Axel Farr schrieb am 30.11.2024 19:02:
Auch hören die Gemeinsamkeiten mit der Menschenverachtung, wie sowohl auf Seiten Russlands als auch auf Seiten der Palästinenser der Krieg geführt wird schon fast wieder auf.
Na ja, die Menschenverachtung der Israelis ist auch nicht schön.
Sie ist nicht ganz so ungebremst, aber seit im Netanjahulager Strategiepapiere herumgeschoben werden, dass man nur die Palästinenser aus Gaza rausschmeißen müsse und dann könne man dort direkt oberhalb vom Suezkanal ein weltweit relevantes Logistikzentrum einrichten... dann sind meine Augenbrauen doch unterm Haaransatz.
Und wenn Amnesty International zum ersten Mal überhaupt in seiner Geschichte Belege für Kriegsverbrechen eines Staats vorlegt, finde ich das schon relevant.
Das entlastet natürlich nicht die ganzen anderen Menschenrechtsverletzer.
Israel kann man zu Recht vorwerfen, die Versorgung der Palästinenser im Gaza-Streifen in einer Weise zu vernachlässigen, die genozoidalen Charakter hat. Was wäre die Alternative?
Polizeiaktionen statt Militär.
Selber eine islamische Organisation aufbauen, die Schulen und Krankenhäuser baut und betreibt, statt das den vom Iran gesteuerten Milizen zu überlassen.
Aufhören, illegal Ortschaften im Palästinensergebiet zu planieren, damit weitere illegale jüdische Siedlungen errichtet werden können.
Deeskalation statt immer weiter Eskalation.
Aber Israel hat sich dagegen entschieden.
Sie haben den einzigen Premier, der ernsthaft(!) Deeskalation betrieben hat, erschossen. Das war ein fanatischer Anhänger der jüdischen Siedlerbewegung.
Schlimmer noch: Danach haben sie immer Parteien gewählt, die bewusst eskalieren wollten. Die Wähler dieser Parteien sind an dieser ganzen Situation genauso mitschuldig wie die Iraner, die auch permanent die Extremisten und Gewalttäter unterstützen.
Ich würde ja auch gern für die Israelis sein. Aber sie haben's vergeigt.
Dass es noch immer nicht zu einer friedlichen Lösung in Palästina gekommen ist liegt nicht alleine an Israel.
Nicht nur an Israel, natürlich nicht.
Aber AUCH an Israel. Das ist den Scharfmachern dort ganz Recht, wenn die Hamas mit Raketen schießt; der alte zynische Kalkül, dass Regierungen in Kriegszeiten nicht so schnell abgewählt werden wie im Krieg.
Würde der Westen sämtliche militärische Unterstützung einstellen, dann käme Israel trotzdem sehr gut alleine klar - es hat in den Jahrzehnten seit Existenz des Staates eine bemerkenswert gute Waffenindustrie aufbauen können.
Nicht auf Dauer.
Israel hat nicht so ganz das BIP, um mit dem Iran mitzuhalten.
Was die Ukraine angeht: Dem Westen kann man hier in so fern Eigennutz vorwerfen, dass er zulässt, dass Ukrainer dafür sterben, die Bedrohung der NATO durch die russische Armee zu minimieren.
Na ja, selbst das wäre ein eher schwacher Vorwurf.
Die Ukrainer haben das ja von sich aus angeboten.
Aber es ist schon richtig, wenn man die Lasten wirklich fair verteilen wollte, müssten die Ukraineunterstützer Russland den Krieg erklären, ihr Militär in Marsch setzen und die - dann deutlich dünner verteilten - Schäden in Kauf nehmen.
Aber der Wähler will ja nicht.
Waffenlieferungen des Westens haben den Krieg aber nicht eskalieren.
* In der Schlacht um Kiew 2022 waren es nur zu einem geringen Teil westliche Waffen, die die Russen geschlagen haben. Es war vor allem der Fehler Russlands, in einem Wetter anzugreifen, das es nicht erlaubte, schwere Kampffahrzeuge über Felder fahren zu lassen. Die russischen Kolonnen wurden an wenigen Wegpunkten, die unpassierbar gemacht wurden aufgehalten und die Kolonnen dann aus der Luft (mit Drohnen) und mittels nadelstichartiger Überfälle aufgerieben.
Da hätten die Ukrainer an Westmaterial auch nur das gehabt, was sie selbst in Friedenszeiten selber eingekauft haben.
Das haben sich nicht mal die Russen als "Kriegsbeteiligung" des Westens darzustellen getraut.
* In der Gegenoffensive 2022 in Charkiw hatte die Ukraine fast nur altes Sowjet-Material zur Verfügung.
Jep.
* Für die geplante Offensive 2023 wurde der Ukraine nur zwischen 20 und 30% des Materials zur Verfügung gestellt, das benötigt wurde - zusätzlich lies man ein halbes Jahr verstreichen, so dass Russland seine Stellungen massiv verstärken konnte.
Ja, das war der Punkt, an dem man den Krieg frühzeitig hätte entscheiden können.
* Die zur Verfügung gestellten F16 haben bis jetzt keinen sichtbaren Effekt gezeigt, sie verhindern mehr oder weniger nur, dass russische Flugzeuge direkte Erdkampf-Operationen durchführen können.
Es sind auch zuwenige für echte Luftüberlegenheit.
Soweit ich weiß, fangen sie auch Marschflugkörper ab, die eine Route abseits der Luftabwehr gefunden haben.
Russland dagegen hat stufenweise eskaliert:
* Als sich abzeichnete, dass es mit einem kurzen Feldzug von wenigen Tagen nichts wird begann Russland systematisch, bewohnte Gebiete mit Kriegswaffen anzugreifen
* Russland scheut sich nicht, mit Artellerie in Innenstädte hineinzuschießen wo immer sich die Gelegenheit bietet und eine größere Stadt in Reichweite der Front ist.
* Russland opferte hunderttausende Soldaten um wenige 100km² einzunehmen: Bachmut, Avdijvka, Wuhledar, ...
* Russland zerstört seit beinah zwei Jahren systematisch die ukrainische Infrastruktur, um das Leben der Ukrainer unmöglich zu machen. Wenn es an der Front nicht siegen kann, soll die Front eben das Hinterland verlieren um auf diese Weise nicht mehr existieren zu können.Es sind in beiden Fällen nicht die Länder, die der Westen unterstützt an denen es immer noch liegt, dass die Kriege nicht beendet wurden.
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