Hagjo1 schrieb am 26.03.2023 21:26:
Noch pragmatischer:
Wen interessiert es denn noch ernsthaft wirklich, wo Atomwaffen stationiert sind?
Selbst wenn Moskau auf dem Capitolgelände Atomwaffen stationieren könnte, wäre es sich im Klaren darüber, dass nicht nur Moskau innerhalb weniger Minuten in Schutt und Asche liegen würde, wenn sie die einsetzen. (Gilt natürlich auch umgekehrt für Us-atomwaffen auf dem Kremlgelände!)Dieses dämliche Säbelgerassel findet schon seit 40 Jahren statt!
Am 24.2.22 kommt irgendein wildgewordener Despot auf die Idee, dass er u.a. den Überfall auf ein Nachbarland damit rechtfertigt, dass dort evtl. ansonsten Atomraketen stationiert werden würden, die ihn "bedrohen"...
...und es gibt tatsächlich -sogar im Westen- Leute, die ihm diesen vorgeschobenen Kokolores, neben seinen 2. Kriegsgrund -nämlich Ukrainenazis zu bekämpfen- ernsthaft abnehmen und sich sogar deswegen auf seine Seite stellen...
Und das ist -für mich- der eigentliche Irrsinn!!!
Najaaa. Kriegsgrund "Ukraine-Nazis" ist erst mal reine Propaganda fürs Volk. Klar gibt es dort in der Ukraine Nazis und Faschisten (jede Menge sogar.. auch in hohen Positionen..das Battalion Asov hatte sogar teilweise offen Hakenkreuze an den Helmen und schwarze Sonnen als Aufnäher..) - aber die gibt es mittlerweile genau so auch in Russland. Auch jede Menge nicht weniger rassistische Nazis sitzen dort auch in hohen Positionen in Regierung und Militär. Ach der vom Westen bejubelte "Haupt-Opositionelle" Nawalny ist eigentlich ein ziemlich krasser und menschenverachtender Nazi, der die NPD und die verbotene Wiking-Jugend wie eine Kindergartenveranstaltung aussehen lässt, siehe seine Forderung "Ungeziefer" (sic! Hat er genau so gesagt!) wie asiatisch stämmige Menschen in Russland entsprechend auch wie Ungeziefer zu behandeln. Dass Putin hier angeblich "Nazis bekämpfen" will kann man also wohl getrost vergessen. Das ist nur Propaganda-Geblubber. Zumal sich der nationalkonservative Politiker Putin mit seiner krassen Homophobie und seinem "Heil Russland" selbst nicht so sehr weit weg von irgendwelchen Nazi-Positionen befindet.
Das dürften also alles nur vorgeschobene Gründe für den Angriffskrieg sein.
Putin geht es meiner Meinung nach tatsächlich wohl auch um die Krim (und dort um die militärischen Stützpunkte, allen voran Sewastopol), damit kann er eben das schwarze Meer besser kontrollieren. und es geht wohl Putin auch darum zwischen sich und dem NATO-Gebiet eine gewisse größere "Pufferzone" zu schaffen, in der dann potentielle Konflikte ausgetragen würden - ähnlich, wie das die NATO und der Warschauer Pakt mit der BRD und der DDR im kalten Krieg gemacht hat. Da wäre bei einem echten Konflikt zwischen Rhein und Oder dann zwar einiges verwüstet worden, möglicherweise wären da einige Landstriche die nächsten Jahrhunderte auch nicht mehr sicher bewohnbar - aber z.B. Ramstein und Kindsbach (damals NATO Kommandobunker) lagen eben westlich des Rheins.
Und ähnlich dürfte es Putin vermutlich mit der Westukraine halten. Die will er wohl als mögliche "Pufferzone" zwischen sich und der NATO haben, sollte es irgendwann mal zu einem neuen Konflikt kommen zwischen NATO/USA auf der einen Seite und mit China und Russland auf der anderen Seite. Wobei gleichzeitig auch noch einige Bodenschätze dort zu holen sind. Dort liegen die meisten Kohleflöze der Ukraine, aber auch sonst recht viele Metalle und seltenen Erden usw. Und als kleiner Bonus für die Propaganda-Büros des Kreml leben dort auch noch zwisschen 40% (Ostukraine) und 70% (Krim/Sewastopol) ethnische Russen, die eine enge Bindung and Russland haben.
