Das ist keine Fundamentalkritik an der Arbeit des Autors. Die ist wichtig, richtig und anerkennenswert.
Aber sie trägt unübersehbar Zeichen eines zu engen, teils ahistorischen und damit fragwürdigen Blickfeldes.
Seine vielleicht sogar ungewollte Unterscheidung von "normalem" und "kriminellem" Kapital steht in bedenklicher Nähe zu der These von "raffendem" und "schaffendem" Kapital. Das müßte ihm zu Bedenken geben. Dieser schiefe Blick ermöglicht ihm, den Ursprung des "kriminellen" Kapitals in Sowjetunion/Rußland und China anzusiedeln. Auch wenn es solche Detailvorgänge gibt, was war denn vorher, war alles bestens und Kapital so sauber wie ein Gebirgssee, also, vor der Verdreckung unter Kapitalherrschaft, die mit systemischem Wachstumszwang daraus Kloaken machte? Ein Schelm, wer da Konzessionen an die Kritikobjekte vermutet. Macht er instinktiv beim Bashing mit in Hoffnung, nicht allzu sehr Gegenwind zu erzeugen?
Man kann und muß Detailvorgänge eines Kapitalzyklus auch für sich betrachten und analysieren. Das kann jedoch nur als Zeitabschnitt des gesamten Kapitalkreislauf geschehen, will man nicht auf Abwege geraten.
Diesen Hinweis gab einst schon Marx mit dem oft genutzten Zitat:
»Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.« (MEW 23, S.788)
Das ist eine Einschätzung, die für Kapital gilt, solange es existiert, und basiert auf seinen Erkenntnissen zum Bewegungsgesetz des Kapitals, dem Wert.
Wenn es den Anschein macht, daß es Unterschiede zwischen verschiedenen Kapitalien gibt, so täuscht man sich durch den äußeren Schein verschiedener Stufen, die sie durchlaufen und zu gleicher Zeit betrachtet unterschiedliche Mäntel tragen. Was machen wir denn mit dem Kapital, das gleichzeitig in der Produktion von neuen großartigen Konsumartikeln, mal deren zum Teil auch verheerenden "Nebenwirkungen" unberücksichtigt, und die gesamte Menschheit bedrohende Waffentechnik nach Profit ansteht?
Viele, die meisten und die Welt beherrschenden Konzerne, Banken und Finanzmächte sind so aufgestellt, sie bewirken das "Eindringen" von illegalem und aus Verbrechen gewonnenem Vermögen. Es geht nach Systemik nicht anders und ist ihnen völlig egal, woher und wodurch diese stammen und entstanden, es sollte nur nach Möglichkeit nicht ruchbar werden. Die Massenmanipulation könnte in Gefahr geraten. Wenn doch, dann "ist der Ruf erst ruiniert ...".
Es muß der vom Autor geforderte Widerstand im "demokratischen" System organisiert werden. Aber dies vom Staat und seinen "Kontrollen" zu erhoffen ist den Mond anzuheulen. Also, den Staat erobern und ihn auf Kurs bringen? Eventuell wieder mal mittels Marsch durch die Instanzen? Wohl kaum mehr als illusionär.
Der permanente Wandlungsprozeß des Kapitals innerhalb des Kreislaufes kann aber durchaus gestört, aber als Ursache allen Übels nicht beseitigt werden. Es besteht auch die Gefahr der Stabilisierung der langfristigen Kapitalinteressen durch Reformen. Unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen kann Kapital nicht unwirksam gemacht werden, das wäre ein Widerspruch in sich.
Dazu bedarf es einer anderen, Nichtwarenproduktionsweise. Da stellt sich die Frage, wie kommt man dahin.
Das kann hier nicht weiter ausgeführt werden, war aber hier schon zu lesen, siehe Artikelserie von Heinrich Harbach und Werner Richter zum Wert.