholen wird, ist zweifelhaft. Diese Abrechnung der Amis mit Assange hat eindeutig eine Warnfunktion, legt euch nicht mit den Falschen an. Kein Mafia-Gangster hätte das schöner hingekriegt.

Assanges Bedeutung als Aufklärer hingegen bleibt ungebrochen, insbesondere auch als Vorbild, das Snowden zu seiner berühmten Aufdeckung einer außer Rand und Band geratenen Staatsschnüffelei anregte. Für mich bleibt Snowden als Aufklärer ein Jahrhundertereignis.

Assange hat im Übrigen Recht behalten, als er klarstellte, dass er mit keinerlei Rechtsstaatlichkeit in den Verfahren gegen ihn rechnen könne, darum sei zwecklos, sich ihnen freiwillig zu unterwerfen - und auch ich hab das nie anders gesehen.
Mich persönlich erinnert sein Schicksal an das berühmte Schicksal des Reformators Jan Hus. Mit seiner Hinrichtung begann die Zeit der europäischen Glaubenskriege, so wurden mit der Hinrichtung des einen Millionen Tote gemacht. Wenigstens die Hinrichtung bleibt uns heutzutage erspart. Trotzdem werden irgendwann die Geheimdienstzentralen brennen, die den totalitären Überwachungsstaat in einer widerwärtigen Schnüffelgesellschaft regieren oder unsere Gesellschaft ist weniger wert, als die noch unaufgeklärte Gesellschaft der Reformation es war.
Vielleicht wird man mal sagen, mit Assange und Snowden begann das Zeitalter der erneuerten Aufklärung, wie es die kritische Theorie einst eingefordert hatte. Die alte Aufklärung scheint ja gescheitert zu sein.

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