Omega 13 schrieb am 02.05.2023 21:46:
Christoph Schmees schrieb am 01.05.2023 22:29:
Vorweg: "Die" Wissenschaft gibt es nicht. Das konnte man kaum irgendwo so gut sehen wie in der Pandemie. Es gibt nur einzelne Wissenschaftler und - vielleicht - einen Konsens oder wenigstens deutliche Mehrheit unter ihnen.
Machen wir uns nichts vor – am Ende des Tages müssen wir den Befunden und Schlussfolgerungen der Wissenschaftler schlicht vertrauen. Wir Normalmenschen, auch naturwissenschaftlich vorbelastete, können die Tragfähigkeit der Studienergebnisse nicht bewerten; selbst die beteiligten Wissenschaftler/innen ringen um Erkenntnis. Es gibt bei führender Forschung mit komplexen Fragestellungen immer viel Spielraum für Deutungen. Und für die ist relevant, mit welcher Intention die Forscher an die Sache herangehen. Geht es dem jeweiligen Wissenschaftler oder Wissenschaftlerin wirklich nur um die Sache, oder verfolgt er/sie zusätzlich eine eigene Agenda wie Selbstdarstellung, Geld, Karriere, politische Interessen? Zu oft scheinen unlautere Motive zu wirken, so wie in der Gangelt-Studie.
Ein akademischer Titel alleine hat genau null Relevanz für die Frage, ob ein Befund, die Folgerungen daraus und der Rat daraus richtig sind. Das sieht man an der großen Anzahl von akademisch dekorierten “Q“- und anderen Verschwörungsvorbetern. Stellt sich also die Frage: Wem von den wissenschaftlichen "Experten" vertraue ich, wem nicht?
Ganz ehrlich: Beispielsweise dem aalglatten Karrierestreber Streeck misstraue ich an dieser Stelle. Er hat mit der Gangelt-Studie eine Gefälligkeitsarbeit vorgelegt, die die politischen Ambitionen seines CDU-Landesvaters unterstützen sollte. Auch die Herren Schmidt-Chanasit und Kekule haben verschiedentlich merkwürdige und zweifelhafte Dinge geäußert. Vom Lungenfacharzt Dr. W. und Konsorten wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Diese Sorte Wissenschaftler, die heimlich eine eigene Agenda verfolgen, beschädigen leider das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft generell. –
Übermedien hat gemeinsam mit den Riffreportern einige Fakten über Herrn Streeck zusammengetragen:
https://www.riffreporter.de/de/wissen/corona-streeck-fehler-talkshows-uebermedien
https://uebermedien.de/57343/hendrik-streeck-der-mann-der-dauernd-falsch-liegt-aber-immer-wieder-als-corona-experte-gebucht-wird/Oder nehmen wir Herrn Kekule. Der hat eine klare Stellungnahme gegen Impfpflicht abgegeben – mit dubiosen Begründungen (hingegen befürwortete der Ethikrat eine Impfpflicht). Das war nicht seine einzige dubiose Äußerung. Herr Kekule wurde schließlich von seiner Universität gefeuert, allerdings mit einer sozial verträglichen Begründung.
Ein weiteres Exemplar aus der Klasse der Scharlatane ist der feine Professor Harald Matthes. Der hat eine höchst umstrittene Studie zur angeblichen Häufigkeit von Impf-Nebenwirkungen initiiert, Impfsurv. Vor allem in den asozialen Netzwerken wurden seine “vorläufigen” Zahlen von einschlägigen Q-Kreisen gerne verbreitet. Prof. Matthes hat aus einer einfachen (nicht repräsentativen!) anonymen Befragung den – falschen – Schluss gezogen, dass schwere Impfnebenwirkungen 40 (vierzig!) mal häufiger aufträten als vom PEI veröffentlicht. Hintergrund: Herr Matthes hat eine befristete Stiftungsprofessur (von Anthroposophen finanziert) an einem Institut der Charité. Deren guten Namen hat er für seine dubiose Studie benutzt, man könnte auch sagen missbraucht. Ansonsten ist der feine Herr ärztlicher Leiter einer – Achtung! – anthroposophischen Klinik. Die Charité hat sich inzwischen so weit von der Studie distanziert, wie es möglich war, ohne dass Herr Matthes oder die Charité selbst ihr Gesicht verlieren. Ach ja, der selbst ernannte Fachmann ist weder Virologe noch Epidemiologe. Er ist aber natürlich als Gastroenterologe bestens für eine solche "Studie" qualifiziert. 🙁
Nach all' den schlechten Beispielen will ich auch erwähnen, dass das Gros der Wissenschaftler/innen integer, seriös und vertrauenswürdig ist. Einige Namen dürften allen geläufig sein (ohne Anspruch auf Vollständigkeit 😉): Christian Drosten, Sandra Ciesek, Melanie Brinkmann, Viola Priesemann, Andreas Dotzauer, Hajo Zeeb.
Langer Rede kurzer Sinn: "Die" Wissenschaft gibt es nicht. Auch "die" Politik gibt es nicht. In allen Abteilungen sind Menschen am Werk. Und wir Wähler und Wählerinnen müssen genau hinsehen, damit wir nicht auf die Sirenengesänge der Falschen Demagogischen Populisten (oder schlimmer) hereinfallen.
Danke für diese kluge und differenzierte Betrachtung!
Wenn ich mir so ansehe, welche Beiträge hier "rot" und welche "grün" gevoted werden, dann kannst du auf das "rot" geradezu stolz sein.
Das bedeutet nämlich, dass du richtig liegst. 😉😎
Ironie-Tag vergessen?