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  • DerWoDa

mehr als 1000 Beiträge seit 21.09.2013

Re: Obdachlose

Prinzipiell gebe ich Ihnen Recht. Obdachlosigkeit muss nicht sein. Es ist jedoch komplizierter.

Ich habe ein Jahr lang mir Ex-Obdachlosen/Knackies/Straftätern zusammen gewohnt, gegessen, gearbeitet und auch gefeiert.

Obdachlosigkeit ist auch ein Lebensgefühl. Hat man sich daran gewöhnt, ist der Wille zur Wiedereingliederung nicht zwangsläufig gegeben.

Was man machen kann: Niederschwellige Angebote machen. Dort wo ich gearbeitet hatte, wurden gebraucht Gegenstände sortiert/repariert und wieder verkauft. Die Bedingungen sind einfach: Kein Alkohol auf dem Gelände, keine Gewalt, kein Diebstahl, 40h/Woche arbeiten. Dafür gibt es ein Zimmer (das man mit den Gebrauchtwagen ausstatten darf), 3 x täglich essen in der Kantine, damals (in 2003) 240€/Monat Taschengeld. Im Laufe der Zeit kann man mehr Verantwortung über nehmen und erhält eine regulären Arbeitsvertrag. Man wird bei Job und Wohnungssuche tatsächlich unterstützt. Manche schaffen dadurch den Absprung - andere reißen den Save aus der Wand um sich WG. 20k€ 3 Monate später wieder einbuchten zu lassen (nach 10 Jahren wg. Bankraub).

Was man auch tun kann ist präventiv zu wirken. Zum einen kommen eher Jungs in die Situation. Ein Boysday an Schulen wäre da nicht verkehrt. Zum anderen sind die Muster meist ähnlich. Grob gab es 2 Kategorien: 1.) Ehemalige Straftäter - die sind auf die schiefe Bahn gekommen. Eine bessere Jugend/Sozialarbeit könnte helfen. 2.) Eine beliebige Permutation aus: Alkohol, Job weg, Familie weg, Haus weg. Das war die Mehrheit. Wenn den Jungs eines wichtig war, dann das Urlaubsgeld zu sparen, um den Kindern an Weihnachten etwas zu schenken/schicken. Auch hier könnte ein Angebot an Männer helfen. Ein Verein an den man sich wenden kann, wenn es aus dem Ruder läuft.

IMHO muss auch der Unterhalt anders geregelt werden. Jmd der aus dem "System" geflogen ist, muss ein Wiedereinstieg leichter gemacht werden. Daher bin ich für eine Aussetzung der Unterhaltspflicht im ersten Jahr nach längerer Arbeitslosigkeit.

Zum Thema Temperatur. Das größere Problem ist die Kälte. Wir hatten (in Montpellier) im Winter deutlich mehr Gäste. Nicht nur in der Einrichtung, auch in der Stadt. Obdachlosigkeit ist nicht gleichbedeutend mit betteln gehen müssen. Letzteres ist bei 40°C auf der Straße gewiss eine Qual. Mit einem kühlen Bier und 2-3 Dübeln im Park geht es denen aber auch nicht schlechter, als einem Studenten, der das gleiche tut.

Gruß
DWD

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