Zitate aus dem Artikel werden kursiv und mit „“-Anführungszeichen eingefügt:
„Mit Wikipedia schien ein Traum wahr geworden zu sein - das Wissen der Menschheit, zusammengetragen in einem Gemeinschaftsprojekt, kostenlos, für alle verfügbar und frei von Kommerz, im wahrsten Sinne des Wortes die beste Seite des Internet.“
Dem kann ich durchaus zustimmen. Allerdings gibts im Internet noch viele interessante Seiten und Wikipedias Blickwinkel ist manchmal etwas zu sehr auf die "hochkultur" fokusiert.
„[...]gipfelnd in dem Totschlag-Argument, er greife "Verschwörungstheorien" auf.“
Ich kann den Einzelfall nicht beurteilen.
Das Problem ist jedoch, dass fast jeder Verschwörungstheoretiker von sich behauptet, dass der Vorwurf der Verschwörungstheorie nur ein Totschlagargument wäre.
Schon die Anführungszeichen in diesem Artikel weisen darauf hin, dass der Autor hier ebenfalls das Konzept als solches in Frage stellt.
Diese Meinung kann man vertreten.
Meiner persönlichen Ansicht nach macht es aber sehr wohl Sinn, mit dieser Kategorie zu arbeiten. Wenn z. B. Leute die Mondlandung mit Hinweis auf NASA-Fälschungen in Frage stellen, dann darf man sehr wohl von Verschwörungstheorien sprechen. Warum auch nicht? Verschwörung ist ja das zentrale Element dieser Theorie.
Ob man im metaphorischen Sinne von Verschwörungstheorien sprechen sollte, etwa wenn eine Theorie eine Art (hypothetischen) Mechanismus beschreibt, der zu einem bestimmten Bias führt, ist eine andere Frage.
@Kennedy-Mord: Der lässt sich meines Wissens mit Zustandinfos relativ gut aufklären und damit ad acta legen.
„Wenn junge Karrieristen ohne erkennbare Qualifikation in Spiegel Online ihre Meinung absondern, gelten diese Quellen als "seriös"[...]“
Das darf man durchaus in Frage stellen.
Was meine Person angeht, so halte ich die Politik der Wikipedia für nachvollziehbar. Es ist nicht zwingend die Aufgabe einer Enzyklopädie, bei einer Kontroverse wirklich alle Standpunkte zu besprechen, sondern das Wissen ihrer Zeit darzustellen. (Was auch immer das Wort "Wissen" denn bedeuten mag.)
Zusätzlich gibt es noch einen Nutzen:
Argumentiert man gegenüber einen Dritten mit einem Artikel der Wikipedia und beruft sich dieser nur auf wissenschaftliche Quellen und den "etablierten" Journalismus, so hat das viel mehr Durchschlagskraft als wenn da irgendwelche Kleinstverlage, Internetseiten usw. als Referenz verwendet werden.
„In einmaliger Ironie verlässt sich die revolutionäre digitale Enzyklopädie nur auf Gedrucktes.“
Das ist falsch.
Zum Nachweis kann man sich einige Wikipedia-Artikel ansehen. Da werden auch Online-Quellen verwendet. Zum Beispiel wissenschaftliche Artikel, die Online aufrufbar sind oder eben "etablierter Journalismus".
„[...]egal wie inkompetent und irrelevant B, C und D im Vergleich zu A sein mögen.“
Wer bestimmt, was "relevant, kompetent" usw. sind?
Einen Sowjetbürger, der sich nur durch die Prawda informiert, werden die westlichen Medien auch wie reiner Humbug erschienen sein. ;-)
„Ein unsägliches Meta-Geschwätz.“
Dem muss ich beipflichten. Wen was an irgendwas erinnert, das gehört in der Form eher nicht in eine Enzyklopädie.
„Das Regelwerk von Wikipedia ist zwar nicht besonders übersichtlich, aber überwiegend sinnvoll und jedenfalls ursprünglich gut gemeint.“
Das stimmt.
Und wer ernsthaft ein Problem mit Wikipedia hat, der hat zwei Möglichkeiten, daran etwas zu ändern:
1. Man kann die Regeln auf demokratische Art und Weise ändern. Die Wikipedia ist nämlich in der internen Verwaltung erstaunlich demokratisch.
2. Man kann ganz einfach ein eigenes Wiki gründen, in dem dann die eigenen Regeln gelten. Davon gibt es ja schon genug.
Die Wikipedia ist letztlich auch nur eine Stimme unter vielen und nicht die Prawda.
