aber schon vorher erkennbar und lange vorbereitet, zerfällt die Einschätzung der Gesamtweltlage mit wenigen Ausnahmen in zwei hochgradig emotionalisierte, moralisierende Lager, so auch zu diesem Artikel, dessen Schreiber wahrscheinlich selbst zu einem der Lager gehört.
Macht- und Herrschaftskritik, Staatskritik, Kapitalismuskritik und Äquidistanz zu den ökonomisch und politisch Herrschenden werden nur noch von marginalisierten kleinen Gruppen gepflegt, die von den beiden Lagern dem jeweils verhassten anderen Lager zugeordnet werden. Sie werden quasi doppelt mundtot gemacht.
Der ohnehin unter obwaltenden Bedingungen der ökonomischen und staatspolitischen Herrschaft stark verzerrte Diskurs als Austausch, Prüfung und Bewertung von Analysen, Interpretationen und Positionen ist nahezu stillgelegt.
Die beiden Lager dreschen ungehemmt und reflexionsfrei aufeinander ein. Das pro-westliche Lager ist strukturell im Vorteil, weil es mit der herrschenden Politik auf Kapital- wie auf Staatsebene und den Medien, die diese Politik mehrheitlich propagieren, fast völlig synchronisiert ist. Der Westen ist das Gute, Russland und China sind das Böse. Das anti-westliche Lager ist zwar teils bemüht, nicht in dieses plumpe und realitätsferne Gut-Böse-Schema im umgekehrten Sinne zu verfallen, erklärt deshalb auch Russland (oder Putin) und China nicht pauschal als das Gute, aber die USA, die NATO oder z.B. die deutsche Regierung doch als das Böse schlechthin. Vor allem geht es diesen beiden Gruppen darum, die verhasste Gegengruppe pauschal als dumm oder ideologisiert/manipuliert oder moralisch-ethisch unterentwickelt u.Ä. abzustempeln.
Manipulierte Nachrichten oder wie in diesem Falle redaktionell inhaltlich veränderte journalistische Berichterstattung ist der übliche Fall. In Russland oder China z.B. häufiger durch direkte staatliche Zensur, in westlichen Medien häufiger durch undurchsichtigere Praktiken (wie im Artikel beschrieben), die etwas effizienter sind, weil der Nimbus der neutralen Berichterstattung angeblich aufrechterhalten werden kann.
Diese Quasi-Einstellung des Diskurses in formal-demokratischen Staaten nähert sich in der Wirkung (nicht in der Form) dem staatlichen Diskursverbot.
Gute Zeiten für Schießkriege und fanatisierte Bürger, die ihre Körper auf der einen oder anderen Seite für die vorgeblich gute oder zumindest angeblich richtige Sache von Waffen zerfetzen lassen - voller Überzeugung. Zeit für Helden, also die unterste Stufe der individuellen und gesellschaftlichen Verblödung.