Also nochmals; die Mortalität ist nicht eine feste Grösse. Nicht einmal wenn man kontrafaktisch annimmt, es werde gar nichts gegen eine Krankheit unternommen. Auch dann noch gibt es diverse Faktoren, die sie beeinflussen (können), z. B. Geschlecht und Alter der Erkrankten, Witterungsverhältnisse usw. Das sie sinkt, wenn man etwas Sinnvolles tut ist ja trivial. Man kann also höchstens eine gewisse Spannweite angeben. Diese bildet den Hintergrund zur Einschätzung der Lage.
Bei einer übertragbaren Krankheit ist die Ansteckungsrate von Belang, diese ist bei Covid-19 deutlich höher als bei Grippe. Was aber eigentlich match-entscheidend ist, ist der Umstand, dass kein Gesundheitssystem der Welt unendliche Mengen von zusätzlichen Erkrankten - die Mehrheit der Intensivbetten ist zu jedem Zeitpunkt schon belegt - absorbieren kann. Es geht also darum eine Übersaturierung zu vermeiden. Wichtig ist also nicht die Mortalität, sondern der Prozentsatz der Infiszierten, der Spital-, eventuell Intensivpflege benötigt. Naheliegend ist, dass ein übersaturiertes System zu mehr, unter Umständen viel mehr Toten führt.
Daher sind die von Rötzer und vielen anderen vorgebrachten Mutmassungen zur Mortalität weitgehend belanglos. Es ist auch eher trivial, dass die absoluten Zahlen nicht stimmen. Wichtig sind nicht diese selbst, sondern die Entwicklung, an der man in etwa ablesen kann, an welchem Punkt des Ausbruchs ein bestimmtes Land steht. Es reicht also, wenn die Erhebung der Fallzahlen über die Zeit und in allen Staaten einigermassen uniform geschieht.
Den Hintergrund solcher Überlegungen wie sie Rötzer anstellt, bildet die Frage, ob die durchgeführten Massnahmen, die stets zu colleteral damages führen, angemessen seien oder nicht. Bei der Entscheidung dieser Frage muss man sich vor Augen führen, dass die Epizentren der Pandemie zurzeit noch in der Ersten Welt sind. Also noch nicht in den besonders vulnerablen Zonen dieser Erde, wo die Saturierungsgrenze viel schneller erreicht ist. Gelingt es SARS-CoV-2 dort, etwa in einem afrikanischen Land oder in Indien, Pakistan, aber auch Brasilien, voll zuzuschlagen, muss mit wirklich grossen Mengen an Opfern gerechnet werden. Es würde dem Virus dann auch leichter fallen, wieder zurückzukehren, mit einer zweiten, dritten, vierten Welle müsste gerechnet werden.
Es sei denn, es gelingt inzwischen, eine Impfung zu entwickeln. Diesbezüglich kann man einigermassen optimistisch sein. Allerdings - gegen SARS gibt es heute noch keine. Das liegt hoffentlich nur am erlahmten Interesse daran. Noch ist übrigens nicht bewiesen, dass man nach überstandener Covid-19-Infektion wirklich immun ist. Und auch über das Mutationsverhalten ist noch nichts bekannt. Was, wenn es sich wie bei der Influenza verhält, die jährlich in neuer Aufmachung auftritt?
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