Aber der eigentliche Hauptgrund ist meiner Meinung nach immer noch die Schaffung einer "neurtalen Pufferzone" zwischen Russland und der NATO - für künftige Konflikte. Weil eben die bisherigen "Pufferzone" Ukraine so nicht mehr existiert nach dem Machtwechsel dort 2014. Eben weil zwar Russland seit je her offiziell die Doktrin der "maximalen Eskalation" hegt und pflegt (selbst subtaktische Atomwaffeneinsätze werden sofort mit maximalen strategischen Atomschlägen weltweit beantwortet). Während die USA durchaus immer aber darauf setzte, dass subtaktische Atomwaffeneinsätze (also z.B. nukleare Flugabwehr mit wenig Sprengkraft, kleine Atomminen, Atomschläge mit nur 1kT oder ähnliches) schon nicht zur maximalen Eskalation führen würden.
Und ich persönlich denke, dass Putin das zwar nicht offiziell anerkennen wird (er vertritt da wohl immer noch die Maxime der maximalen Beantwortung als Abschreckung..), dass er aber in der Praxis sehr wohl erst mal mit einer "begrenzten Eskalation" leben könnte - vor allem, wenn dann "nur die östliche Ukraine" und eben nicht Russland zum atomaren Ödland geworden wären. Ähnlich wie damals Breschnew und Co. wohl gut damit leben konnten, dass im Kriegsfall Deutschland und die DDR in Schutt und Asche gelegen hätten.
Und nein, das ist keine Rechtfertigung eines solchen Angriffskrieges.
Das ist lediglich der Versuch beide Seiten dieses letzendlich globalen Konfliktes und deren Motivation in diesem Konflikt nachzuvollziehen. Denn dass Putin einfach nur ein durch und durch irrer Wahnsinniger ist, das glaube ich nicht. Auch Putin hat - neben möglicherweise durchaus absurden und unsinnigen Motiven- immer auch noch diverse rationale Gründe für einen Krieg. Die man aber auch irgendwo betrachten muss, will man diesen Konflikt nicht durch eine rein militärische Niederlage und ein neues Versailles beenden, das dann am Ende zu noch mehr Problemen und vor allem zu noch mehr ermordeten Menschen führt.
In diesem Krieg sind eben bereits über 200 000 Menschen auf beiden Seiten ermordet worden - und das sind schon jetzt 400 000 zu viele Menschen, die für Lametta, Blech und Ehre fürs Vaterland ermordet wurden.
[Und um das mal zu ergänzen, weil ich hier Putin nicht als Wahnsinnigen oder per se Bösen hin stelle, wie es die öffentliche Berichterstattung mittlerweile gern macht:
Nicht mal ein Hitler war durch und durch ein irrer Wahnsinniger, auch wenn er natürlich durchaus - wie nebenbei wohl auch Putin mittlerweile meiner Meinung nach - zu einem völlig weltfremden Größenwahn und genau so auch zum verachtenswerten Despoten neigte. Aber auch schon damals hat eben die Geschichte und das Umfeld, in dem sich die Geschichte abspielte, eine nicht geringe Mitschuld am Ganzen - und das Problem war damals nicht wirklich Hitler, es ist heute nicht unbedingt ein Putin - es ist der Nationalismus, der Glauben an "Volk" und an das "Heimatland" und der ganze völkische und rassische und rassistische Mist, der da mit rein spielt. Und der faschistische Totalitarismus, der tumbe Gehorsam gegenüber Staat und Regierung und Führer. Das erst ermöglicht es einzelnen Despoten wie Hitler und Putin und Co. Menschen zu hunderttausenden durch gehorsame Menschen ermorden zu lassen... Meine persönliche Meinung dazu.]
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (26.03.2023 22:33).