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  • McGyver777

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Re: Unser Säkularismus ist eine Illlusion

manhu schrieb am 07.01.2016 13:20:

Es sind der Sache nach 2 Argumente
Wenn unsere Kultur auf christlicher Geschichte und Gedankengut aufgebaut ist, können wir nicht säkular sein, weil das schlicht unsere Wurzeln sind. Eine säkulare Definition ist hier nicht möglich. Das ist meines Erachtens für die jetzt so unvollständige Säkularisierung unserer Gesellschaft.

Wir können schon säkular sein - trotz Wurzeln in einer Religion - aber dazu muß das, was an positiven Werten aus der Religion abgeleitet werden kann (oder bereits abgeleitet worden ist), hinreichend verallgemeinerbar sein, und entsprechend transzendiert werden. Das ist ein langwieriger Prozeß, der auch immer wieder zu intrakulturellen Rückschlägen führen kann.

Die andere Illusion ist die praktische Handhabung, die zeigt, dass das alles kein Säkularismus ist, was wir hier machen.

Das hat aber Gründe in konkretem Handeln. Das Prinzip hingegen kann vielleicht nur angenähert erreicht bzw. verwirklicht werden, aber - insofern hast du Recht - da ist hierzulande und überhaupt in der westlichen Kultur noch viel zu bearbeiten.

Das Problem ist aber nun, dass sich die geübte Toleranz gegenüber dem Islam hinter dem Säkularismus verschanzt. Man will säkular sein, und lässt damit dem Islamismus freie Hand, so wie man es den Kirchen auch einräumt.

Das sehe ich sehr ähnlich.
Ein Bißchen von "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus".
Wobei es zwei diesseitige "Krähen" gibt, eine säkulare, relativ fortschrittliche, und eine rest-religiöse, relativ reaktionäre (siehe Evangelikale). Einige, islamistische Ideologen nutzen diese prozessual bedingte, ideologische Spaltung im westlichen Kulturbereich auch teilweise ganz gezielt aus.

Weiter ist, dass bei den Kirchen kein Bestreben da ist, wieder die Oberhoheit zu erlangen (ich kann das zumindest nicht sehen), bei dem Islam aber in der Religion und auch in all der bisherigen Geschichte deutlich abzulesen, ist zwanghaft machthungrig und will -ja muss aus Gründen und Befehl der eigenen Religion - alle Welt beherrschen und de Islam unterwerfen.

Die Kirche hat ihre eigene Reformationsphase duchgestanden, und ist noch da.
Das war zur (immer noch unvollständigen) Säkularisation hilfreich.
Hier hat auch das teilweise völlige Versagen der Kirchen im "Dritten Reich" etwas beigetragen, aber auch bis heute weitergehende Reformprozesse in den zwei christlichen Hauptkonfessionen.
Der Islam sieht so etwas wie "Reformation" gar nicht vor, oder kann es sich vielfach noch gar nicht vorstellen. Es gibt aber Reformbestrebungen in diese Richtung, nur haben die noch viel zu wenig Rückendeckung - unter Anderem aus den von dir genannten Gründen (falsches Bestätigtwerden durch christlich-ideologische "Altlasten").

Durch diese säkulare Toleranz lassen wir aber nun zu, dass eine Religion sich hier ausbreitet, die vom Grundsatz, der Zielsetzung her völlg inkompatibel ist zu unserer Haltung und Auffassung.

Solange diese von ihren Gläubigen (und den Gegnerschaften) als statisch und wortgetreu zu befolgen betrachtet wird, verhält es sich wohl tatsächlich so.
Die Frage ist vielleicht auch, wie hier eine Öffnung und irreversible Entspannung des Macht- und Geltungswillens stattfinden kann, ohne daß dazu weitere Kriege nötig sind.
Das geht weit über den Rahmen unseres Landes und Kulturkreises hinaus, siehe die gravierenden, inner-islamischen Konflikte.

Es ist hier genau das selbe Problem wie bei den Parteien. Jedoch haben wir hier eine Regelung, die aus der Vergangenheit begründet das klärt. Wenn eine Partei gegen die Verfassung ist, kann sie verboten werden. Somit sind Parteien dieser Art unmöglich bzw. man kann vorgehen.

Zumindest hat es bis jetzt so geklappt. Inzwischen ist allerdings das Netz (als Kulturerweiterung) hinzu gekommen, und läßt die bisherigen Grenzen zwischen "ich und Gesellschaft" und "Gruppe vs. Gesellschaft" teilweise verschwimmen. Und eine Art klüngelhafte Parteiendiktatur haben wir ja auch, diese isoliert sich fast vollständig vom Rest der Gesellschaft. Sowohl ideologisch als auch im konkreten Handeln.
Dein Vergleich mit politischen Parteien ist hier gar nicht unangebracht, zumal "der" Islam ja stets so politisch sein will, wie er meint, religiös sein zu müssen (es gibt natürlich keinen "einen" Islam).

Genau dies aber bräuchte es auch im Bereich der Religionen, um unsere jetzige Form dieses Halb-Halb-Säkularismus zu behalten. Man müsste im Bereich der Religionen einschränken und entsprechend unterbinden, dass hier -wie leider gegeben - fremde Staaten missionieren, Parallelgesellschaften und Anti-Staats-Lehren sich verbreiten, die Grundsätze unserer Welt völlig verneint werden.

Das sehe ich wiederum sehr ähnlich.
"Religion ist Privatsache" müßte auch von Muslimen allgemein "geglaubt" werden können. Viele können das ja, aber leider bei Weitem nicht alle. Und es gibt möglicherweise auch sehr viele Unentschlossene.

Dazu ist aber unser Staat nicht mehr in der Lage, da einerseits die Kirchen zu schwach sind in der Bevökerung (wer geht noch hin), man aber auch es nicht schafft, einen wirklichen Säkularismus zu schaffen (man steht zu seinen historischen Wurzeln).

Die Zustandsbeschreibung kommt teilweise sehr gut hin.

Daher sehe ich aktuell keine Lösung und das Problem wird weiter sich erweitern und die Stimmung negativ anheizen. Vorstellbar wäre für mich als Lösungsansatz, dass wir diese sogenannte Willkommenskultur durch eine Forderungskultur ersetzen.

Darauf wird das Ganze ohnehin hinauslaufen, aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen. Die Forderungen bestehen auch schon, aber es gibt zuviele Möglichkeiten, sie zu ignorieren (gilt auch für "nichtmigrierte" Deutsche ohne Migrationsgeschichte).

Forderungskultur heißt, dass jeder, der hierher kommt, sich dem Grundgesetz und den Lebensregeln unterwerfen und zuordnen müsste, so wie das in den islamischen Ländern Standard ist (dort darf ich auch nicht mit der Schnapsflasche und einer dürftig bekleideten Frau durch die Straße gehen). Doch auch hier tun wir uns schon wieder schwer, weil es auch über diese möglichen Forderungen schon lange keinen Konsens gibt.

Es ist ja weitaus genügend an gültigen Gesetzen vorhanden. Und sich der Verfassung anzuschließen und diese auch verstehen zu sollen, ist ja längst Teil der Einbürgerungspraxis. Leider steigen manche auch wieder aus - auch Leute, die gar nicht selbst migriert, sondern "mit Migrationshintergrund" hier geboren sind - nachdem sie zuvor im Verfassungsrahmen gelebt hatten.

Ein Ansatz wäre, in einer offenen Diskussion (Forum Heise) vielleicht das zu diskutieren und zu sehen, welche Punkte zentral sind.

Prinzipiell eine gute Idee.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (08.01.2016 01:04).

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