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  • HankTheKnife

870 Beiträge seit 26.02.2001

Religion als Vorwand - wie so oft?

Guten Morgen,
ich bin zu wenig theologisch vorgebildet, habe unter meinen engen
Freunden sowohl Israelis, Jordanier, Polen, Amerikaner und noch
mehrerer Nationen - und bis auf Buddhisten so ziemlich alle
Geschmacksrichtungen religioeser Art vertreten - koennte mir also mit
meinem unqualifiziertem Mundwerk problemlos einen kleinen Jihad
produzieren :-) Aber ich kann nicht einfach in die Schublade greifen,
auf der "Islam" steht, wenn es um das hier angesprochene Herumreden
um Probleme geht (bzw. den diplomatischen Versuch, die in vielen
Generationen entstandenen Glaubensregeln des Islam zur Auslegung des
Handelns von Fanatikern heranzuziehen, was den klassischen
Apfel-Birne-Vergleich IMHO toppt).
Warum ist es so ungewoehnlich, dass sich in einem Gremium, das sich
den oft trivialen Fragen interessierter und eventuell betroffener
Anwesender stellt, Differenzen ergeben? Mich wundert nicht, dass sich
jeder der Liga-Vertreter individuell anders zu solchen Reizthemen
verhaelt; Herrje, fuer den Einen ist das eine schreckliche Sache mit
diesem Selbstmord-Gebombe - der ist eher dialogbereit. Fuer den
Anderen ist das gottgegebenes Recht, wegen "Auge um Auge" - ein
Hardliner.
Da waeren wir wieder beim vorschriftsglaeubigen Abendlaendler, so wie
ich es aus dem Text zwischen den Zeilen herauszulesen glaube. "Hey,
was habt ihr Mullahs fuer Probleme?", meine ich beim Lesen zu hoeren,
"wir haben unsere religioese Dienstvorschrift zkV (zur kirchlichen
Verwendung) 33/65, die regelt exakt die Abstufung von
Vergeltungsmassnahmen".
Aehnliches Szenario (angenommen): ein oekumenischer Kirchenrat stellt
sich auf einer Pressekonferenz einem interessierten Publikum. Was
sind da wohl fuer Reaktionen auf Fragen zum Verhaeltnis
protestantisch-katholisch in Nord-Irland zu erwarten? Oder auf die
direkte Frage "und warum ficken Eure Priester kleine Kinder"? Da
moechte ich mal eine direkte Antwort hoeren, im Sinne von "bereits
Papst Hubert der 8. beschrieb dies im Dokument...".
Ja, hier kommt der Frust auf: wozu ist Religion im Umgang mit den
taeglichen Problemen gut? Man haelt sich an Regeln, doch wenn sich
der Nachbar an der eigenen Frau vergreift, wer steinigt ihn dann?
Wird er von einem Blitzschlag kastriert oder ist das Ganze eine
Modifikation der 10 Gebote wert ("Lifestyle-Anhang")?
Eine Textzeile zum Andenken (war das Ambros oder Hirsch? Lange her,
Musik hoeren und Tee trinken - wegen Bayern leider kein Kiffen :-)
"Wenn es einen Gott gaebe und keine Religion, dann waere Frieden".
Ich fuerchte, dass das Problem hier eine Instrumentalisierung von
Religion zur Rechtfertigung extremer Taten ist. Welcher
einfache/sentimentale Mensch waere nicht bereit, einen Beitrag fuer
eine bessere Welt zu bringen? Mit ein wenig
Propaganda/Bauchpinseln/Gehirnwaesche jagt sich ein Fanatiker in
einem finalen SEMTEX-Orgasmus in die Luft, pfeif' auf unglaeubige
Opfer. Oder knipst einen Protestanten ab - weil dessen
Ur-Urgrossvater ja seinen Schwipp-Stief-Onkel auf dem Gewissen hat.
"Dadurch wird alles besser" - so aehnlich wie der seltsamerweise
immer auftauchende "soundsoviel Jungfrauen im Paradies"-Hinweis, den
ich nicht fuer sehr authentisch halte; mag sein, dass ich zumindest
in einer westlichen verruchten Fun-und-Freizeit-Metropole nicht an
die Existenz sovieler Jungfrauen (ab 16) glauben kann.
Die Taeter sind die Massen-Motivatoren - statt "Tschakka" bruellen
die halt "Krieg den Unglaeubigen". Manipulation ist alles. Ob fuer
einen Gott, den persoenlichen Wohlstand oder den eigenen
Fussballverein. Und seit dem Einzug der satellitengestuetzten
Massenverbloedungswaffen (Gameshows, SitComs, Daily Soaps/Talks) sind
wir halt nur noch im Stande, die vermeintlich schlimmere Manipulation
aus religioeser Herkunft wahrzunehmen. "Hmmm, also irgendwie bin ich
ja doch Christ - dann bin ich gegen den Islam, klaro".
Den Bogen zum Artikel moechte ich doch noch gerade kriegen: es hat
mir als religioes unbelecktem (trotz muendlichem Abi in Reli ;) nicht
geschmeckt, dass hier das Nicht-Erfolgen eines fuer simple Gemueter
eindeutigen Schwarz-Weiss-Urteils bzw. einer solchen Stellungnahme
sofort als negativer Aufkleber fuer "fuehrende Islamisten" verwandt
wird. Wahrscheinlich moechte ich nur Gleichstellung zur Behandlung
der Haltung "fuehrender Katholiken" in Fragen der Abtreibung - als
Beispiel, das noch staerker hinkt als JP2.

Peace,

HtK
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