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Avatar von Rkahr
  • Rkahr

mehr als 1000 Beiträge seit 25.04.2023

Re: Wie repräsentativ ist das denn?

So, da tagge ich mich mal ein.

Das könnte jetzt etwas problematisch werden, dein Statement. So einfach anzunehmen, was dir hier über den Weg läuft, kann nur von männlichen Personen fortgeschrittenen Alters stammen. Wir haben hier also eine Ansicht, unter der sich die TERF-Ansicht von "wir nehmen jetzt einfach mal an, dass jeder im Forum heterosexuell, männlich und älter ist, lol, und deswegen nicht mitreden sollten" doch sehr hervorhebt.

Es kann also nicht angehen, dass einer der Nutzer schwul ist - nein, das müsste doch erst erhoben werden! Am besten von Wissenschaftlern, die eine Studie veröffentlichen!

Es kann auch nicht sein, dass ein Nutzer vielleicht genderfluid ist!

Es kann auch nicht sein, dass ein Nutzer gerne mal ein Kleid trägt!

Es kann auch nicht sein, dass ein Mensch eine andere Hautfarbe als weiß hat, oder vielleicht einen Migrationshintergrund, oder "in the closet" ist, oder gar sonst etwas...

Drehen wir das mal um.

Was bedeutet jetzt repräsentativ für dich?

Wir wissen zum Beispiel, dass die TERF-Einstellung menschenverachtend ist und überall bekämpft werden sollte, wo man ihr begegnet. Das erkennt man, wenn man so etwas schon einmal als Argument bringt, was einem vielleicht gar nicht so auffällt, bekommt man immer Anschiss. Im echten Leben würde man so etwas nicht vorbringen.

Also gibt keiner gerne zu, dass er oder sie eine TERF ist. Das ist ja klar, denn damit würde man ja sagen: "Was ist das denn für eine Person? Sofort rausschmeißen!"

Aber wäre das repräsentativ?

Ändert das etwas daran, dass sie vielleicht gute Argumente bringen, auch ohne dass sie dazu gezwungen werden, nach einem Plan zu handeln wie: "Wir haben schon eine trans-exklusive Feministin, das ist der Account der Frau Schwarzer, also fliegt jetzt jede Feministin, die TERF-Argumente bringt, aus dem Forum?"

Ist das jetzt repräsentativ?

Wenn du jetzt einen Moment zögerst und den Account nicht sofort löscht und das Feld räumst, dann stimmst du mit mir überein. Repräsentativ ist, wenn man alle Menschen hört. Wenn mehr Menschen kommen, die schwarzhäutig, schwul, trans oder das, was die Furries sind, dann heißt das nicht, dass wir nicht zuerst von ihnen verlangen, dass sie sich ausweisen, sondern wir sagen, es werden schon nicht zu viele schwindeln, drücken wir mal beide Augen zu, je mehr desdo besser.

Dann kann man sich in freiheitlich-demokratischer Weise mit den Leuten streiten. Da weiß ich ganz genau, dass ich mich mit einigen Leuten mehr oder weniger immer streite, aber mit anderen Leuten, die ich nie getroffen habe, verstehe ich mich blendend. Wenn da einer ultra-rechts ist, macht es mehr Spaß, sich mit ihm zu streiten, als nur mit irgendwelchen "Man Bun" - Trägern, die mir zustimmen.

Repräsentation ist halt, wenn man zuerst mal ehrlich ist. Und das geht nur, wenn man blind ist.

Auch wenn mein Argument noch so beschissen ist ("Emacs ist der beste Texteditor, lol"), findet sich immer noch jemand, der die Diskussion führen will. Dann höre ich auch die Argumente, die ich nicht hören will oder die mir entfallen sind. Dann tagt sich da jemand ein, der bessere Argumente hat, oder ich verliere - das soll ja mal vorkommen. Aber nach dem Diskurs lerne ich etwas dazu. Das nächste Mal bin ich ein kleines bisschen besser.

Da kann kommen, wer will. Die meisten Themen, die dich interessieren, interessieren mich nicht, und die meisten Themen, die mich interessieren, sind für dich zu obskur. Das ist Diskussionskultur - da wird nicht nur über die gleichgeschalteten Medien geguckt, da wird gesagt: Moment, wie sieht es wirklich aus, fern der gesponsorten Sachen? Wie sehen es die einfachen Leute? Da ist jeder willkommen, der in den Ring steigen will und gerne bei der Diskussion mitmacht. Dabei erinnern sich die meisten Menschen daran, dass solche moralistischen Argumente gerne von den christlich-faschistoiden Rangschaften unter Bush Senior genutzt wurden, um so etwas zu sagen wie: "Hip Hop geht ja gar nicht, da sollen sich die Hip Hop-Fans doch die Hosen hochziehen, sonst denkt man sich ja, dass die alle Gangster sind, und da kriegen die Frauen doch Angst und fühlen sich nicht mehr sicher."

Das ist jetzt bewusst krass gewählt, aber es zeigt, wieso der Diskurs lebenswichtig ist, damit man eine Referenz bekommt.

Da kann jemand kommen, der schwarz, schwul und 2 Meter 10 groß ist. Das Einzige, was ich von ihm habe, ist, dass er einen Nutzernamen hat, und vermutlich verwechsle ich ihn im feuer der Diskussion mit jemandem, der 1,50 groß ist, aus Schwaben kommt, heterosexuell und sehr weiß ist. Aber sie sollten bitte kommen und mitdiskutieren, auch wenn sie mich hassen. Solange wir ehrlich sind, ist da nichts dabei. Demokratie ist, wenn man auch dann etwas lernt, wenn man nichts gewinnt.

Die einzigen, die immer wieder Probleme haben werden, sind diejenigen, die die Diskussion beenden wollen. Ihnen wird mittlerweile die Tür gezeigt, und es wird gesagt: "Wenn du nicht diskutieren willst, steht es dir frei zu gehen."

Und komischerweise schreien die am lautesten, dass es ohne sie doch nicht tolerant ist, dass es nur mit ihrem Gütesiegel tolerant, inklusiv, und representativ sein kann.

Macht einen schon nachdenklich. Erinnert so ein bisschen an die Rechten der 90'er, die genau die gleiche Schiene gefahren sind.

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