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Avatar von _Peter_
  • _Peter_

mehr als 1000 Beiträge seit 18.12.2016

Ordnungsmacht mit überlegener militärischer Feuerkraft? Oder Papiertiger?

Es lohnt sich, mit etwas Abstand über die aktuelle Situation nach denken, bevor man die Lobeshymnen auf die NATO anstimmt. Klar, unsere Medien schreiben unsere Militärs gerade zu exzellenten Taktikern hoch, unsere Regierung können gar nicht so viel Geld drucken, wie sie für Panzer und Kriegsflieger ausgeben wollen, und die NATO wird wohl bald zwei neue Mitglieder bekommen. Wenn Schweden und Finnland bereit sein sollten, für besagte Mitgliedschaft ein paar Tausend Kurden ermorden zu lassen. Pardon, wenn sie bereit sein sollten, den türkischen Präsident Erdogan bei seiner Spezialmission gegen Terror zu unterstützen.

Aber wie gut ist die Performance der NATO?

Leider hat man es nicht geschafft, die überlegene militärische Feuerkraft so ins Spiel zu bringen, dass Russland von einer Invasion abgerückt wäre. Vielleicht hätte man doch etwas nachdrücklicher auftreten müssen, als mit dem Abschalten von Nordstream II zu drohen, und 5000 Helme an die Ukraine zu liefern? Russland jedenfalls hat das herumeiern durchaus korrekt interpretiert als Unfähigkeit der NATO, im Zweifelsfall entschlossen zu handen.

Jetzt hat man sich entschlossen. Und kriegt die Logistik nicht auf die Reihe. Die Ukraine verfügt über gut 10000 schwere Waffen, Panzer, Haubitzen, Flugabwehr. Ob wir da noch 5 Haubitzen dazu stellen, oder 50 Panzer mit genug Munition für 20 min Dauerfeuer ist völlig irrelevant. Zumal wir mehrere Monate Vorlauf brauchen, um 5 Haubitzen und 50 Panzer in Stellung zu bringen. Wer sich das Trauerspiel von der Tribüne aus anschaut, fragt sich, ob diese "Abschreckung" nicht eine Einladung an Putin ist, den Donbass Donbass sein zu lassen und stattdessen bis zum Reichstag in Berlin weiter zu fahren. Weil der offenbar schlechter bewacht ist als das Rathaus von Kiew.

Und was die überlegene militärische Feuerkraft: Wir haben - das könnte sich bald ändern, wenn die Energiepreise nicht zügig sinken - eine überlegene Wirtschaftskraft. Und sind völlig unfähig, diese in militärische Feuerkraft um zu setzen. Für jeden Euro, den Russland für den Krieg ausgibt, geben wir 10 aus. Die Ausgaben des Westens für den Krieg übersteigen inzwischen 50 Milliarden Euro. Russland hat vielleicht 5 Milliarden ausgegeben. Weniger, als man durch die neue Wasserversorgung der Krim jedes Jahr einspart, ein Bruchteil dessen, was man durch die enormen Energiepreissteigerungen zusätzlich verdient. Der Krieg ist für die NATO ein enormes Verlustgeschäft. Während Russland daran verdient!

Wie es nach dem Krieg weiter geht? Wer weiß. Vielleicht braucht Russland den Westen mehr als der Westen Russland. Dann hätten die Sanktionen wenigstens langfristig einen Effekt.

Vielleicht ist Russland allerdings besser bedient mit stärkeren Bindungen in Richtung Osten und Süden. BRICS ist neuerdings nicht mehr hirntod, Indien und China scheinen sich über günstige Energie zu freuen und über die Chance, endlich einen längeren Heben gegenüber dem arroganten Westen zu haben.

Die NATO ist stark, wenn man in NATO-Treffen sitzt, Powerpoint-Strategiediskussionen führt und sich gegenseitig auf die Schulter klopft. Die NATO ist stark, wenn man zusammen irgendein Entwicklungsland bombardiert, Sadam Hussein in den Arsch tritt oder Muhammar Gaddafi.

Aber bevor wir den Sieg über Russland feiern und unsere überlegene Feuerkraft, mit der wir den fiesen Ivan besiegt haben (und vielleicht auch noch China), sollten wir erst einmal den Krieg gewinnen.

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