„Er qualifiziert jedoch noch nicht automatisch für eine Führungsposition in einer der einflussreichsten Organisationen in der Welt.“
Das ist ein relativ guter Punkt. Doch hat der Status quo bei Wikipedia zwei Vorteile. Erstens gilt der alte Grundsatz, wer viel macht, der darf auch viel. Zweitens wird so die Spreu vom Weizen getrennt.
„Wer intelligent und gebildet ist, etwas zu tun hat im Leben und damit erfolgreich ist, macht das nicht oft.“
Vielleicht gibt es intelligente Leute, die die notwendige Zeit haben oder die im Leben irgendwann bei Wikipedia hängen blieben? ;-)
„Gesichert ist jedoch, dass Dutzende von Thinktanks und Tausende von Mitarbeitern von Ministerien und Geheimdiensten auf der ganzen Welt sich mit Öffentlichkeitsarbeit und PR befassen.“
Gesichert ist aber auch, dass tausende von Sektierern, Crackpots und sonstige "Interessengruppen" versuchen, im Internet und im RL ihre Meinung zu puschen.
Die schaffen es zwar nicht in der Wochenzeitung auf Seite 1 oder schreiben in etablierten Online-Medien, aber Raum ihre Meinung zu sagen haben sie.
Wobei ich letzteres auch gut finde. Freie Meinungsäußerung und so. Nur sollte der Leser eben auch wissen, wenn eine Behauptung fraglich ist oder mit guten Gründen bezweifelt wird.
„Nett formuliert, aber wollen wir das?“
Falsche Frage. Die Frage ist eher, wer hat das geschrieben und wie ist das gemeint?
Das mit der Anarchie und Demokratie und Meritokratie usw., dafür kann man durchaus argumentieren. Nur ist es ein gewaltiger Unterschied, ob man solche Elemente in einem Online-Medium findet oder in einem Staat.
Nach politischen Maßstäben sind die meisten Betriebe absolute Monarchien. Und das funktioniert auch ganz hervorragend.
„Und vor allem: darf das sein in einem demokratischen Rechtsstaat?“
Ja, man darf.
Das nennt sich Meinungsfreiheit.
Im Vergleich zu Wikipedia sind andere Enzyklopädien praktisch absolutistische Monarchien.
„[...]allein die Idee, Wahrheit zentral zu definieren, ist eine der faschistoiden Wahnvorstellungen der heutigen Zeit.“
Das ist eine ziemlich krasse Behauptung.
Die meisten Religionen beanspruchen einen solchen Wahrheitsgehalt. Ebenso die Naturwissenschaften (in der Mainstream-Interpretation), die Mathematik und die meisten Philosophien.
Wieso sollte es "faschistoid" sein?
Ein Wahrheitsrelativist sollte doch die Offenheit und Toleranz haben, auch in anderen Auffassungen einen Demokraten sehen zu können, oder?
„Sie ist Teil des Gemeinwesens geworden, in dem intransparente Strukturen, die außerhalb des Rechtsstaates oder gegen diesen operieren, nicht geduldet werden dürfen.“
In den Redaktionsstuben der Zeitungen herrschen wesentlich strengere Hierarchien als in der Wikipedia.
„Diktaturen sind gesichtslos, aber in einem demokratischen Gemeinwesen müssen die Entscheidungsträger sichtbar sein.“
Das ist nicht richtig.
Die meisten mir bekannten Diktaturen haben einen Personenkult betrieben. Dagegen weiß man in einer Demokratie häufig nicht, von welcher Interessengruppe die Initiative ausging...
„Was Wikipedia eigentlich braucht, ist eine Form der Gewaltenteilung.“
Interessante Idee. Aber man kann beides haben. Wieso nicht ein neues Wiki gründen?
„Auch legitime Gegenansichten (wie sie früher oft noch in Artikeln enthalten waren) können heute von einem zusammengewürfelten digitalen Mob als "irrelevant" erklärt werden, der ein paar Regelakronyme in die Diskussion wirft.“
Das ist unzutreffend.
Hier übt nur eine Webseite ihr Hausrecht aus. Vollkommen legitim und notwendig. Sonst geht bald gar nichts mehr.
Pluralismus ist ein Chor von Stimmen, nicht, dass jede Stimme mit jeder anderen abgeglichen wird.