wolfdieter schrieb am 23.08.2021 15:25:
Du stellst ernstzunehmende Fragen. Ich tu mein Möglichstes, um dem gerecht zu werden:
Danke.
Der Zusammenhang zur Frage ist das Abtreibungsrecht. Das ist im Unterschied zur Fehlgeburt oder zum lebensunfähigen Frühchen eine Angelegenheit der menschlichen Entscheidungskraft.
Richtig, strafrechtliche Regelungen für Ereignisse, die sich der menschlichen Entscheidungskraft entziehen, wären ohnehin grundsätzlich abzulehnen.
Darum erzähl ich dir keinen Kappes von wegen Samenzelle oder Ei solo noch nicht, nach Befruchtung doch –
– sondern beschränk mich auf die Frage: wann ist es meiner Entscheidung unterworfen? Ganz sicher nach Kenntnisnahme des dicken Bauchs, der ausbleibenden Monatsblutung, oder der Übelkeit beim Gurkensalat.
Aber selbst dann liegt ja ein Rechtsgüterkonflikt vor, der eine Abwägung zwischen den Rechten der Mutter und etwaigen Rechten des ungeborenen Kindes erfordert. Deswegen wird ja auch von Schwangerschsfts*konflikt*beratung gesprochen.
Aus meiner Sicht liegt hier ein kontinuierlicher Prozess der Menschwerdung vor, der aus meiner Sicht sogar erst einige Zeit nach der Geburt abgeschlossen ist. Stünde ich vor der schrecklichen Entscheidung, dass ich zwischen der Rettung eines Neugeborenen und eines Kleinkindes entscheiden müsste, dann würde ich persönlich vermutlich zuerst das Kleinkind retten.
Das heißt aber nicht, dass ein ungeborenes Kind, aus meiner Sicht keinerlei Schutzrechte genießt. Ich sehe es nur so, dass insbesondere zu Beginn einer Schwangerschaft die Rechte der Mutter eindeutig überwiegen und erst mit zunehmender Menschwerdung im Laufe der Schwangerschaft ganz allmählich die Schutzrechte des ungeborenen Kindes an Gewicht gewinnen.
Das heißt konkret: Je weiter eine Schwangerschaft fortgeschritten ist, umso schwerwiegendere Argumente müssen vorliegen, um die Rechte der Mutter höher zu gewichten als die Schutzrechte des ungeborenen Kindes. Und das entspricht ja auch grob der Gesetzeslage. Wobei die harten Frist nach 12 Wochen der allmählichen Menschwerdung natürlich nicht ganz gerecht wird. Aber das ist wohl der Praxistsuglichkeit geschuldet.